Auch in diesem Jahr haben sich die Teilnehmer des Elite Herdenmanagerkurses zum dritten Modul in Südhessen auf dem Betrieb von Familie Dörr (Karlshof) getroffen. Gemeinsam mit den Experten Dr. Marion Weerda, Dr. Christian Koch und Holger Kruse ging es hier vor allem um die Kälber- und Jungrinderaufzucht.
Futterumstellung und Gruppenwechsel klug verteilen!
Trotz der sehr hohen genetischen Leistungsveranlagung erreichen die meisten Kühe ihr Potenzial nicht, bzw. gibt es große...
Auch in diesem Jahr haben sich die Teilnehmer des Elite Herdenmanagerkurses zum dritten Modul in Südhessen auf dem Betrieb von Familie Dörr (Karlshof) getroffen. Gemeinsam mit den Experten Dr. Marion Weerda, Dr. Christian Koch und Holger Kruse ging es hier vor allem um die Kälber- und Jungrinderaufzucht.
Futterumstellung und Gruppenwechsel klug verteilen!
Trotz der sehr hohen genetischen Leistungsveranlagung erreichen die meisten Kühe ihr Potenzial nicht, bzw. gibt es große Unterschiede zwischen Einzeltieren und Betrieben insgesamt. Besonders die Kälber- und Jungrinderaufzucht haben viel Einfluss. Mehrere Studien bestätigen beispielsweise einen Zusammenhang zwischen der Kolostrumversorgung und der späteren Milchleistung. Nicht vergessen: Kälber sind die späteren Kühe!
Dr. Christian Koch vom Hofgut Neumühle hat erklärt, welche Stressoren sich auf die Immunabwehr von Kälbern auswirken. Grundsätzlich kommen Kälber ohne ausgebildetes Immunsystem zur Welt. Mit der Kolostrumgabe erhalten sie nur einen vorübergehenden Schutz, erst nach einigen Wochen bauen sie eine eigene Immunabwehr auf. Häufig finden für Kälber „stressige“ Handlungen genau in dem Zeitraum statt, wenn die natürliche Abwehr am empfindlichsten ist. Diese Stressoren sind zum Beispiel Futterumstellungen (von Vollmilch auf Milchaustauscher, andere Tränkekonzentration oder -menge), Gruppenwechsel, Enthornung oder Behandlungen. Deshalb sollte darauf geachtet werden, diese Maßnahmen nicht gleichzeitig und möglichst nicht genau in der „Immunitätslücke“ durchzuführen.
Die folgende Abbildung zeigt, inwieweit Immunabwehr und Stressoren im Zusammenhang stehen:
Verlängerte Tränkephase reduziert Azidosen bei Kälbern
Ein großer Stressfaktor in der Kälberaufzucht ist das Abtränken. Messungen der Haptoglobin-Werte im Blut zeigen, dass sich der Gehalt drei Tage nach dem Absetzen um das Zehnfache erhöht. Traditionell werden die Kälber relativ früh, d.h. mit zehn bis zwölf Wochen von der Milch abgesetzt. Gleichzeitig wird ihnen viel Kraftfutter mit hohen Stärkeanteilen angeboten. Das führt wiederum zu einer hohen mikrobiellen Fermentationsrate im Pansen und hohen Mengen kurzkettiger Fettsäuren. Das Problem: Der Pansen ist noch nicht vollständig ausgereift, somit fehlen Puffer- und Absorptionskapazität. Erst mit 12 bis 16 Lebenswochen erreicht der Pansen adulte Größenverhältnisse.
Stärke bzw. deren Abbauprodukte fördern die Entwicklung des Pansens bei jungen Tränkekälbern. Oft wird deshalb ein sehr getreide-/maislastiges Kraftfutter angeboten. Neben der drastischen Umstellung auf hohe Festfutteraufnahmen in der Phase des Abtränkens erhöht das zusätzlich die Gefahr einer Pansenübersäuerung. Messungen zeigen pH-Werte 5,8 über mehrere Wochen. Diese Pansen- und Dickdarmazidosen bei Kälbern können die Darmgesundheit und die Barriefunktion des Darmsdauerhaft schädigen. Das kann folglich Konsequenzen auf die Langlebigkeit der Tiere haben. Durch eine verlängerte Tränkedauer, einer ad libitum-Tränke und der Fütterung faserreiche Festfutter können Azidosen und der damit einhergehende Stress reduziert werden.
Verschiedene Studien haben folgende Ergebnisse geliefert:
- Werden Kälber 14 Tage länger getränkt, steigt die Kraftfutteraufnahme später. Gleichzeitig ist das Außmaß einer Dickdarm- und Pansenazidose deutlich geringer.
- Im Gegensatz zu einer restriktiven Tränke erreichen Kälber bei einem ad libitum-Angebot höhere Tageszunahmen, höhere Gewichtsentwicklungen insgesamt und nehmen erst mit dem Abtränken deutlich mehr Kraftfutter auf.
- Bei einer ad libitum-Tränke ist der Dünndarm am 80. Tag rund zwei Meter länger als bei restriktiv gefütterten Kälbern. Das bedeutet eine vergrößerte Darmoberfläche und eine verbesserte Absorptionskapazität.
- Ein Vergleich zwischen einer Trocken-TMR und Maissilage mit Kraftfutter zeigt, dass Kälber von Lebenswoche zwei bis zwölf bei der Trocken TMR höhere Trockenmasseaufnahmen aufweisen.
Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung des Pansen während und nach der Tränkephase:
Sechs wichtige Take Home Messages":
- Überdenken des traditionell frühen Abtränkens!
- Intensive Tränkestrategie in den ersten acht Lebenswochen und langsames Abtränken bis zur 14./16. Woche!
- Intensive Tränkeformen verbessern die Darmgesundheit und die Barrierefunktion des Darms!
- Intensive Tränkeformen erhöhen die Kompetenz gegenüber Krankheiten!
- Aufzucht von gesunden Kälbern reduziert den Antibiotikaeinsatz!
- Gesunde Kälber sind die Basis für langlebige Kühe!
Weitere Tipps zur Kälberaufzucht sowie neue Forschungsergebnisse gibt es auch auf der zweiten europäischen Kälberkonferenz (ECC) im März.
Hier finden Sie weitere Informationen sowie einen Link zur Anmeldung.
Weitere Themen im dritten Modul:
- Klauengesundheit: Wie entsteht ein guter Verband, wo sollte der Klotz liegen und welches Mittel bietet sich für Klauenbäder an? Zu diesen Themen sowie zu vielen individuellen Fragen der Teilnehmer rund um Klauengesundheit, -pflege und -behandlungen konnte Tierärztin Dr. Charlotte Kröger nützliche Tipps liefern.
- Arbeitsorganisation: In vielen Betrieben sind Probleme im Arbeitsalltag häufig auf eine schlechte oder mangelnde Arbeitsorganisation zurückzuführen. Unabhängig von der Betriebsgröße können Tages-, Wochen- und Arbeitspläne für klare Strukturen sorgen. Dazu hat Bärbel Achelpöhler gezeigt, inwieweit SOPs (standardisierte Arbeitsanweisungen) helfen, damit die Arbeitsqualität auch bei wechselndem Personal gleich bleibt.
- Kommunikation: Gemeinsam mit Dr. Marion Weerda ging es zuletzt um gute Kommunikation und Mitarbeiterführung im Betriebsalltag. Jede Person ist unterschiedlich und muss deshalb auch unterschiedlich behandelt werden, egal ob Betriebsleiter, Herdenmanager oder weitere Mitarbeiter. Darum ist es wichtig, seine Mitarbeiter gut zu kennen. Das gilt auch für Konfliktgespräche wie z.B. bei Generationskonflikten.
Bildergalerie zum dritten Modul:
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Das aktuelle Kursangebot finden Sie hier Fortbildung zum Elite-Herdenmanager 2021/22