Kälber 10 Wochen lang tränken

Frühe Kraftfuttergaben überfordern Pansen und Darm. Junge Kälber sollten deshalb länger getränkt werden.

Kälber saufen bei ihren Müttern, sofern man sie lässt, rund 12 Liter Milch täglich in acht bis 12 Mahlzeiten. Die jungen Tiere gewöhnen sich im Alter von etwa zehn Monaten selbst von der Milch ab. Erst ab diesem Zeitpunkt decken sie ihren Nährstoffbedarf über das Grundfutter.
Das in der Praxis vorzufindende System des begrenzten Milchangebots (vier bis acht Liter pro Tag) bzw. des Frühabsetzens nach vier bis sechs Wochen bildet somit einen Kontrast zur Natur. Die Befürworter des Frühabsetzens argumentieren, dass eine frühe Kraftfutteraufnahme (Starter) die Entwicklung der Pansenflora fördert. Dem ist aber nicht so, kontert Prof. Korinna Huber, Universität Hohenheim. Weder sei zu dem frühen Zeitpunkt die metabolische Kapazität der Pansenwand ausgeprägt, noch würde eine Kraftfutteraufnahme die Bakteriendichte im Pansen verändern.
In Fütterungsversuchen mit unterschiedlicher Tränkedauer (sechs bzw. acht Wochen) konnte Huber nachweisen, dass bei einem Absetzen nach sechs Wochen die Kälber trotz deutlich höherer Festfutteraufnahme ein wesentlich ausgeprägteres Energiedefizit verkraften mussten. Anscheinend war bereits am 49. Tag die maximale Absorptionsfähigkeit der im Pansen gebildeten Flüchtigen Fettsäuren (FFS) erreicht. Das bedeutet, dass ein Teil der Stärke aus dem Kraftfutter nicht verdaut werden konnte. Pansen und Darm waren überfordert.
In weiteren Studien konnte Huber zeigen, dass ad libitum getränkte Kälber später mehr Milch geben. Diese Stoffwechselprägung beruht auf einer Veränderung in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen). Intensiv zwischen dem vierten und 27. Lebenstag getränkte Kälber weisen lebenslang mehr Acylcarnitine in ihrem Blut auf. Kühe mit einer hohen Konzentration dieser Proteine zeigen sich bei gleicher Milchleistung stoffwechselstabiler („halten länger durch“).
Quelle: Huber, 2018