Separierte Güllefeststoffe bieten sich als Einstreualternative für Betriebe mit Gülleüberschuss an. Ein sehr sorgfältiges Liegeboxen-Management ist dabei ein Muss.
Frisch separierte Gülle fühlt sich weich und doch griffig an, kühl und kaum feucht – grundsätzlich lässt sich...
Separierte Güllefeststoffe bieten sich als Einstreualternative für Betriebe mit Gülleüberschuss an. Ein sehr sorgfältiges Liegeboxen-Management ist dabei ein Muss.
Frisch separierte Gülle fühlt sich weich und doch griffig an, kühl und kaum feucht – grundsätzlich lässt sich hiermit eine komfortable Liegefläche herstellen. Allerdings enthält das organische Material umweltassoziierte Mastitiserreger wie E. coli und Klebsiella ssp. Unter feucht-warmen Bedingungen bieten die separierten Güllefeststoffe (SGF) Erregern einen idealen Nährboden. Wissenschaftliche Studien und die Erfahrungen von Praxisbetrieben zeigen jedoch, dass das Einstreuen von SGF funktionieren kann, ohne dass die Eutergesundheit leidet.
Eutergesundheit in einigen Studien unbeeinflusst
Eine Untersuchung zu alternativen Einstreumaterialien in der Schweiz (Zähner et al., 2009) ergab niedrige Keimgehalte beim Einsatz separierter Gülle, die Autoren bewerteten sie nicht kritischer als eine Strohmatratze. Sie stellten fest, dass eine ausreichende Einstreumenge, trockene, saubere und gepflegte Liegeflächen sowie geeignete Abmessungen der Liegeboxen die Keimgehalte beeinflussten – und das Management somit einen größeren Einfluss auf die Hygiene hat als das Ausgangssubstrat.
Theoretisch lässt sich der Keimgehalt in den SGF durch Erhitzung (Kompostierung) absenken. Allerdings scheint dieser Effekt überbewertet, wie aus einer Untersuchung aus Minnesota hervorgeht (Husfeld und Endres, 2012). Über vier Monate hinweg wurden Daten von 38 Milchfarmen im Mittleren Westen der USA gesammelt. Die Milchfarmen streuten entweder separierte Güllefeststoffe ein oder kompostierten die Gülle (Erhitzung auf 65,5 °C) für 18 bis 24 Stunden. Zwar ließ sich die Bakterien-Population durch das Erhitzen absenken, nach dem Einstreuen wurden in den Boxen jedoch etwa gleich viele Bakteriengehalte gefunden. Weitere Untersuchungen belegen, dass eine weitere Trocknung des Materials keine Vorteile bringt. Auf einigen Farmen wurden die Güllefeststoffe belüftet (der Feuchtigkeitsgehalt wurde so von 73,5 % auf 69,8 % Trockenmasse abgesenkt) oder unter einem Schutzdach gelagert (71,7 % vs. 74,9 %). Beide Maßnahmen führten jedoch nicht zu einer Reduktion der Bakterienpopulation.
In Ohio legten Wissenschaftler (Sorter et al., 2014) über drei Wochen hinweg ca. 30 kg der Feststoffe im Kopfbereich von Tief- und Hochboxen ab. Sie achteten darauf, dass immer mindestens 25 mm Einstreu auf der Liegefläche vorhanden waren. Die separierte Gülle wurde zunächst wöchentlich, dann täglich komplett ausgetauscht. Die Einstreumenge beeinflusste die mittleren Keimgehalte nicht. Die absoluten Werte differierten je nach Erregertyp und Tag. In den Hochboxen konnten insgesamt geringere Gehalte an Coliformen und Klebsiellen (Mastitiserreger) nachgewiesen werden als in den Tiefboxen. Hingegen fanden sich mehr Streptokkoken als in den Tiefboxen. Das gilt sowohl für den Tag, an dem frisch eingestreut wurde, als auch für die nachfolgenden Tage (1, 2 und 6). Die Ursache dafür ist nicht bekannt.
In den Hochboxen wurde im hinteren Drittel der Liegefläche die Einstreu täglich entfernt. Dadurch verringerte sich die Konzentration an Klebsiellen und coliformen Keimen. Keine Absenkung ließ sich bei der Streptokokken-Konzentration beobachten.
Also SGF als Einstreu nur in Hochboxen einsetzen? Das ist fraglich. Husfeld und Endres (2012) fanden bei einer Auswertung von 34 Betrieben und Einstreu von SGF in Hoch- und Tiefboxen keinen Unterschied bei der Mastitishäufigkeit. Jedoch traten in Hochboxen deutlich mehr Lahmheiten (19,8 %) auf als in Tiefboxen (14,4 %), auch die Anzahl der Sprunggelenksveränderungen lag in den Farmen mit Hochboxen höher (67,3 % vs. 49,4 %). Viele Kühe mussten zudem den Bestand früher wieder verlassen.
Tipp: So funktioniert das Einstreuen mit separierten Güllefeststoffen!
Die nachfolgend genannten Punkte sind beim Einstreuen mit Güllefeststoffen zu berücksichtigen:
- Nur Gülle aus dem eigenen Betrieb: Es darf kein überbetriebliches Separiergut eingestreut werden, das ist rechtlich klar durch die Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsverordnung (TierNebV, Teil 2 § 5 Betriebe mit Nutztierhaltung) geregelt. Hintergrund ist die Gefahr der Ver-/Einschleppung von Krankheiten und Tierseuchen. Deswegen ist es auch am sichersten, einen eigenen Separator für die Einstreuproduktion zu erwerben. Selbst nach erfolgter Reinigung und Desinfektion von mobilen überbetrieblichen Geräten lässt sich ein Keimbesatz nicht mit 100 %iger Sicherheit ausschließen. Milcherzeuger sind dazu verpflichtet, die Biosicherheit in ihrem Betrieb zu schützen (Tiergesundheitsgesetz).
- Nur saubere Gülle: Um den Keimgehalt und den vom Ausgangsmaterial ausgehenden Infektionsdruck gering zu halten, muss sichergestellt sein, dass nur eigene Rindergülle zum Einstreuen separiert wird. In diese dürfen weder Nachgeburten noch Zellzahl- oder Hemmstoffmilch gelangen.
- Keimgehalt untersuchen: Es wird dazu geraten, das frisch separierte Material und Proben aus dem Liegebereich regelmäßig mikrobiologisch untersuchen zu lassen. So lässt sich kontrollieren und gegebenenfalls nachvollziehen, ob es mögliche Zusammenhänge zwischen Material- und Zellzahlschwankungen gibt. Zellzahlverlauf genau im Auge behalten!
- Ausgewogene, strukturreiche Ration: Die Zusammensetzung der Futterration beeinflusst die Qualität der separierten Feststoffe. Es sollten so wenig verstoffwechselbare Nährstoffe (Proteine, Kohlenhydrate) wie möglich in der Gülle sein, um den Nährstoffgehalt für etwaige Keime gering zu halten. Unverdauliche Strukturanteile wirken sich dagegen positiv auf die Qualität und den TM-Abscheidungsgrad aus. Hohe Anteile unverdaulicher Faser (Lignin, ADL) sorgen für eine lockere Einstreu, geringe Anteile dagegen führen zu leichtem Verkleben und damit zu harten Liegeflächen (auch bei TM 30 %). Eine Untersuchung der Valcon-Dairy-Beratung (Niederlande) zeigt, dass bei der Fütterung von Mais- und Grassilage bessere Einstreuqualitäten erreicht werden als bei reiner (Weide-)Gras-Fütterung.
- So trocken wie möglich: Die TM-Gehalte des frischen Separierguts müssen über 30 bis 35 % liegen. Bei zu feuchtem Material kommt es schnell zu Nacherwärmungen, der Infektionsdruck steigt. Zudem verhärtet sich die Einstreumatratze schneller. Lässt sich das Separiergut etwa über die Abwärme einer Biogasanlage auf bis zu 95 % TM trocknen, kann bei Temperaturen über 70 °C eine Teilhygienisierung erreicht werden und das Wasseraufnahmevermögen steigt weiter (bis 3,5 kg Wasser/kg SGF). Jedoch staubt das Material sehr stark beim Einstreuen, das gefährdet die Gesundheit von Kühen und Personen. Zudem hat das trockene Material den Nachteil, dass es sehr lose in den Boxen liegt. Es bildet sich keine Matratze und die Kühe tragen viel Material aus den Boxen heraus.
- Nur in Tiefboxen: Ähnlich wie bei zu feuchtem Material kann es bei zu dünnen Einstreumengen zu Abschürfungen bis offenen Wunden (Integumentschäden) an den Vorderfußwurzel- und Sprunggelenken kommen. In Hochboxen eingestreut erzeugen SGF ähnlich wie Sägemehl einen Schmiergeleffekt. Tiefboxen funktionieren grundsätzlich nur, wenn sie gut gefüllt sind (besser Berg als Mulde)!
- Nur frisches Material einstreuen: Sind die SGF zum Einstreuen nicht älter als 12 bis 24 Stunden, haben sie einen vergleichbaren Keimgehalt wie Stroh oder Sägemehl und sind kühl. Auf keinen Fall sollte auf Vorrat produziert werden. Bei längerer Lagerung erhitzt sich das Material schnell, es entstehen regelrechte Bruttemperaturen für die Keime. Bakteriologische Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sich der Gesamtkeimgehalt bei einer vierwöchigen Lagerung um mehr als das Hundertfache erhöhen kann (Übersicht 1). Durch ein Kompostieren des Materials wäre eine teilweise Hygienisierung möglich, es überleben allerdings wärmeliebende Mikroorganismen. Der Einsatz von kompostiertem Material ist zu riskant.
- Häufig dünne Schichten: Empfohlen wird, das frische Separiergut ein- bis zweimal pro Woche in dünnen Schichten (5 bis 10 cm) einzustreuen. So trocknet es schnell ab und es findet keine Nacherwärmung statt. Bei einer guten Durchlüftung (offene, luftige Ställe!) und durch die Körperwärme der Kühe steigt der TM-Gehalt schnell auf über 60 % an. Eine Basismatratze wird am besten mit festgerütteltem Festmist und Kalk angelegt. SGF sind sehr fein und lose, fraglich ob auch bei einem langsamen schichtweisen Aufbau genügend Halt entsteht.
- Boxeneinstellung: Wie bei allen Tiefboxen müssen die Längen- und Breitenmaße gut auf die Kühe eingestellt sein. Es muss möglichst verhindert werden, dass die Kühe in die Boxen koten oder urinieren. Dazu gehört auch, dass die Einstreuhöhe auf Höhe der Streuschwelle gehalten wird, sodass die Kühe bestenfalls im Liegen aus der Box hinauskoten!
- Sauber und trocken halten: Nasse, verschmutzte Stellen müssen zwei- bis dreimal täglich bei der Boxenpflege entfernt werden. Bei ohnehin feucht-warmer Witterung besser öfter als einmal pro Woche dünn einstreuen oder zusätzlich Kalken.
- Kalk einstreuen: Durch das Anheben des pH-Wertes auf 9 wird das Wachstum vieler Keime gehemmt. Jedoch muss der pH-Wert dann dauerhaft angehoben sein. Doch Branntkalk (CaO, pH 12,5) und Löschkalk (CaO2, pH 12,5) fallen für den Einsatz durch die entstehende Brandgefahr (CaO) und die hautreizende Wirkung aus. Calciumcarbonat (CaCO3, pH 7 bis 7,5) bewirkt kein Anheben auf pH 9, jedoch einen Trockungseffekt, der so das Keimwachstum unterdrückt.
- Substrat-Kalk-Gemisch: Die Landwirtschaftlichen Lehranstalten in Triesdorf haben gute Erfahrungen mit einer Mischung von frischen SGF (Gärsubstrat mit 23 % TS, 12 bis 15 t für 130 Tiefboxen) mit Kalk (Desical, pH-Wert 12) im Verhältnis von 2 : 1 bis 3 : 1 gemacht. Eingestreut wird die fertige Mischung (50 % TS) alle zwei bis drei Wochen. Einstreuproben zeigen stabile pH-Werte über 9. Zellzahlen, Mastitishäufigkeit und Art der Errerger sind seit nun mehr als zwei Jahren im Vergleich zu Stroh-Kalk-Gemisch unverändert, ohne negative Vorkommnisse. Die Haut (Euter) der Kühe wird auch im Sommer nicht spröde. Vorteile gegenüber der Kalk-Strohmatratze zeigten sich auch arbeitswirtschaftlich (Boxenpflege).
- Nicht in den sensiblen Gruppen: Die Frischlaktierenden, Trockensteher, den Abkalbestall oder im Krankenstall sollte nicht mit separierter Gülle eingestreut werden. Durch Milch, Gebärmutterausfluss, Nachgeburtsreste und Kot steigt das Infektionsrisiko für die ohnehin immungeschwächten Kühe.
- Nicht bei instabiler Eutergesundheit: Betriebe, die sowieso Probleme bezüglich Tier- und Eutergesundheit haben, sollten nicht mit SGF einstreuen.
- Mastitis-Prävention optimieren: Euter abflammen und eine top Melkroutine mindern den Infektionsdruck, mit dem sich die Kühe auseinandersetzen müssen.
- Laufgänge sauber halten: Saubere, trockene Laufgänge (stündliche Entmistung) senken den Infektionsdruck ebenfalls.
Lohnt es sich tatsächlich?
Ob es sich für einen Betrieb lohnt, in eine Separation von Güllefeststoffen zu investieren, hängt stark von betriebsindividuellen Faktoren ab. Diese müssen in einer der Investition vorhergehenden Kalkulation genau gegengerechnet werden. Dabei stehen insbesondere die Kosten für die Rohgülleabgabe sowie der bisherige Kostenaufwand für das Einstreumaterial der Liegeboxen bzw. alternative Einstreukosten (Übersicht 2) den Investitionskosten, Abschreibung, Wartungs- und Energiekosten, Ausscheidungsgrad und Kapazität der Separationstechnik gegebenüber. Dazu kommen Vorteile durch die Einsparung von Lagerkapazität (bis zu 30 %) und der Erlöse durch SGF-Verkauf an Biogasanlagen (3 t SGF aus Milchviehgülle ersetzt energetisch etwa 1 t Maissilage). Es müssen keine zusätzlichen Nährstoffe durch den Zukauf alternativer Einstreumaterialien in den Betriebskreislauf eingebracht werden. Zudem weist die Dünngülle bessere Düngeeigenschaften im Grünland auf (sickert schnell ein, dadurch weniger Ätzschäden und N-Verluste).
Da gerade die betriebsspezifischen Kosten regional sehr unterschiedlich sind (Rohgülleabgabe, Einstreu), sollten sich interessierte Milcherzeuger an die zuständigen Landwirtschaftskammern oder Lehr- und Versuchsanstalten wenden, die diesbezüglich bereits häufig Kalkulationen/Beispiele gerechnet haben.