Einige Argumente sprechen dafür, Gras als Heu anstatt als Silage zu konservieren. Die Umstellung auf die andersartige Produktionstechnik ist jedoch nicht zu unterschätzen.
Keine Fehlgärungen, kaum Reineiweißabbau und weniger Lagerverluste – gute Argumente dafür, Gras als Heu anstatt als Silage zu konservieren. Heu als alleiniges Grundfutter mit der nötigen Qualität, Sicherheit und Schlagkraft zu erzeugen, funktioniert jedoch nur mit einer Unterdachtrocknung. Wetterrisiko und...
Einige Argumente sprechen dafür, Gras als Heu anstatt als Silage zu konservieren. Die Umstellung auf die andersartige Produktionstechnik ist jedoch nicht zu unterschätzen.
Keine Fehlgärungen, kaum Reineiweißabbau und weniger Lagerverluste – gute Argumente dafür, Gras als Heu anstatt als Silage zu konservieren. Heu als alleiniges Grundfutter mit der nötigen Qualität, Sicherheit und Schlagkraft zu erzeugen, funktioniert jedoch nur mit einer Unterdachtrocknung. Wetterrisiko und Bröckelverluste bei Bodenheu sind zu groß, als dass sie wirtschaftlich ignoriert werden könnten.
Die Vorteile von Heu überzeugen mittlerweile auch Milchkuhhalter im Norden. So etwa Guy Feyder, Tom Loutsch und Alain Schuh aus Luxemburg. Sie haben die Grundfutterproduktion für ihre je rund 70 Milchkühe auf Heu umgestellt. Und das, obwohl sie ihre Milch mangels Molkerei nicht als Heumilch vermarkten. Wir haben mit ihnen über ihre Beweggründe und Erfahrungen gesprochen.
Für eine bessere Tiergesundheit
Das größte Motiv für die Umstellung der Grundfutterproduktion der drei Milchkuhhalter war, dass sie vom Heu einen deutlich positiven Effekt auf die Gesundheit ihrer Kühe erwarten. Exemplarische Auswertungen über Kosten und Erlöse zeigen, dass entsprechende Erfolge nach der Umstellung auf Heu erkennbar sind (siehe Seite 42). Die Tatsache, dass bei Heu kein Sickersaft anfällt, ist ein weiteres, nicht unwesentliches Argument pro Heu. Obwohl hierzu zu erwähnen ist, dass die Investition für die Umstellung der Grundfutterquelle auf Heu ca. doppelt so teuer ist wie das Errichten entsprechender Siloplatten.
Die Milcherzeuger nennen auch arbeitswirtschaftliche Vorteile: Die tägliche Arbeit mit dem Futtermischwagen und der Silopflege entfällt. Idealerweise wird das Heu einfach mit dem Kran direkt auf dem Futtertisch abgeladen.
Heu stellt die gesamte Ernte um
Dass eine Umstellung der Grundfutterproduktion von Silage auf Heu nicht zu unterschätzen ist, bekamen die drei Milchkuhhalter trotz Vorbereitung zu spüren. Dabei ist es nicht nur das Austüfteln der neuen Fütterungsstrategie, sondern auch der Produktionsprozess, der es in sich hat. Folgendes haben die drei Praktiker unter anderem gelernt:
- Für den Trocknungsprozess muss das Gras in einer Trocknungskammer/Box auf eine bestimmte Höhe aufgeschichtet werden (min. 1,0 m max. 3,5 m). Demnach ist je nach Masseertrag im Aufwuchs und Kammervolumen abzuwägen, wie viele Hektar gemäht werden können. Getrocknet wird in der Regel nur in einer Box, nicht in mehreren gleichzeitig. Meistens verfügen die Hallen über vier Boxen (s. Foto oben).
- Während man beim Mähen für Grassilage den Aufbereitereffekt für ein schnelleres Anwelken schätzt, kann sich mit Aufbereiter gemähtes Gras in der Heutrocknung gegensätzlich verhalten und langsamer trocknen, als nicht geknicktes Schnittgut.
- Das Gras sollte auf dem Feld auf 55% bis 60% Trockensubstanzgehalt (TS) anwelken, bevor es eingefahren wird. Das hält den Hauptposten der laufenden Kosten, den Energieaufwand, niedrig! Vor dem Einfahren mit dem Ladewagen muss feststehen, auf welcher Fläche das feuchteste „Vorheu“ liegt. Dies muss zuerst in die Trocknungsbox gepackt werden.
- Das Gras muss locker in die Trocknung gelangen, Knäule gefährden den Trocknungsprozess. Die Trockungsluft kann sie nicht durchströmen, das feuchte Knäul erhitzt sich, die Gefahr von Selbstentzündung und Schimmel steigt! Beim Wenden und Schwaden ist Umsicht gefragt und der Ladewagen darf das Schnittgut nicht in Pakete pressen. Heuladewagen sind daher mit Schwingen statt Rotor ausgestattet.
- Das an der Halle abgeladene Gras wird mit dem Kran Zange für Zange locker in die Trocknungsbox geschichtet. Die Trocknung läuft von Beginn des Einlagerns an. Das Kranfahren erfordert Geschick und Ausdauer, der Job ähnelt dem des Walzfahrers im Silo: Eine gleichmäßige Einlagerung bestimmt die Qualität und auch das „Greifern“ dauert Stunden. Eine klimatisierte Krankabine ist kein Luxus!
- Zum Einfahren sind ca. drei Arbeitskräfte einzuplanen: einer schwadet, einer fährt den Ladewagen und der dritte den Kran.
Wärmebild zur Kontrolle
Die Steuerung der Heutrocknung erfolgt planmäßig automatisch. Sensoren über den Boxen und im Dachraum liefern die Daten. Gibt es Probleme mit der Sensorik, lässt sich die Anlage manuell steuern, was allerdings sehr viel „Heu-Gefühl“ erfordert. Wenn die Anlage automatisch läuft, reichen zwei bis drei Kontrollgänge pro Tag. Das wichtigste Hilfsmittel, dass die Landwirte hier einsetzen, ist eine Wärmebildkamera. Mit dieser nehmen sie Bilder während der Überfahrt mit dem Kran über den Boxen auf. Die Bilder muss man interpretieren lernen: blau bedeutet grundsätzlich kühl/feucht, rot normalerweise warm/trocken. Gewünscht ist ein möglichst einheitliches Farbbild, dass zeigt, dass die Luft gleichmäßig durch das Schnittgut geht. Punktuelle Farbnester zeigen Fehlentwicklungen. Kältere Stellen sind feucht, sie müssen dort hin umgeschichtet werden, wo das Material schon trocken ist.
Die Temperatur im Heu darf 40°C nicht übersteigen, ab 70°C besteht akute Brandgefahr. Wenn eine Selbsterhitzung in Gang kommt, ist der Heustock unverzüglich umzuschichten. Dies dauert bei einem kompletten Schnitt mit Übung vier bis fünf Stunden. „Alleine lassen“ darf man die laufende Trocknung nicht.
In einem Durchgang können je nach Ertrag 25 bis 30 ha in einer Box getrocknet werden. Bei maximaler Füllhöhe von 4,0 m und bei auf 50%-Auslastung laufender Trocknung erreicht das Heu nach rund 80 Stunden den Ziel-TS-Gehalt von 85%. Dann wird noch eine Woche nachgelüftet, eine Stunde pro Tag, damit sich der für die Lagerfähigkeit notwendige TS-Gehalt von 87% einstellt. Mit „Vollgas“ geht es schneller, kostet aber erheblich mehr Energie und jagt so die laufenden Kosten in die Höhe. Das Heu lagert lose Schnitt auf Schnitt gepackt in den Boxen. Für die Fütterung wird dokumentiert, wo welcher Schnitt liegt. Das lose Heu für den Eigenbedarf in Ballen zu pressen, ist zu teuer.
Den Futterbau anpassen
Pflanzenaufwüchse trocknen je nach Bestandszusammensetzung unterschiedlich. Sehr gutes Trocknungsverhalten bei gleichzeitig guten Futterwerten können bei Englischem Raygras und Wiesenschwingel, kombiniert mit Weißklee, beobachtet werden. Rotklee trocknet aufgrund der dicken Stängelknoten schwer und Luzerne ist eine weitere Herausforderung. Hier heißt es: langsam herantasten und den Futterbau entsprechend anpassen.
Der Schnittzeitpunkt richtet sich nach dem Produkt, das man haben möchte: Grundfutter- oder Kraftfutterheu (Silierreife 1. Schnitt) oder ein Heu von älterem Aufwuchs, für den Strukturausgleich in der Weidesaison.
Support am Telefon
Von Nachteil im Norden ist, dass die Anbieter von Heutrocknungen eher im Alpenraum ansässig sind. Aufgrund bislang fehlender Servicetechniker im Norden ist eine technische Betreuung vor Ort schwierig. Wenn es zu Fragen zum Prozess kommt oder Störungen auftreten, wird zunächst oft über das Telefon beraten. Der Landwirt und ggf. ein fähiger Techniker (je nach Problem Kühltechniker, Schlosser oder Elektriker) müssen die Ausführung in die Hand nehmen.
Ähnlich wie beim Automatischen Melken oder Biogas lernen die Landwirte mit der Zeit die Technik selbst zu betreuen, zu warten und zu reparieren. Und auch bei der Trocknungstechnik macht es Sinn, die wichtigsten Ersatzteile auf dem Hof zu haben; bis hin zu einem Notfallkran (ohne Kabine).
Zur Installation und zum Testlauf müssen allerdings in jedem Fall Techniker der Herstellerfirma vor Ort sein und auch zum ersten Befüllen der Anlage.
Sinnvoll ist es, reichlich Puffer in der Bauplanung einzuplanen, auch bezüglich Verzögerungen im beauftragten Hallenbau. Tipp der drei Landwirte: Ideal ist es, wenn die Halle im Herbst fertig wird, sodass die Installation der Technik und ein Testlauf über den Winter erfolgen können. Zum ersten Schnitt sollte die Anlage dann startklar sein.
Wie viel Heu frisst die Kuh?
Dass es oberhalb der Donau wenige Fütterungsberater gibt, die sich mit der Rationsgestaltung mit Heu auskennen, ist eine weitere Herausforderung. Daten zur Orientierung, z.B. TS-Aufnahme, sind rar (um 17 kg TS/Kuh und Tag). Einzuplanen sind auch längere Fresszeiten und ein großzügigeres Wasserangebot als bei Silagefütterung. Sich vor einer Umstellung mit Heu-erfahrenen Kollegen und Beratern zu unterhalten und Anlagen anzuschauen, lohnt sich, um keine Fehler zu wiederholen! Ein Einbruch der Milchleistung über die Umstellung muss nicht sein. Für die Rationsgestaltung ist auch bei Heu eine Futteranalyse unverzichtbar. Sie ist die Grundlage, um Struktur- und Kraftfutterheu anteilig passend zu kombinieren und die Heuration (hohe Zucker- und UDP-Gehalte!) korrekt mit Kraftfutter auszugleichen.
Fazit: Überlegenswert
Bei anstehender Investition ins Grundfuttersystem (Lagerkapazitäten), ist die Umstellung auf Heu wegen seiner Vorteile definitiv eine Überlegung wert. Keine Option ist eine Umstellung jedoch angesichts der hohen Investitionskosten (siehe nächste Seite), wenn eine moderne Siloanlage vorhanden ist. Ebenfalls zu teuer ist es, wenn das Trockungsheu mit Silagen kombiniert werden soll, aufgrund der nötigen zweifachen Ausstattung an Produktions- und Fütterungstechnik. Im Umkehrschluss heißt eine Heutrocknung, dass der Ackerfutterbau auf Grünfutter umgestellt werden sollte. Je nach künftigen klimatischen Entwicklungen kann die Trocknung auch die ideale Konservierung für Trockenstress-robuste Pflanzen wie Futterchicorée u.Ä. (anstatt Silomais) sein.K. Berkemeier