Tierarzt André Hüting, Tierarztpraxis an der Güterstraße, Hamminkeln
Das Symptom des Festliegens kann in der Laktation aus unterschiedlichen Gründen auftreten. Die häufigste Ursache ist um den Abkalbezeitraum die Gebärparese. Aber auch ein Muskelriss verursacht durch Ausgrätschen, Nervenschädigungen durch Schwergeburten, hochgradige...
Tierarzt André Hüting, Tierarztpraxis an der Güterstraße, Hamminkeln
Das Symptom des Festliegens kann in der Laktation aus unterschiedlichen Gründen auftreten. Die häufigste Ursache ist um den Abkalbezeitraum die Gebärparese. Aber auch ein Muskelriss verursacht durch Ausgrätschen, Nervenschädigungen durch Schwergeburten, hochgradige Leberverfettungen oder toxische Substanzen im Körper (z. B. bei einer E. coli-Infektion) können die Kühe zum Festliegen (Downer Cow) zwingen. Festliegen ist damit eine Folge der genannten Grund-erkrankungen. Tritt Festliegen auf, verschlechtern sich für die betroffenen Kühe die Heilungschancen deutlich. Denn zur eigentlichen Grunderkrankung kommen durch das Festliegen Druckschäden an Muskeln und Nerven hinzu. Wie sollte man die Kühe versorgen, um diese Schäden so gering wie möglich zu halten? Wie sehen die Heilungschancen beim Festliegen aus?
Liegt eine Kuh (in der Liegebox) fest, sollte man sie schnellstmöglich z. B. mit einer Rutschmatte auf einen trockenen, weichen und rutschfesten Untergrund bringen. Geeignet ist hierfür Stroh und/oder Sand. Bei guter Witterung kann das Tier auch auf die Weide gezogen werden. Durch das schnelle Eingreifen lassen sich Muskelschädigungen verringern. Zudem können die Kühe einfacher, mit einem geringeren Risiko für Folgeverletzungen, versuchen aufzustehen. Um ein Ausgrätschen zu verhindern, sollte man an den Hinterbeinen eine Beinfessel in Hüfthöckerbreite anbringen. Außerdem sollte den Kühen ein Schmerzmittel verabreicht werden. Das erleichtert die Aufstehversuche deutlich. Neben dem rutschfesten Untergrund ist darauf zu achten, dass die Kühe für Aufstehversuche Bewegungsfreiheit haben, vor allem im Kopfbereich. Auf dem Untergrund sollte die Flüssigkeit (Milch und Urin) schnell abfließen können, damit es nicht zu Hautreizungen kommt. Den Kühen muss ausreichend Wasser und Futter zur freien Aufnahme zur Verfügung stehen. Wasser ist wichtig, weil es schnell zu Verschiebungen im Wasser-/Elektrolythaushalt kommen kann. Daher reichen 2 bis 3 Eimer pro Tag nicht aus.
Durchblutungsfördernde Maßnahmen
Um eine gleichmäßige Blutversorgung aller Gewebe und Organe zu gewährleisten, sollten Kühe, die nicht selbstständig ihre Liegeposition und Seite wechseln, mehr als vier Mal täglich von einer auf die andere Seite gedreht werden. Der Einsatz einer Beckenklammer ist äußerst kritisch zu sehen und sollte nur in Absprache mit dem Tierarzt und im Einzelfall erfolgen. Die durch den Einsatz der Beckenklammer hervorgerufenen Quetschungen und/oder möglichen Abrisse der Hüfthöcker bergen ein hohes Risiko. Unter Umständen verschlechtert sich dadurch die Gesamtsituation für das Tier erheblich. Daneben gibt es die Möglichkeit einer (kostenintensiven) Flotationstherapie. Hier wird die Kuh in einem Tank mit körperwarmem Wasser aufgerichtet (Aqua-Cow-Rise). Diese Möglichkeit ist in der Praxis selten und nicht flächendeckend verfügbar.
Liegt Milchfieber vor und schlägt die Kuh nicht auf die Therapie an, sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden. Auch bei anderen Erkrankungen, die zum Festliegen führen können, sollte er gerufen werden. Der Tierarzt kann nach einer klinischen Erstuntersuchung, unter Hinzunahme von Blutparametern, Hinweise auf die vorliegende Erkrankung erhalten, z. B. Kalzium- und/oder Phosphormangel, Leberschaden (LDH, Billirubin) oder Muskelriss (Creatinkinase CK, Aspartat - Amino-transferase AST). Bei der Untersuchung sollten auch die Heilungschancen ermittelt werden. Hat ein ausgewachsenes Rind ein gebrochenes Bein, bestehen keine Heilungsaussichten. Gute Aussichten auf Heilung hat die Kuh, die frisst, säuft und versucht selbstständig ihre Liegeposition zu verändern. Dies sind die wichtigsten drei Punkte, um die Heilungschancen einzuschätzen. Steht die Kuh nach sieben bis zehn Tagen nicht von alleine auf und macht eines der drei oben genannten Punkte nicht, sinken die Erfolgsaussichten deutlich.
Konsequenzen ziehen
Treten einige der oben erwähnten Grunderkrankungen in einem zu hohen Maße im Bestand auf, sollten diese Ursachen durch eine gute und systematische Bestandsbetreuung erfasst und gelöst werden. Viele dieser Erkrankungen sind mithilfe der Fütterung und des Managements auf ein geringes Maß zu reduzieren.