Dr. Joachim Lübbo Kleen, Tierarzt (Cow Consult)
Nach der Abkalbung zeigen viele Kühe Ausfluss aus der Scheide. Dieser Ausfluss kann unterschiedlich aussehen beziehungsweise eine unterschiedliche Konsistenz aufweisen. Ebenso unterschiedlich stellen sich die Kühe dar: Während die meisten völlig unauffällig sind, liegen andere mit hohem Fieber...
Dr. Joachim Lübbo Kleen, Tierarzt (Cow Consult)
Nach der Abkalbung zeigen viele Kühe Ausfluss aus der Scheide. Dieser Ausfluss kann unterschiedlich aussehen beziehungsweise eine unterschiedliche Konsistenz aufweisen. Ebenso unterschiedlich stellen sich die Kühe dar: Während die meisten völlig unauffällig sind, liegen andere mit hohem Fieber fest. Die Diagnose lautet zumeist Gebärmutterentzündung.
Was ist eigentlich eine Gebärmutterentzündung? Der Reproduktionstrakt besteht im Wesentlichen aus der Scheide (Vagina), dem sich anschließenden Gebärmutterhals (Cervix) und der eigentlichen Gebärmutter (Uterus). Jede dieser drei „Komponenten“ kann erkranken und Entzündungen hervorrufen (sichtbarer Ausfluss). Hinter einem Scheidenausfluss verbirgt sich also nicht zwangsläufig immer eine Gebärmutterentzündung. Allerdings finden sich bei 20 bis 70% dieser „dreckelnden“ Kühe Entzündungen der Gebärmutter. Zu unterscheiden sind hier zwei Formen, eine Metritis und eine Endometritis.
Unter einer Metritis versteht man eine Entzündung, die das gesamte Organ betrifft und die mit starken Krankheitssymptomen einhergehen kann. Die Gebärmutter ist stark vergrößert, der übel riechende Ausfluss jauchig bis eitrig. Bei einer Endometritis ist demgegenüber nur die innere Oberfläche (das Endometrium) entzündet. Der Ausfluss kann (muss aber nicht) Eiter enthalten. Die beiden Typen einer Gebärmutterentzündung können ineinander übergehen, weshalb sie schwierig voneinander abzugrenzen sind.
Tritt eine Enzündung auf, müssen zuvor Krankheitserreger in die Gebärmutter eingedrungen sein. Während die Gebärmutter in der Trächtigkeit steril, frei von Bakterien ist, ändert sich das schlagartig im Verlauf der Kalbung. Oft gelangen Bakterien über die Scheide in den Reproduktionstrakt. Entzündungen sind also ein Stück weit normal („natürlich“), sind als Teil eines physiologischen Prozesses zu verstehen. Bis etwa zum 70. Laktationstag sollte das Immunsystem der Kuh die Entzündung weitgehend im Griff und eliminiert haben.
Auf den BCS achten
In einer kanadischen Studie konnte nachgewiesen werden, dass Kühe mit einer puerperalen Metritis bereits drei Wochen vor der Abkalbung die Futteraufnahme verringern. Dies führt unweigerlich zu einem deutlichen Energiedefizit, das wiederum das Einschmelzen von Körperfettreserven forciert. Dabei werden u.a. auch Fettsäuren und Entzündungsbotenstoffe freigesetzt. Der dadurch bedingte Stoffwechsel-Stress kann zur Entgleisung sonst „normaler“ Entzündungsvorgänge führen. Es folgt eine überschießende, unkontrollierte Entzündungsreaktion. Das klinische Bild einer erkrankten Kuh (Abgeschlagenheit, Fieber) ist somit nicht auf die Erreger selbst zurückzuführen, sondern auf eine Überreaktion des Immunsystems. Dieses produziert überproportional viele Signalstoffe, die den Organismus beeinträchtigen. Entscheidend ist also, wie die Kuh mit der Infektion umgeht. Der Kuh kann geholfen werden, indem
- auf eine hygienische Umgebung im Abkalbebereich geachtet wird,
- alles unternommen wird, um rund um die Kalbung eine hohe Futteraufnahme sicherzustellen.
- auf eine hygienische Umgebung im Abkalbebereich geachtet wird,
- alles unternommen wird, um rund um die Kalbung eine hohe Futteraufnahme sicherzustellen.
Bleibt festzuhalten: Eine Gebärmutterentzündung sollte vor allem als Ausdruck von Stoffwechselproblemen gesehen werden, letztlich also immer als Fehlentwicklung im Zusammenspiel von Fütterung und Haltung (siehe Übersicht).