„Kühe haben eine wichtige klimapolitische Funktion“

Die Nutztierhaltung wurde kürzlich wieder scharf kritisiert, u.a. wurden Kühe als Klimasünder wegen ihres Methan-Ausstoßes angeprangert. Wird hier nicht bewusst von den größeren Verursachern des Klimawandels abgelenkt?
Christian Rehmer: Der aktuelle Bericht des Weltklimarates sagt klar, dass es in der Landwirtschaft so nicht weitergehen kann. Wir müssen weg von instabilen und anfälligen Hochleistungssystemen. Viele Formen der Tierhaltung werden weder den Tieren, noch der Umwelt oder dem Klima gerecht. Hierbei muss man jedoch zwischen einzelnen Haltungsformen, Managementsystemen, Standorten, Ställen und Nutztieren unterscheiden.
Wie bewertet der BUND die moderne Milcherzeugung?
Christian Rehmer: Kühe haben eine wichtige klimapolitische Funktion. Sie nutzen und schützen das kohlenstoffbindende Grünland – was auch einen positiven Effekt auf die Biodiversität hat. Bedauerlich ist, dass nicht jede Milchviehhaltung bodengebunden ist. Ganzjährige Stallhaltung mit wesentlichem Zukauf von Ackerfutter verliert den Kontakt zu den vorhandenen Ressourcen. Das ist ein Problem. Statt Futtermittel aus Übersee zu importieren, sollte auf grünlandbasierte Tierhaltung gesetzt werden. Deshalb fordern wir eine flächengebundene Tierhaltung mit max. 2 GVE/ha sowie eine standortbezogene Obergrenze von 600 Rindern rechtlich zu verankern. Wir gehen davon aus, dass der Umbau der Tierhaltung 20 bis 30 Jahre dauern wird. Ställe müssen umgestaltet, die Zucht verändert, Futtermittel angepasst und Betreuungspersonal geschult werden.
Es gibt viele Milcherzeuger, die bereit wären, in mehr Tierwohl zu investieren und ihre Rinder- und Kuhbestände abzustocken, allerdings ist dies wegen der aktuell niedrigen Erlöse nicht möglich.
Christian Rehmer: Ein mehr an Tierwohl ist für den landwirtschaftlichen Betrieb nicht zum Nulltarif zu machen. Das für den Umbau notwendige Geld können Bäuerinnen und Bauern nicht alleine aufbringen. Aus Sicht des BUND müssen deshalb sowohl die Preise tierischer Lebensmittel steigen, als auch Fördermittel aus Brüssel gezielt für den Umbau eingesetzt (Agrarinvestitionsförderung, gekoppelte Prämien zur Weidehaltung etc.) und Steuermittel für Investitionen, Beratung und Forschung bereitgestellt werden. In der Milchviehhaltung könnten davon gerade diejenigen profitieren, die auf Weidegang und artgerechte Stallsysteme setzen.