Elite: Wie schätzen Sie die weitere Preisentwicklung bei Milcherzeugnissen in 2017 ein?
Thiele: Bei Magermilchpulver (MMP) sind die internationalen Preise preisbestimmend. Im Frühjahr 2017 wurde der Tiefpunkt mit 1,70 € pro kg erreicht. Mittlerweile liegen die Preise höher und die saisonal bedingt sinkende Produktion neuer Ware macht die...
Elite: Wie schätzen Sie die weitere Preisentwicklung bei Milcherzeugnissen in 2017 ein?
Thiele: Bei Magermilchpulver (MMP) sind die internationalen Preise preisbestimmend. Im Frühjahr 2017 wurde der Tiefpunkt mit 1,70 € pro kg erreicht. Mittlerweile liegen die Preise höher und die saisonal bedingt sinkende Produktion neuer Ware macht die Interventionsware attraktiv. Preissteigerungen sehen wir wegen der erwarteten Interventionsverkäufe jedoch bei ca. 2 € gestoppt. Zuletzt lagen Verkäufe aus den EU-Lagern bei 1,85 €/kg. Bei Butter gab es trotz der hohen Preise (Ende Juni bis 6 € pro kg Blockware) eine rege Nachfrage, auch international. Deshalb erwarten wir weitere Preiserhöhungen. Bedeutend für den Gesamtmarkt ist auch Käse. Bei Standardsorten wird eine Erholung der Preise wie im Herbst 2016 erwartet, da die Bestände gering sind und die Nachfrage im In- und Ausland rege ist.
Elite: Und wie werden sich die Milchpreise auf Erzeugerebene dazu verhalten?
Thiele: Auf Basis der jetzigen Informationen und der Ende Juni notierten Preise für Butter und MMP sind Auszahlungspreise für 2017 im Mittel zwischen 34,0 bis 36,0 Cent absehbar. Wenn sich die Butter weiter nach oben entwickelt – worauf vieles hindeutet – und MMP seitwärts verläuft, könnten die Milchpreise sogar noch höher liegen. Das Milchaufkommen spielt dazu aber eine sehr große Rolle: Bisher wird davon ausgegangen, dass das EU-Angebot im zweiten Halbjahr saisonal sinkt, aber größer als im Zeitraum des Vorjahres ausfällt. Die wichtigsten Erzeugungsregionen des Weltmarktes produzieren jetzt ein wenig mehr als im Vorjahr, sodass zeitversetzt auch wieder mit einem Ende der Spitzenpreise zu rechnen ist. Daher sollten Sie jetzt, in den positiven Zeiten, Preisabsicherungen ins Auge fassen!
Elite: Der vom ife ermittelte Kieler Rohstoffwert gilt als Frühindikator für die Entwicklung der Milcherzeugerpreise. Wie nah kommt der Wert den tatsächlichen Entwicklungen?
Thiele: Im Mittel der letzten sieben Jahre lag der Kieler Rohstoffwert um 0,4 ct pro kg unter den Milchpreisen der jeweiligen Monate. Der Milchpreis lag in 45% der Monate unter und in 55% über dem Kieler Wert – je nachdem, ob wir uns in einem steigenden oder sinkenden Markt befanden. Die absolute Höhe kann er nicht exakt prognostizieren, da nur MMP und Butter, nicht aber Käse, Molke, Joghurt etc. einfließen. Auch werden keine langfristig vereinbarten Preise, wie in den Kontrakten der Molkereien üblich, berücksichtigt. Zudem erfassen wir nur Preise für Standardprodukte und nicht die möglichen Preisaufschläge für Extraqualitäten oder Herstellermarken. Dennoch ist er ein sehr guter Frühindikator: Seine Entwicklung in einem Monat kann zu 90% die zwei bis drei Monate später eintretenden Änderungen der Milchpreise erklären. So lag der Kieler Rohstoffwert im Mai bei 33,2 ct und im Juni rechnen wir mit einer Steigerung um weitere 5,0 ct pro kg Milch. Abgeleitet daraus erwarten wir für Juni einen durchschnittlichen Auszahlungspreis in Deutschland von mindenstens 34,0 ct pro kg. Im August/September könnten es dann 37 bis 38 ct pro kg Milch sein.
Prof. Dr. Holger D. Thiele,ife Institut für Ernährungswirtschaft und Fachhochschule Kiel