Interview - Ein Flüssigmilchfuture an der Börse – was erwartet uns?

Elite: Ab dem 15. August bietet die Terminbörse EEX den European Liquid Milk Future zum Handel an. Was bedeutet das?
Thiele: Der Flüssigmilchpreisindex des EEX European Liquid Milk Future wird aus Milcherzeugerpreisen der wichtigen Produktionsländer Deutschland, Niederlande, Dänemark und Irland berechnet. Ersten Simulationsberechnungen des ife nach korreliert er dadurch noch viel enger mit den tatsächlichen deutschen Milcherzeugerpreisen, als der bisher aus Magermilchpulver- und Butter-Kursen ermittelte Kieler Börsenmilchwert. Für Milcherzeuger könnte so die Milchpreisabsicherung an der Terminbörse einfacher werden. Entwicklungen könnten besser abgeschätzt werden, das Basisrisiko verringert sich. Auch die geringere Kontraktmindestgröße von 25.000 kg ist attraktiver.
Elite: Wie wird der Handel anlaufen?
Thiele: Ich denke gut, das lässt zumindest der bisherig stetig wachsende Erfolg der EEX mit dem Handel von Milchproduktfutures erwarten. Doch neue Kontrakte benötigen immer erst einmal eine Anlaufzeit, das wird bei Flüssigmilch nicht anders sein. Ich denke, dass nach einer Zeit der Beobachtung viele Marktteilnehmer sehen, welches Potenzial in diesem neuen Kontrakt steckt. Natürlich hängt die Anlaufzeit auch mit dem Milchpreisniveau zum Start des Kontraktes zusammen. Bei hohen Ausgangsmilchpreisen dürfte es mehr Preisabsicherungen geben, als bei geringen Preisen. Letztlich gilt, dass das Handelsvolumen und die Liquidität des EEX European Liquid Milk Futures vom Engagement der Marktbeteiligten bestimmt wird. Also von den Milcherzeugern, den Molkereien, den Handelsunternehmen und der Ernährungswirtschaft.
Elite: Wie können Milcherzeuger konkret mit dem Flüssigmilchfuture handeln?
Thiele: Sie können wie bisher direkt an der EEX zur Absicherung von Milchpreisen Flüssigmilch-Terminkontrakte verkaufen oder die Molkerei bietet ihnen darauf basierende Festpreismodelle an. Auch die Informationen, die der neue Flüssigmilchindex und der neue Futurekontrakt liefern, werden wichtig für Milcherzeuger und die gesamte Branche sein. Wichtig ist, dass sich die Milcherzeuger zur Preisabsicherung fortbilden. Ich habe den Wunsch, dass insbesondere auch die verschiedenen Hausbanken der Landwirtschaft die neuen Aktivitäten zur Milchpreissicherung unterstützen und als Risikomanagement-Instrument anbieten.
Prof. Dr. Thiele, ife Institut für Ernährungswirtschaft und Fachhochschule Kiel