Mit dem Ende der Milchquotenregelung erhalten Milcherzeuger neue Freiräume, doch nicht jeder will diese nutzen.
Kürzlich habe ich einen alten Bekannten getroffen, den ich vor 20 Jahren als junger Spezialberater ermutigt habe, den Sprung vom Anbinde- zum Laufstall zu wagen. Mittlerweile führt er erfolgreich den Milchkuhbetrieb gemeinsam mit seinem Sohn. Schnell kamen wir auf das Thema Quotenende und die damit verbundenen Auswirkungen zu sprechen.
Ich riet ihm, so schnell wie...
Mit dem Ende der Milchquotenregelung erhalten Milcherzeuger neue Freiräume, doch nicht jeder will diese nutzen.
Kürzlich habe ich einen alten Bekannten getroffen, den ich vor 20 Jahren als junger Spezialberater ermutigt habe, den Sprung vom Anbinde- zum Laufstall zu wagen. Mittlerweile führt er erfolgreich den Milchkuhbetrieb gemeinsam mit seinem Sohn. Schnell kamen wir auf das Thema Quotenende und die damit verbundenen Auswirkungen zu sprechen.
Ich riet ihm, so schnell wie möglich einen Bauantrag zustellen, um den Standort und somit die Zukunftsfähigkeit des abzusichern. Mittelfristig käme er ja an einer Aufstockung der Herde ohnehin nicht vorbei und dann wäre er erstmal auf der sicheren Seite (der Betrieb wirtschaftet in einem Bundesland, in dem ein Grüner Minister dem Landwirtschaftsressort vorsteht). Als zweiten Rat gab ich ihm die Erarbeitung eines Masterplans (Vision 2020/25) mit auf den Weg.
Doch diesmal scheint er mit meinem Ratschlag überhaupt nicht einverstanden. „Ich will nicht wachsen, mit unseren 90 Kühen haben wir genügend Arbeit – das muss reichen!“ Und überhaupt, mit Lohnarbeitskräften arbeiten wolle er auch nicht. Es müsse doch schließlich auch eine Zukunft geben für „Lohnarbeitskraft- freie“ Familienbetriebe!
Ja, warum eigentlich nicht? Mit 90 Kühen lassen sich bei Optimierung aller Prozesse 900.000 kg Milch abliefern. Die Buchführungsabschlüsse zeigen ja, dass sich unter dem Strich ein sehr gutes Einkommen generieren lässt. Warum also wachsen?
Klar ist, solange zwei Generationen gemeinsam auf dem Betrieb mit anpacken, die anfallende Arbeit irgendwie geschafft wird, keine Lohnkosten für externe Mitarbeiter und keine größeren Investitionen in arbeitssparende Technik getätigt werden müssen, lässt es sich im (Zwei-)Familienbetrieb gut leben, das Einkommen „passt“. Wenn aber der Opa ausfällt, wenn er plötzlich durch Technik und/oder Lohnarbeitskräfte (eine AK reicht in der Regel nicht aus, um einen geländegängigen Altenteiler zu ersetzen) kompensiert werden muss, (spätestens) dann gibts nur noch zwei Wege: Wachsen oder reduzieren! Entweder Sie investieren oder Sie müssen sich eingestehen, irgendwann die Milchproduktion abzuwickeln.
Bei einem Teil derjenigen, die sich für die Wachstumsvariante entschieden haben, scheint es allerdings gerade zu klemmen. Wie aus Bankenkreisen zu vernehmen ist, wurde oft versäumt, in den vergangenen fetten Monaten Rücklagen zu bilden, jetzt mangelt es an Liquidität. Also lieber doch nicht wachsen?
Wachsen ja, aber bitte richtig!
Viele Betriebsleitr, die derzeit in ständigem Kontakt mit ihren Kreditinstituten stehen, haben etwas zu euphorisch investiert und/oder die mit einem Wachstumsschritt verbundenen Auswirkungen falsch eingeschätzt. Organisches Wachstum im traditionellen Familienbetrieb kann gut gehen, bis zu einer Grenze von ca. 150/180 Kühen – aber auch nur, sofern die tägliche Arbeitszeit auf 14 bis 16 Stunden verlängert wird. Wer mehr als 200 Kühe melken will, der sollte sich im Klaren darüber sein, dass er sich zunehmend von der Produktion verabschieden muss und mehr und mehr Aufgaben aus den Bereichen Controlling, Personalmanagement und Öffentlichkeitsarbeit übernehmen muss. Diejenigen, die diese Entwicklung ablehnen, werden die ersten sein, die aus der Milchproduktion aussteigen werden!