Der Neuseeländer Kieran McDonald hat sich in Deutschland umgeschaut und viel dazu gelernt – auch über sich selbst.
Als ich im Juni 2014 aus Neuseeland nach Deutschland kam, hatte ich die Jahre davor quasi durchgearbeitet. Auf meiner letzten Arbeitsstelle war ich für 1.100 Kühe verantwortlich. Dort lernte ich meine Freundin kennen, die bei uns ihr Praktikumsjahr absolvierte. Als sie für ihr Masterstudium zurück nach Deutschland ging, bin ich mitgefahren. Nach drei Monaten...
Der Neuseeländer Kieran McDonald hat sich in Deutschland umgeschaut und viel dazu gelernt – auch über sich selbst.
Als ich im Juni 2014 aus Neuseeland nach Deutschland kam, hatte ich die Jahre davor quasi durchgearbeitet. Auf meiner letzten Arbeitsstelle war ich für 1.100 Kühe verantwortlich. Dort lernte ich meine Freundin kennen, die bei uns ihr Praktikumsjahr absolvierte. Als sie für ihr Masterstudium zurück nach Deutschland ging, bin ich mitgefahren. Nach drei Monaten Sprachkurs fiel mir jedoch die Decke auf den Kopf. Es mussten wieder Kühe her! Über persönliche Kontakte fand ich einen Betrieb mit 130 Kühen sowie einen Betrieb mit 100 Kühen, bei denen ich mitarbeiten durfte. Bei beiden bin ich „Mädchen für alles“: Ich melke, füttere Kälber, miste aus, befülle und fahre den Mischwagen, im Sommer habe ich bei der Ernte geholfen und Walztrecker gefahren.
Die Unterschiede zwischen Deutschland und Neuseeland sind enorm. Kein Wunder, handelt es sich doch um zwei total unterschiedliche Produktionssysteme. Neuseeland: rein weidebasiert, saisonale Abkalbung, absolute Kostenreduktion. In Deutschland kümmert man sich stärker um das einzelne Tier, setzt auf hohe Leistung pro Kuh und nicht pro kg Aufwuchs. Hier muss man die Reproduktion viel stärker managen, da in Neuseeland der Selektionsdruck auf fruchtbare Kühe deutlich höher ist. Wer bis zum Ende der Besamungszeit nicht tragend ist, geht ab! Zudem sind die Betriebe in Deutschland viel technisierter. Durch die reine Weidefütterung gibt es in Neuseeland meist nur einen kleinen Trecker auf Betrieben mit über 1.000 Kühen. Meine Praktikumsbetriebe sind komplett eigenmechanisiert! Für mich ist bemerkenswert, wie viel Geld dadurch in Technik gebunden ist. In Neuseeland wird das Kapital vor allem in Land und Kühe investiert.
Gewundert habe ich mich über Weidemanagement und Arbeitsorganisation auf vielen Betrieben, das kenne ich viel systematischer. Wir ernähren unsere Kühe über das Weideland, Planung und Ertragsmessung sind also unsere wichtigsten Managementkomponenten. Dazu nutzen wir mehr Tools (z. B. Aufwuchsmesser) und stellen die Kühe öfter und geplanter um. Zudem sind in Neuseeland Arbeitskräfte immer knapp. Jeder muss eine Liste mit Aufgaben abarbeiten, wenn Zeit übrig ist. Ich werde aber auch viel mit nach Hause nehmen: Tiergesundheit besser managen, indem ich Frischabkalber mehr in den Blick nehme, dabei stärker mit dem Tierarzt absprechen, sorgfältiger dokumentieren. Zudem möchte ich mehr Silage und von besserer Qualität als bisher produzieren.
Wahrscheinlich kehre ich zur nächsten Kalbesaison nach Neuseeland zurück, langfristig möchte ich eine eigene Farm besitzen. Persönlich habe ich von dieser Zeit wohl am meisten profitiert: Ich steige jetzt frischer und motivierter wieder ein, weil ich nicht mehr so überarbeitet bin wie zuvor. Und durch unsere Unternehmungen habe ich gelernt, dass Freizeit auch ganz schön sein kann!-cs-