In zwei Fütterungsversuchen wurde überprüft, wie viele Kohlenhydrate frischabgekalbte Milchkühe „vertragen“ bzw. wie viel Faser sie benötigen.
Mit kohlehydratreichen Futtermischungen lässt sich das Energiedefizit zu Laktationsbeginn verringern. Gleichzeitig steigt...
In zwei Fütterungsversuchen wurde überprüft, wie viele Kohlenhydrate frischabgekalbte Milchkühe „vertragen“ bzw. wie viel Faser sie benötigen.
Mit kohlehydratreichen Futtermischungen lässt sich das Energiedefizit zu Laktationsbeginn verringern. Gleichzeitig steigt dadurch aber auch das Risiko, dass sich eine subklinische Azidose (SARA) einstellt, da bei einem hohen Stärkegehalt in der Ration auch die (Grob-)Futteraufnahme sinkt. Eine „scharfe“ Ration (viel Zucker und Stärke) löst oftmals auch Entzündungen im Organismus aus. So wurden unlängst erst bei Kühen, denen eine Frischmelkerration mit 27% Stärke vorgelegt wurde, deutliche höhere Entzündungsparameter (unter anderem LPS, Haptoglobin) gemessen als bei Kühen, die eine Ration mit nur 21% Stärke erhielten. Durch einen „hohen“ Gehalt an effektiver Faser lässt sich die Entstehung einer subklinischen Azidose deutlich eindämmen.
Fütterungsexperten der Cornell Universität stellen sich vor diesem Hintergrund die Frage, wie viel Faserbestandteile den Kühen mindestens gefüttert werden sollte, damit der Pansen nicht zu stark versauert. Unlängst erst konnte nachgewiesen werden, dass Kühe rund 10,7% uNDF240 (unverdauliche NDF) in der Trockenmasse bzw. 0,36% ihres Lebendgewichtes benötigen. Allerdings beruhen diese Annahmen nur auf wenigen Daten. Zur Absicherung der Hypothese wurden deshalb zwei Fütterungsversuche an der Cornell Universität durchgeführt. Sarah LaCount stellte die gerade abgeschlossenen Studien vor.
Versuch 1: 21% oder 25% peNDF?
Im ersten Versuch (56 Kühe) wurden den Frischlaktierern eine „faserarme“ Ration (LF; 9,5 uNDF240 bzw. 21,4% peNDF) sowie eine „faserreiche“ Futtermischung (HF; 12,2 uNDF240 bzw. 25,0% peNDF) vorgelegt. Beide Rationen enthielten knapp 25,0% Stärke, 4,0% Zucker und 3,3% Fett. Während der vorangegangenen Anfütterungsperiode erhielten alle Kühe eine TMR mit 12,8 uNDF240 bzw. 33,3% peNDF.
Ergebnis: Die faserärmer versorgten Kühe (LF) haben 23,6 kg Trockenmasse täglich aufgenommen und somit 1,4 kg mehr als die Kühe, die mit der HF-Ration gefüttert wurden. Allerdings zeigten sich keine Unterschiede bei der Wiederkauaktivität und auch nicht bei der Milchleistung (kg FCM).
Im Blut der faserreich gefütterten Kühe (HF) wurden signifikant höhere BHBA- und NEFA- und geringere Glukose-Werte gemessen. Die höheren Konzentrationen deuten auf eine deutliche ausgeprägtere Stoffwechselbelastung bei höheren Faseranteilen hin.
Nachdem die Kuhgruppen getauscht wurden (die HF-Gruppe erhielt die LF-Ration und umgekehrt), pendelten sich bei den zuvor faserreich gefütterten Kühen die Werte entsprechend ein. Die Fütterungsexperten schließen aus den Ergebnissen, dass frischlaktierende Kühe mit 0,35% uNDF240 ihres Lebendgewichtes versorgt werden sollten (umgerechnet 9,5 bis 11% in der TM). Ein höherer Fasergehalt in der Ration begrenzt nur die Futteraufnahme.
Versuch 2: Hochverdauliche Maissilage
Im zweiten Versuch (85 Kühe) wurde eine hochverdauliche Brown Midrib Maissilage (BMR) gegen eine „normale“ Silage getestet. Die BMR-Silage zeichnet sich durch eine höhere Verdaulichkeit (30 h) und einen geringeren uNDF240-Gehalt aus. Die Futtermischungen, die vom 28. Tag vor der Kalbung bis zum 43. Laktationstag gefüttert wurden, enthielten rund 51% Maissilage. Vor dem Abkalben wurde die Ration mit 23% (TM) Stroh gestreckt.
Ergebnis: Die mit der BMR-Maissilage gefütterten Kühe haben sowohl vor der Kalbung (+0,7 kg) als auch noch danach (+0,3 kg) mehr Trockenmasse aufgenommen. Die Milchleistung fiel in der BMR-Fütterungsgruppe um 2,5 kg höher, die NEFA- und BHBA-Werte niedriger aus. Das deutet auf eine geringere Stoffwechselbelastung hin, trotz höherer Milchleistung.
Fazit: Dem Anteil der unverdaulichen NDF (uNDF240) kommt eine wichtige Rolle bei der Regulation der Futteraufnahme bei Milchkühen zu Laktationsbeginn zu (Versuch 1). Zudem lassen sich durch die Integration von Futtermitteln mit einer hohen NDF-Verdaulichkeit (z. B. BMR-Maissilage) hohe Milchleistungen besser ausfüttern (Versuch 2). Es erscheint sinnvoll, bei der Rationskalkulation in erster Linie nicht mehr nur auf die Energiedichte zu achten, sondern auch weitere Parameter einzubeziehen (u.a. Verdaulichkeit und Anteil im Pansen fermentierbarer Kohlenhydrate).