Bei Hitzestress wird der Blutfluss umgeleitet, weg von den inneren Organen, hin zur Haut.
Milchkühe, die Hitzestress ausgesetzt sind, geben nachweislich weniger Milch. Allgemein wird unterstellt, dass der Leistungsabfall auf der verringerten...
Bei Hitzestress wird der Blutfluss umgeleitet, weg von den inneren Organen, hin zur Haut.
Milchkühe, die Hitzestress ausgesetzt sind, geben nachweislich weniger Milch. Allgemein wird unterstellt, dass der Leistungsabfall auf der verringerten Trockenmasseaufnahme der Tiere beruht. Denn bei zunehmender Hitzebelastung (steigendem THI, siehe auch Seite 25), sinkt die Futteraufnahme. Seit Kurzem ist jedoch bekannt, dass sich nur etwa 50% des Leistungsrückgangs auf die geringere Futteraufnahme zurückführen lassen, so Lance Baumgard von der Iowa State University (USA).
In kürzlich durchgeführten Fütterungsversuchen wurde ein Teil der Kühe Hitzestress ausgesetzt, während die übrigen Tiere gleichzeitig auf Diät gesetzt wurden (ca. 30% Futterentzug), d.h. ihnen wurde die gleiche TMR-Menge gefüttert, die auch die hitzegestressten Kühe aufgenommen haben. Ergebnis: Die Milchleistung der hitzegestressten Kühe ist deutlich geringer ausgefallen (-45% bei Hitzestress im Vergleich zu -19% bei „Diät“). Das lässt darauf schließen, dass es noch weitere „Mechanismen“ geben muss, die im Fall von Hitzestress zum Absinken der Milchleistung führen.
Wie sich herausstellte, gaben die hitzegestressten Kühe täglich etwa 400 g weniger Laktose ab als ihre auf Diät gesetzten Stallgefährtinnen. Wie kann das sein?
Die zunehmende Hitze-Belastung (steigender Temperatur-Luftfeuchtigkeits-Index, THI, S. 25), führt zu einem Anstieg der Insulinkonzentration im Blut der Kuh. Ein hoher Insulinpegel wiederum führt dazu, dass die Kuh weniger Depotfett einschmilzt, ihr steht also weniger Energie zur Verfügung. Letztlich signalisiert der Organismus: Vorsicht, das „Benzin“ wird knapp, bitte weniger stark aufs Gaspedal treten, langsamer fahren! Die Kuh bremst sich also quasi selber aus (Milchleistung sinkt).
Wieso Hitzestress den endokrinen Stoffwechsel derart heftig beeinflusst, ist noch nicht vollständig erforscht, so Baumgard. Sicher scheint jedoch zu sein, dass durch einen zunehmenden Hitzestress der Blutfluss etwas umgeleitet wird, weg von den inneren Organen, hin zur Haut. Das scheint den Zellen im Verdauungstrakt gar nicht zu gefallen, sie reagieren sehr empfindlich auf eine veränderte Blutzirkulation. Auswirkungen hat dies u.a. auch auf die Schutzfunktion (Barriere) des Darms, sie wird löchrig. Lipopolysaccharide (LPS bzw. Mykotoxine), die unter Hitzestress vermehrt freigesetzt werden, können so auch vermehrt die Darmschranke passieren. Gleiches gilt auch für weniger bösartige Bakterien, auch sie gelangen leichter ins Blut. Ein Anstieg der LPS-Konzentration im Blut wiederum begünstigt die Produktion von Insulin, fordert aber auch das Immunsystem heraus (Entzündungsreaktion). Entzündliche Prozesse weisen einen erhöhten Glukosestoffwechsel auf, der Kuh fehlt so letztlich die Glukose zur Milchproduktion.
Bleibt festzuhalten: Hitzestress führt zur Schädigung des Immunsystems der Kuh und zu einem erhöhten Glukosestoffwechsel. Beides resultiert in einem (nachhaltigen) Absinken der Milchleistung. Um diese negativen Effekte abzumildern, empfiehlt der Wissenschaftler in der täglichen Fütterung auf die Zufuhr ausreichender Mengen Antioxidantien zu achten. Empfehlenswert sei u.a. die Fütterung von Hefen, Aminosäuren-Zink-Präparaten, Mykotoxinbindern und das Spezialfuttermittel Omnigen-AF (siehe Elite 2/17, Seite 40).