Leistungseinbußen durch Überbelegung haben Herwig Bülau dazu bewogen, in die Frischlaktierenden zu investieren: Im neuen Repro-Stall sind Transitkühe, Abkalber und Frischmelker übersichtlich aufgestallt. Das erleichtert das Management und hilft, die Herdenleistung wieder zu steigern.
Die frischmelkenden Kühe sind mir in dem...
Leistungseinbußen durch Überbelegung haben Herwig Bülau dazu bewogen, in die Frischlaktierenden zu investieren: Im neuen Repro-Stall sind Transitkühe, Abkalber und Frischmelker übersichtlich aufgestallt. Das erleichtert das Management und hilft, die Herdenleistung wieder zu steigern.
Die frischmelkenden Kühe sind mir in dem überbelegten Stall einfach zu schnell ‚untergegangen‘. Als die Leistung von über 11.000 kg abgelieferter Milch um fast 700 kg runter rauschte, war das ein klares Signal der Herde an uns!“ Herwig Bülau nennt den Hauptgrund für die Entscheidung einen Stall nur für die Kühe rund um die Abkalbung und die Frischlaktierenden zu bauen. In dem neuen Repro-Stall tummeln sich jetzt Transitkühe, Abkalber und die frischabgekalbten Kühe in der Tiefstreu. Direkt daran angrenzend sind in einem zweireihigen Laufstallbereich die Frischmelkenden bis zum 60./70. Laktationstag aufgestallt. Das Kuh/Fress- und Liegeplatz-Verhältnis liegt bei 1 : 1 (Übersicht 2). „Jetzt haben wir alle Kühe in der kritischen Phase bis zur ersten Besamung unter einem Dach, das ist sehr übersichtlich. Die Trennung der frischen und der tragend melkenden Kühe erleichtert das Management wesentlich. Die Kühe profitieren davon“, schätzt der Betriebsleiter die Vorteile des Neubaus. „Rein wirtschaftlich gesehen rechnen sich die vergleichsweise teuren Kuhplätze im Repro-Stall zunächst nicht. In der Betriebsentwicklung ist es kurzfristig ein Schritt zur Seite und nicht nach vorn. 80 ‚normale‘ Kuhplätze hätten sich natürlich schneller bezahlt gemacht!“, weiß Bülau, „Doch für die Herdengesundheit und die weitere Entwicklung des Betriebes war das schlicht der nächste logische Schritt. Wir wollen weiterhin kontinuierlich wachsen.“
1 : 1 im Repro-Stall
„Zurück zu den 11.000 kg Milchleistung“, das ist das Bülau‘sche Ziel für die nächste Zeit. Der neue Repro-Stall soll das Fundament dafür bilden. Die Überbelegung ist etwas entschärft und vor allem die Aufstallung für die Frischmelkenden ist optimiert. Das Konzept für den Stall hat Herwig Bülau selbst entwickelt. Wichtigster Punkt sei die Wahl der zweireihigen Bauweise gewesen: „Damit lässt sich konsequenter einer Überbelegung vorbeugen. So schnell denkt man: „Ach zwei Kühe mehr, das fällt ja nicht ins Gewicht“. Doch gerade für die Frischlaktierenden wollen wir jetzt ganz klar das 1 : 1 -Verhältnis für Liege- und Fressplätze einhalten. 48 Boxen für 48 Kühe!“
Die Kühe sollen ihr Leistungspotenzial bestmöglich ausschöpfen können. Dass diese Rechnung aufgeht hat sich schnell nach dem Einzug in den Neubau gezeigt. „Vor allem die Färsen profitieren unheimlich von diesem Freiraum. Sie schaffen alle die 10.000 kg mit einer sehr schönen Persistenz. Sie setzen sich gut gegen die Altkühe durch.“ Da es im Betrieb keine eigene Färsengruppe gibt, ist Bülau der Platz für die rangniederen Jungkühe umso wichtiger.
Mehr Ruhe beim Fressen
Eine Besonderheit des Stalles sind die 1,65 m langen erhöhten Antritte am Futtertisch. Diese Lösung hat Herwig Bülau im Versuchsstall des ZTT Iden (Zentrum für Tierhaltung und Technik in Sachsen-Anhalt) überzeugt. „Die Klauen und Beine sind dadurch auf planbefestigten Laufflächen erheblich sauberer“, begründet er. Die Entmistung läuft zwar oft, doch auch bei diesem kurzen Intervall sind die geschobenen Güllemengen groß genug, dass beim Hineintreten die gesamte Klaue schmutzig ist. „Wir haben wenig Probleme mit Mortellaro, ein Vorteil der sauberen Böden. Auch im alten Stall schieben wir die Spaltenböden zweimal täglich ab.“ Die Länge des Antritts von 1,65 m sei gut, könne aber auch 5 cm kürzer sein.
Für eine weitgehend ungestörte Futteraufnahme sorgen im gesamten Repro-Stall Fressplatzbegrenzungen. Die einfachen U-Bügel sind nach jedem zweiten Fressplatz montiert. Bülau ist mit dieser Platzierung sehr zufrieden, es bringe zusätzlich zum 1 : 1-Verhältnis unheimlich viel Ruhe in die Futteraufnahme. Zudem sei bei einer Fressplatzbreite von 80 cm der Doppelplatz noch schmal genug, sodass sich die Kühe nicht quer reinstellen können.
Abkalbung in der Gruppe
Von den durchschnittlich sechs Wochen Trockenstehzeit (Trockenstellen mit weniger als 22 bis 20 kg Milch) verbringen die Kühe die letzten zwei Wochen in dem Tiefstreu-Bereich. Die zweiwöchige Transitphase hat sich bei den Bülaus bewährt: „Die Frischabkalber kommen dann einfach besser zurecht, als nach drei Wochen im Transit-Bereich.“ Die Tiefstreufläche kann in mehrere Gruppen unterteilt werden. Klar getrennt sind Frischabgekalbte und Transitkühe.
Abgekalbt wird in der Transitkuhgruppe, kalbende Kühe können durch Gatter von den anderen abgetrennt werden. Damit die Kühe möglichst sauber bleiben, wird die Fläche zweimal täglich eingestreut.
„Wir haben den eingestreuten Bereich, anders als zunächst geplant, direkt bis an die Fressplätze herangezogen. Wackelige Kühe brauchen sich so nicht mit der Entmistung auseinandersetzen wenn sie Fressen gehen. Die tiefe Einstreu gibt ihnen auch einen besseren Halt,“ beschreibt Herwig Bülau, wie er auf die Bedürfnisse der Kühe eingeht.
Nach der Kalbung gibt es für alle Kühe einen Energie-Trunk in dem ein Calcium-Boli mit aufgelöst ist. Die Abkalber werden nur speziell kontrolliert und versorgt (Fieber messen, Calcium- oder Glucoseinfusion), wenn sie nicht fit sind. Je nach Anzahl der zur Abkalbung anstehenden Kühe, heißt es dann für die Strohkühe: nachrücken in den Laufstallbereich.
Spätestens am 70. Tag geht’s raus
Im Laufstallbereich bleiben die frischmelkenden Kühe und Färsen bis zum 60. bis 70. Laktationstag. In der Regel sind sie dann das erste Mal besamt. „Die Aufstallung im Zweireiher erleichtert die Brunstbeobachtung. Zusätzlich nutzen wir eine Aktivitätsmessung,“ erklärt der Betriebsleiter. Die Besamung findet im Selektionsbereich statt, auch dieser liegt im Repro-Stall, am Ende der Treibeachse (siehe Übersicht 2). Dort stehen sieben Fressgitterplätze zur Verfügung. Diese können, nachdem die selektierten Kühe versorgt sind, mit für die Repro-Stall-Kühe genutzt werden. An diesen Fressplätzen gibt es keinen Sockel, damit die Kühe für Besamungen oder zur Untersuchung nicht zu hoch stehen. Die Trächtigkeitsuntersuchung erfolgt ab dem 35. Tag und ist alle zwei Wochen fest terminiert.
Alle Bülau‘schen Kühe haben Tiefboxen. Mit einer Breite von 1,20 m sind sie im Repro-Stall als Kompromiss für die frischlaktierenden Kühe und Färsen dimensioniert. Die Liegeboxen werden zweimal pro Woche mit einen Kalkstroh-Gemisch eingestreut.
Dass es genau 48 Kuhplätze im Laufstallbereich des Repro-Stalls geworden sind hat einen Grund. So sind es genau zwei Durchgänge im 24er-Swingover, das erleichtert das Umtreiben. Der Melkstand mit dem angegliederten Vorwartehof liegt zwischen dem alten Kuhstall und dem neuen Repro-Stall (Übersicht 2). Da die frischabgekalbten Kühe auf einer Höhe mit dem Melkstand stehen, brauchen sie nur wenige Meter bis zum Melken laufen. Der Vorwartehof ist bisher nicht überdacht, denn „Die Kühe können so auch mal schön abregnen, das tut ihnen gut und hält sie sauber“, erklärt Bülau „Nachteilig sind dabei die größeren Güllemengen. Wir überlegen, ob wir für die Wintermonate eine Dachkonstruktion bauen.“
So wenig Umstellungen wie möglich
„Beim Gruppenwechsel achten wir immer darauf, dass wir mehrere Kühe zusammen nachrücken lassen“, beschreibt der Betriebsleiter das Vorgehen beim Umstallen. „Grundsätzlich möchte ich für die Tiere so wenig Umstellungen wie möglich, doch irgendwann müssen die Wechsel einfach sein. Ein Nachteil ist natürlich, dass die Kühe genau dann aus dem Repro-Stall wechseln müssen, wenn sie ihre höchste Leistung bringen.“ Der Stress des Gruppenwechsels bezieht sich im Betrieb allerdings nur auf die Eingliederung in die neue Rangordnung und nicht auf die Futterumstellung, zumindest bei den laktierenden Kühen. Denn diese bekommen eine einheitliche Basisration für 29 bis 30 kg Milch.
Darüber hinaus wird den Kühen individuell, je nach Milchleistung, Kraftfutter zugeteilt – Herwig Bülau schwört auf die klassische Kraftfutterstation. „Sie ermöglichen eben den Vorteil des leistungsgerechten Ausfütterns ohne Rationswechsel. Die Milch geht nach dem Gruppenwechsel nicht runter und die Kondition der Herde ändert sich kaum,“ kommentiert er den Einsatz der Automaten. Gefüttert wird ein 24/4er MLF mit einer täglich Menge von max. 2,5 kg pro Kuh sowie ein 21/4er mit pansengeschützem Raps und Fett, von dem nicht mehr als 1,5 kg pro Kuh und Tag zugeteilt werden. Der durchschnittliche Kraftfutteraufwand liegt bei 220 bis 230 g/kg Milch. Auch bei den Futterkomponenten wird auf eine möglichst einheitliche Qualität geachtet. Für die Grassilage, die an melkende und Transit-Kühe gefüttert wird, werden erster bis dritter Schnitt übereinander gefahren. Um die Silagequalität bestmöglich zu halten, wird zu jedem Schnitt Siliermittel eingesetzt. Die maisbetonte (10 kg TM) Basis-Ration wird den melkenden Kühen einmal täglich nachmittags vorgelegt.
Die Frühtrockensteher und die Rinder erhalten jeden zweiten Tag ihre Ration aus dem vierten und fünften Schnitt Grassilage, etwas Mais und 1,5 kg Häckselstroh. Die Transitkühe erhalten eine spezielle Vorrats-TMR mit Monocalciumphosphat. Diese wird mit Propionsäure konserviert und für etwa drei Wochen angelegt. Das Füttern wird in der Regel von Bülaus Schwiegervater Gerhard und den beiden Auszubildenden übernommen. Wenn Probleme auftreten, setzen sich Betriebsleiter, Futterberater und Hoftierarzt auch schon mal zusammen. „Es gibt ganz andere Lösungsansätze, wenn man zu dritt, jeder mit einem anderen Blickwinkel, überlegt, wo die Ursachen liegen könnten“, schätzt Herwig Bülau diese Möglichkeit. „Abends nach dem Melken verteilen wir bei allen Kühen eine dünne Schicht Heu über die TMR. So dreht man noch eine abschließende Runde, sieht welche Kühe nicht zum Fressen kommen und welche anfangen zu bullen,“ gibt er noch preis.
Dreimal Melken wäre besser …
… doch für einen Familienbetrieb kaum zu verkraften. „Um über die 11.000 kg Milch hinaus zu kommen, würde sich das dreimalige Melken anbieten. Bei dem aktuellen Arbeitskraftbesatz kommt das aber für uns nicht in Frage. Vielleicht in Zukunft. Irgendwann müssen wir eine weitere Person im Stall einstellen, die mich im Notfall auch ersetzen kann,“ blickt Herwig Bülau voraus. Seinen Ideenfundus für Modernisierung und Optimierung im Betrieb nährt er vor allem aus Besuchen auf Praxisbetrieben. „Durch die Mitarbeit im Arbeitkreis komme ich recht viel rum. Einiges habe ich sicherlich 2007 auch aus einem Seminar in Wisconsin mitgebracht – damals haben wir als erstes die Ventilatoren im alten Stall nachgerüstet.“ Im besagten alten Stall hat der Neubau zwar für etwas Entlastung gesorgt, trotzdem ist er noch überbelegt (120 Boxen, 140 Kühe, 16 %). Um dem entgegen zu wirken steht in den nächsten Wochen ein Anbau für 16 weitere Kuhplätze am alten Boxenlaufstall (2006) an. Ein weiterer Zukunftsgedanke ist, die Färsenaufzucht auszulagern, dadurch würden 80 Kuhplätze hinzukommen. Der Betrieb der Bülaus wächst also kontinuierlich weiter – qualitativ wie auch quantitativ.K. Berkemeier