Wir bilden aus, damit wir in Zukunft auf vernünftige Fachkräfte zurückgreifen können. Denn als billige Arbeiter sind Azubis defintiv zu teuer!“ Geschäftsführer Klaus Schönfeldt findet klare Worte, wenn es um seine Leidenschaft geht. In der Quellendorfer Landwirte GbR in Sachsen-Anhalt wird gute Ausbildung groß geschrieben. Insgesamt lernen...
Wir bilden aus, damit wir in Zukunft auf vernünftige Fachkräfte zurückgreifen können. Denn als billige Arbeiter sind Azubis defintiv zu teuer!“ Geschäftsführer Klaus Schönfeldt findet klare Worte, wenn es um seine Leidenschaft geht. In der Quellendorfer Landwirte GbR in Sachsen-Anhalt wird gute Ausbildung groß geschrieben. Insgesamt lernen derzeit acht Auszubildende auf dem Betrieb die Berufe Land- und Tierwirt. „Ausbildung funktioniert bei uns im Team“, erklärt Schönfeldt. Ein durchdachtes Konzept zieht sich hier durch das Ausbildungsjahr. Gute Leistungen durch Weiterbildung und leistungsabhängige EntlohnungMit 1.000 Kühen erreicht die Quellendorfer Landwirte GbR eine Milchleistung von 9.600 kg Milch pro Kuh in der Milchkontrolle, bei einer Zellzahl von etwa 180.000/ml. Damit dieses Ergebnis auch dauerhaft erreicht wird, setzen Schönfeldt und Herdenmanagerin Ilona Härtling auf ein gutes Arbeitsklima unter den 22 Beschäftigen im Tierbereich. Standardarbeitsanweisungen (SOPs) beschreiben Arbeiten wie „Kälber tränken“ oder „Liegeboxen einstreuen“. Ein Servicevertrag mit dem LKV ermöglicht jährliche Melkerschulungen. Dabei geht es um fachgerechtes Melken, Kenntnisse über den Aufbau des Euters und Krankheiten wie Mastitis sowie die richtigen Behandlungen. Die Mitarbeiter erhalten 40 % ihres Lohnes leistungsabhängig nur dann, wenn bestimmte Kennzahlen eingehalten werden. Für die Melker sind dies beispielsweise die Zellzahl, die Anzahl verkaufter Kälber (Fruchtbarkeit) sowie die Milchmenge, für die Herdenmanagerin gelten einige Parameter mehr. Auszubildende verdienen entsprechend der Ausbildungsvergütung. Wer in der Schule einen Notendurchschnitt von mindestens 2,5 erreicht, erhält als geldwerte Leistung monatlich einen Tankgutschein. Am Ende des Jahres wird allen Mitarbeitern abhängig vom Betriebsergebnis eine Prämie ausgeschüttet.Ausbildung im Schichtsystem„Geregelte Arbeitszeiten tun ein Übriges zur Motivation. Unsere Leute müssen sich darauf verlassen können, dass sie die meiste Zeit pünktlich nach Hause kommen“, ist Klaus Schönfeldt überzeugt. Daher nutzt er die Tierzahl, um ein klares Schichtsystem für seine Mitarbeiter aufzubauen. „Ich optimiere, indem ich Technik und Arbeitskräfte bestmöglich auslaste und so die Arbeitsproduktivität verbessere.“ Vom festen Schichtsystem profitieren auch die Azubis. Sie werden nach Bedarf den Schichten als Melker, Treiber oder Kälberpfleger zugeteilt. In der Tagesschicht der Herdenmanagerin erlernen sie das Fruchtbarkeitsmanagement und die Fütterung. So bleibt die Arbeitszeit im Rahmen. Ein betrieblicher Ausbildungsplan regelt grob, was die Auszubildenden über’s Jahr verteilt lernen sollen. „In Betrieben mit unserer Struktur ist es eher unüblich, dass Lehrlinge den Ausbildungsbetrieb wechseln. Die Tierwirte werden das ganze Jahr im Stall eingesetzt, die Landwirte unterstützen uns von November bis März“, erklärt der Geschäftsführer. Auszubildende von außerhalb wohnen in einer eigens angemieteten Wohnung.Planvolle PrüfungsvorbereitungUm die Jugendlichen noch besser auf die Prüfungen vorzubereiten, haben sie gemeinsam mit dem Land und der Hochschule Sachsen-Anhalt sowie Mitteln der EU ein Pilotprojekt ins Leben gerufen: Bei einer betriebsübergreifenden Lehrunterweisung bringt ein Ausbilder den Lehrlingen aus mehreren Betrieben Prüfungsthemen wie Kuhbeurteilung oder Rationsberechnung näher. Ilona Härtling ist selbst gemeinsam mit einem Kollegen aus der Pflanzenproduktion in der Prüfungskommission aktiv und weiß um die Vorteile dieser Methode: „Ein Ausbilder kann sich gezielt auf die neunzigminütige Lehreinheit vorbereiten. Im Betrieb ist oft nicht die Zeit, sich intensiv mit einem Thema zu beschäftigen. So verbessern wir die Qualität der Lehre und die Auszubildenden lernen effizient alles Nötige, um die Prüfung zu bestehen.“ Schönfeldt und Härtling sind so begeistert von dem Konzept, dass sie in Zukunft noch mehr Themen in Kooperation mit anderen Betrieben behandeln möchten. Azubis durch Öffentlichkeitsarbeit„Wir haben Schwierigkeiten, gute Azubis zu bekommen. Es gibt weniger junge Leute. Jugendliche mit Abitur beginnen lieber ein Studium als eine Ausbildung, weil es höhere Verdienstmöglichkeiten verspricht“, klagt Klaus Schönfeldt. Doch er weiß auch Rat: „Wir beginnen sehr früh damit, uns vorzustellen und für uns zu werben.“ Der Betrieb unterhält Kooperationsverträge mit vier umliegenden Schulen. Ab der fünften Klasse gibt es Stallrundgänge für Lehrer und Schüler, in der siebten und achten Klasse stehen Praxistage im Unternehmen an, später Betriebspraktika. Im Sommer schreibt Schönfeldt bezahlte Ferienarbeit aus. Alle zwei Jahre organisiert der Betrieb ein Hoffest mit Tierschau, bei der die Auszubildenden Tiere in Eigenregie vorbereiten und vorführen. Jede Auszeichnung ist für ihn ein Grund, die lokale Presse einzuladen. Die Besuche von Fernseh- und Zeitungsreportern fräßen zwar Arbeitszeit, doch diese sei gut investiert. Nur wenn der Betrieb bekannt sei, erhalte man interessante Initiativbewerbungen. Offene Stellen schreibt Schönfeldt bei Azubi.de und beim Arbeitsamt aus. Der Betrieb stellt sich außerdem bei örtlichen Ausbildungsmessen vor. Interessierte Jugendliche müssen eine schriftliche Bewerbung einreichen. Falls nicht ausschließlich Vierer und Fünfer auf dem Zeugnis stehen und der Lebenslauf vielleicht sogar eine Verbindung zur Landwirtschaft aufzeigt, lädt Schönfeldt die Bewerber zum Vorstellungsgespräch ein. Das Interesse testet er mit Fragen wie: „Kennst du einige Schleppermarken?“, „Wie schwer ist eine Kuh oder ein Kalb bei der Geburt?“ oder „Wer ist derzeit unser Bundeskanzler, unser Bundespräsident und der Landwirtschaftsminister?“ Wer sich für Landwirtschaft interessiert, sollte auch im Alltag bei dem Thema aufmerken, zumal die Jugendlichen später im laufenden Betrieb auf aktives Nachfragen angewiesen sind. Gibt es zudem Vorkenntnisse, bietet Klaus Schönfeldt dem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz an. Ohne praktische Kenntnisse vereinbart er zunächst einen Praxistag und entscheidet dann. Ausbildungsbetrieb des JahresDie Stellenausschreibung findet ab September/Oktober statt, Verträge unterschreibt Schönfeldt ab Dezember. „Man muss sich gute Leute sichern.“ In manchen Jahren kommt es vor, dass Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, in anderen stellt der Betrieb vier statt üblicherweise zwei Lehrlingen ein. Und dieses Engagement zahlt sich aus. „Natürlich gibt es trotz sorgfältiger Auswahl immer wieder Azubis, welche die Erwartungen nicht erfüllen. Doch meistens geht es gut – dieses Jahr stellen wir sogar den Landessieger im Berufswettbewerb der Tierwirte!“ Zudem wurde der Betrieb sowohl 2012 als auch 2013 als Ausbildungsbetrieb des Jahres ausgezeichnet. Und was geschieht, wenn es mal hakt? „Wir versuchen, durch einen engen Kontakt zu den Jugendlichen eine Atmosphäre aufzubauen, in der sie Sorgen loswerden, wir aber auch einmal einen Rüffel verteilen können.“ Man begleite sie schließlich auf einem gewissen Reifungsprozess: Sie kommen als Kinder und schließen die Ausbildung als Erwachsene ab. Obwohl der Betrieb über Bedarf ausbildet, werden gute Auszubildende übernommen. Und selbst solche, die den Betrieb erst einmal verlassen, bleiben als „Netzwerk“ bestehen und kommen vielleicht später zurück. „Ungelernte Kräfte müssten wir ebenso anleiten und ausbilden. Bei manchen Tätigkeiten geht das, aber nachhaltiger ist die Ausbildung. Je mehr die Leute können, desto flexibler können wir sie einsetzen“, sind Schönfeldt und Härtling überzeugt. Klaus Schönfeldt fasst seine Tipps für Berufskollegen zum Thema Ausbildung zusammen. „Beginnen Sie frühzeitig mit der Werbung und bieten Sie einen modernen Arbeitsplatz an. Dazu gehört auch Teamarbeit: Gliedern Sie Auszubildende ins Team ein und lassen Sie sie anspruchsvolle Aufgaben übernehmen.“C. Stöcker