Auf dem Milchviehbetrieb von Familie Krebbers gibt es keine Arbeitsabläufe, die nicht bis ins Kleinste durchdacht wurden. Das „Drehen“ an Stellschrauben gehört zum Alltag.
Eine Wasserpfütze erstreckt sich über den Boden des halben Raums, in dem die vier Melkroboter untergebracht sind. Johannes Krebbers stutzt: „Das Wasser gehört hier...
Auf dem Milchviehbetrieb von Familie Krebbers gibt es keine Arbeitsabläufe, die nicht bis ins Kleinste durchdacht wurden. Das „Drehen“ an Stellschrauben gehört zum Alltag.
Eine Wasserpfütze erstreckt sich über den Boden des halben Raums, in dem die vier Melkroboter untergebracht sind. Johannes Krebbers stutzt: „Das Wasser gehört hier nicht hin.“ Er bückt sich, sein Blick fällt sofort auf den abgerissenen Schlauch der Roboterreinigung.
„Aufmerksam sein, nach Einsparpotenzial suchen. Wo lässt sich Arbeitszeit einsparen? Wie können Arbeitsabläufe optimiert werden? Ich versuche unseren Auszubildenden zu vermitteln, wie wichtig es ist, sich und seine Arbeit immer wieder zu hinterfragen“, erklärt Johannes Krebbers. Wie erfolgreich er und sein Sohn Clemens mit ihrer Strategie sind, lässt sich u. a. an den Leistungskennzahlen der Herde erkennen: Die ca. 600 Milchkühe melken derzeit 10.235 kg Milch und erreichen eine Lebensleistung von knapp 30.000 kg.
Gemolken werden die Kühe auf dem Milchviehbetrieb seit dem Jahr 2011 von acht Melkrobotern. Bei der ersten Planung des neu errichteten Boxenlaufstalls dachten Johannes und Clemens Krebbers noch an ein 32er Innenmelker-Karussell. „Wir haben früher dreimal täglich gemolken. Als Weihnachten 2009 dann ein Mitarbeiter im Urlaub war und zwei weitere plötzlich krank wurden, gingen wir auf dem Zahnfleisch. Wir sind gerne Milchviehhalter, aber wir wollen uns nicht zu den Sklaven unserer Kühe machen“, erläutert Krebbers Senior den Entschluss, in automatische Melktechnik zu investieren. In den acht Melkrobotern wird nur die Milch der Kühe gemolken, die verkaufsfähige Milch geben. Die Frischmelker und die behandelten Kühe sind im alten Stall untergebracht, dort werden sie im Melkstand zweimal täglich gemolken.
„Dadurch, dass wir die Frischmelker und die behandelten Kühe nicht am Roboter laufen haben, können wir die Roboter hoch auslasten.“ So schaffen sechs der acht Melkroboter täglich 2.300 kg Milch. In der Gruppe der niederleistenden Kühe ermelken zwei Roboter jeweils 1.600 kg Milch.
Donnerstags wird umgestallt
Alle Arbeitsprozesse sind auf dem Milchkuhbetrieb strikt getaktet. So wird z. B. in den Trockensteherbereich oder von der Frischmelker- in die Hochleistungsgruppe immer am Donnerstag umgestallt. „Auch die Färsen gewöhnen wir am Donnerstag ein. Bis zur Wochenendschicht sind die jungen Tiere dann schon gut an den Roboter gewöhnt. So ist es für die Personen, die am Wochenende arbeiten, einfacher.“ Die behandelten Kühe werden ebenfalls donnerstags wieder in die Herde eingegliedert. Ist die Milch schon vorher wieder verkehrsfähig, wird sie im Melkstand in einen Tank gemolken. Ob auch zukünftig donnerstags umgestallt wird, da sind sich Vater und Sohn nicht ganz sicher. „Es gibt so viele Feiertage, die auf einen Donnerstag fallen. Bei jedem Feiertag kommen wir aus unserem Rhythmus. Das gefällt mir nicht so gut“, erklärt Krebbers Senior seine Überlegungen.
Auch über den Arbeitsablauf beim Umstallen hat sich das Duo Gedanken gemacht. So sind über den ganzen Hof Tore und Absperrungen verteilt. Mit wenigen Handgriffen lassen sich die Tore schließen. So entstehen Laufkorridore zwischen allen Ställen.
Jeweils vier der acht Melkroboter (VMS) sind auf einer Stallseite angeordnet. Zwischen den Robotern befindet sich ein sehr großzügig angelegter Roboterraum. „Die VMS sind so angeordnet, dass wir sauberen Fußes, also nicht über Spalten, zu den Robotern gelangen können. Auch auf die Größe der Roboterräume haben wir Wert gelegt. Für Wartungsarbeiten oder das Anmelken braucht man einfach Platz.“ Die großzügig dimensionierten Räume erleichtern den Mitarbeitern auch die Reinigung. Selbstverständlich, dass auch der Arbeitsablauf „Reinigen“ bei den Krebbers strukturiert ist: Die Roboter 1 bis 4 werden jeweils von Montag bis Donnerstag mit dem Hochdruckreiniger gesäubert. Am Freitag wird dann der Boden in Roboterraum 1 gereinigt, anschließend in Roboterraum 2. In der nachfolgenden Woche werden die VMS 5 bis 8 von Montag bis Donnerstag abgespritzt, usw. Durch dieses stringente Reinigungsintervall, so Krebbers Senior, geht er sicher, dass alle Melk-roboter wirklich regelmäßig gesäubert werden.
Dreimal täglich wird gefüttert
Ein Berg Futter türmt sich vor den wiederkauenden Kühen in der Hochleistungsgruppe auf. Nur ab und zu schlägt klackernd ein Fressgitter zu. Die Fress-plätze sind am frühen Nachmittag gerade mal zur Hälfte belegt.
Krebbers ist es wichtig, dass die Kühe immer viel und frisches Futter vorliegen haben, so konkurrieren sie nicht um die Fressplätze. Deshalb werden die hochleistenden Kühe, zumindest derzeit, dreimal täglich, die niedrigleistenden zweimal täglich gefüttert. Die Azubis schieben zusätzlich noch sechs Mal am Tag das Futter ran. „Wir sind uns aber noch nicht sicher, ob wir das intensive Fütterungsintervall beibehalten.“ Die Fütterung der Kuhherde ist das Steckenpferd von Johannes Krebbers. „Nach der Umstellung auf das automatische Melken, habe ich meinem Sohn angeboten mich um die Fütterung zu kümmern.“ Insgesamt mischt Krebbers sechs Rationen für: die Hochleistenden, Niedrigleistenden, Frischmelker, Trockensteher und die Vorbereiter. Auch die Färsengruppe erhält eine an ihre Bedürfnisse angepasste Ration. „Am Futtertisch versuchen wir nahezu eine Totale Mischration zu füttern. Am Roboter erhalten die Kühe im Durchschnitt 2,7 kg Kraftfutter. Die hochleistenden Kühe bekommen maximal 5,0 kg.“ Das klappt u. a. auch, weil Krebbers mit einem Feed-First-System arbeitet.
Auf die Frage, warum er trotz Roboter so viele Leistungsgruppen füttert, lacht der Senior. „Ich habe einfach kein Geld zu verschenken. Nur bei bedarfsgerechter Fütterung behalte ich die Kosten im Griff.“
Getränkt wird mit dem Milchtaxi
Stroh wirbelt durch die Luft. Mit einer Forke nimmt ein Mitarbeiter das Stroh auf und schüttelt es mit kräftigen Bewegungen auf. Eine dicke, leuchtend gelbe Strohmatratze lädt die Kälber zum Liegen ein.
Auch im neuen Kälberstall, den Krebbers in diesem Jahr errichtet und erst vor wenigen Wochen in Betrieb genommen haben, stand bei der Planung neben viel Licht und Luft, der Arbeitskomfort im Mittelpunkt. „Dieses Jahr war finanziell gesehen nicht der beste Zeitpunkt in einen Kälberstall zu investieren. Aber wir hatten im Zuge des Stallbaus auch für einen Kälberstall die BImschG-Genehmigung erhalten. Zwei Tage bevor diese abgelaufen wäre, haben wir mit dem Bau begonnen“, schmunzelt Johannes Krebbers. Zuerst wollten sein Sohn und er einen Holsteiner Stall bauen: „Wir hatten schon im alten Stall Zwischendecken, um ein gutes Kleinklima für die Kälber zu schaffen. Aber dennoch hatten die Kälber immer wieder mit Atemwegserkrankungen zu kämpfen.“ Deshalb entschlossen sich die beiden, die Tränkekälber in überdachten Großraumiglus unterzubringen und erst nach dem Absetzen in Strohbuchten umzustallen. Diese befinden sich nun auf der den Gruppeniglus gegenüberliegenden Stallseite. Gefüttert werden die Tränkekälber, anders als zu erwarten, nicht mit Tränkeautomaten, sondern mit dem Milchtaxi. Im alten Stall haben Krebbers eine Zeit lang eine Kälberbucht mit dem Automaten, eine andere Bucht von Hand getränkt. In den Automatengruppen gab es immer wieder Verluste. In den Gruppen, in denen die Mitarbeiter die Kälber tränkten, gab es nahezu keine Probleme. Warum? „Unsere Mitarbeiter schauten sich die Tiere beim Tränken genau an, die Daten des Automaten hingegen wurden nicht so intensiv gelesen.“ Clemens Krebbers ist davon überzeugt, dass man mit dem bloßen Auge früher erkennen kann, wie die Kälber „drauf“ sind. Stehen sie sofort auf, wenn getränkt wird? Wie sehen die Augen aus? Wichtige Hinweise, um früh Krankheiten zu erkennen.
„Warum für Milchpulver zahlen?“
Getränkt wird die Milch von Kühen mit Wartezeit. „Warum sollen wir für Milchpulver zahlen, wenn wir doch selbst Milch zum Verfüttern haben?“ Die Milch von Kühen, die gerade erst behandelt wurden, kommt nicht ins Taxi. Sobald die Antibiotika-Therapie aber vorbei ist, die Milch aber noch nicht geliefert werden darf, wird sie direkt ins Taxi gemolken. Hierunter fällt auch die Biestmilch der Frischkalber (ab der dritten Melkzeit). Fehlt dann noch Milch, wird zusätzlich mit Milch-austauscher ergänzt. Die Tränke wird direkt nach dem Melken fertig gemacht. „Die Milch muss bis zur nächsten Melkzeit verfüttert werden, das erspart uns unnötige Arbeit, da wir direkt ins Taxi melken“, erklärt Krebbers Senior. Im Taxi wird die Tränke dabei zuerst mit Ameisensäure angesäuert. Anschließend wird wenn nötig mit Wasser aufgefüllt und erst zum Schluss der Milchaustauscher untergerührt. „Uns ist natürlich bewusst, dass das Tränken arbeitsaufwendig ist.“ Deshalb wurde nach Möglichkeiten gesucht, die Arbeitsabläufe zu vereinfachen. So kommt jetzt ein schienengeführtes Gestell zum Einsatz, das zehn Eimer trägt. Hat die erste Kälbergruppe gesoffen, wird das Gestell mit den zehn eingehängten Eimern weiter zur nächsten Bucht geschoben. „Natürlich hat so nicht jedes Kalb einen eigenen Eimer, aber das macht in diesem Alter nicht mehr so viel aus. Es müssen mit dieser Technik aber immer nur zehn Eimer täglich gereinigt werden.“ Damit jeder Mitarbeiter weiß, welche Kälbergruppe wie viel Milch bekommt, wird für jede Gruppe eine Liste aufgehängt.
Auch für die Kälber gibt es einen festen Umstalltermin. Sie werden dienstags alle 14 Tage von den Einzel-iglus in die Gruppen umgestallt. Dabei werden immer Gruppen von 10 bis 12 Kälbern zusammen aufgestallt.
Gemistet und eingestreut wird alle zehn Tage. Alles ist so eingerichtet, dass eine Person allein Misten und Streuen kann. Täglich wird zudem per Hand nachgestreut. Damit diese Arbeit einfach und schnell von der Hand geht, haben Krebbers sich hier eine Lösung „Marke Eigenbau“ ausgedacht. So sind zwischen den Iglus große „Tische“ positioniert (siehe Foto Seite 10). Auf jeden dieser Tische wird dann mit dem Radlader ein Strohballen abgelegt. Der Mitarbeiter, der einstreut, kann das Stroh von der Plattform aus in die Boxen hinunterwerfen. Der Clou: Jeder Tisch ragt einige Zentimeter in die Box hinein, so landet beim Abwerfen kein Stroh außerhalb der Bucht. „Das Einstreuen ist mit dieser Konstruktion so einfach und körperlich nicht anstrengend, dass ich auch sichergehen kann, dass die Kälber wirklich jeden Tag neues Stroh in der Bucht haben“, erklärt Krebbers Senior die Vorzüge der Eigenkonstruktion.
Auch in Zukunft wollen Krebbers ihren Milchkuhbetrieb optimieren. Derzeit diskutieren Vater und Sohn den Bau eines neuen Transitstalls. Die Umsetzung könnte in naher Zukunft erfolgen. Und dann? Man wird sehen, aber „zu verbessern gibt es immer etwas“.B. Ostermann-Palz