In Milchkuhbetrieben gehen etwa 30% aller Kühe lahm. Die wirtschaftlichen Folgen sind hoch und werden oft unterschätzt. Tierarzt Dr. Michael Kreher erklärt, worauf es ankommt.
Die Klauengesundheit stellt weltweit ein Problem dar. Andere Tiergesundheitsbereiche (Reproduktion und Eutergesundheit) werden oft schon systematisch gemanagt. Ein System...
In Milchkuhbetrieben gehen etwa 30% aller Kühe lahm. Die wirtschaftlichen Folgen sind hoch und werden oft unterschätzt. Tierarzt Dr. Michael Kreher erklärt, worauf es ankommt.
Die Klauengesundheit stellt weltweit ein Problem dar. Andere Tiergesundheitsbereiche (Reproduktion und Eutergesundheit) werden oft schon systematisch gemanagt. Ein System im Umgang mit den Klauen fehlt oft noch in unseren Herden. Im Folgenden werden die zehn wichtigsten Punkte für die systematische Gesunderhaltung der Klauen praktisch erklärt.
1. Herdenanalysen
Wie viele Kühe der Herde lahm gehen, lässt sich mit dem Locomotion Score (LCS) ermitteln. Die Bewertung ist schnell durchführbar und gibt einen wichtigen Überblick über den aktuellen Stand der lahmen Tiere. Ziel: 80% LCS 1 (lahmfrei), 10% LCS 3 bis 5. Es zeigt sich immer wieder, dass die Diagnosen vom Betriebsleiter kontrolliert werden sollten. Wie häufig die einzelnen Klauenkrankheiten auftreten, gibt Auskunft über die therapeutischen und prophylaktischen Maßnahmen auf Herdenebene (ähnlich der Leitkeimbestimmung in der Mastitis).
2. Schnelle Therapie lahmer Tiere
Akut lahme Tiere müssen zeitnah (mind. zweimal wöchentlich) einer fachgerechten Behandlung unterzogen werden, weil die Krankheit schnell fortschreitet, die Heilungschancen abnehmen und die Futteraufnahme sinkt. Vierzehntägige Behandlungsinter-valle sind heute moralisch nicht mehr vertretbar. Schmerzmittel lindern den Schmerz nur kurzfristig. Die Treponemen (Erreger der Mortellaro) haben das Potenzial, mit fortschreitendem Krankheitsverlauf in tiefe Hautschichten vorzudringen. Je früher die Behandlung erfolgt, desto höher ist der Erstbehandlungserfolg.
3. Korrekte Fixierung
Die Gliedmaßen sollen korrekt und sicher fixiert werden. Wird das Hinterbein nach hinten hochgenommen, muss das Röhrbein gut fixiert sein, damit die Kuh wenig Gelegenheit hat, Abwehrbewegungen zu machen. Bei zu viel Bewegungsspielraum der Gliedmaße besteht Verletzungsgefahr. Werden die Hintergliedmaßen zu hoch gehoben und unzureichend fixiert, besteht ein hohes Risiko für Kreuzbandrisse. Das Reintreiben in den Klauenstand sollte ruhig erfolgen, sonst können sich die Tiere am Buggelenk am unteren Ende des vorderen Schulterblattes Nervenlähmungen (Brachialisnerv) zuziehen. Hilfreich ist eine möglichst breite Aufhängung des Bauchgurts.
4. Reinigung der Klauen
Ich empfehle die Reinigung der Klauen und des Zwischenklauenspaltes mit einem Wasserstrahl. Oft wird geschnitten, um den Dreck zu entfernen. Dabei kann jedoch wertvolle Ballenhöhe, vor allem an der hinteren Innenklaue, verlorengehen. Den Zwischenklauenbereich kann man zusätzlich mit einer Binde reinigen. Treponemen (bei Mortellaro) bilden eine Gelschicht, in der sie sich schützen. Diese muss mit Watte gründlich abgewischt werden, bevor die Behandlung beginnt. Erst nach gründlicher Reinigung lässt sich die Klaue korrekt untersuchen. In herkömmlichen Klauenständen ist die Sohle gut, der Wandbereich und der Kronsaum schlecht zu untersuchen.
5. Ballen schonen
Ein hoher Ballen hilft, Mortellaro-Fälle und Rusterholz-Geschwüre zu verringern. Dazu sollten die Zehenspitze und die vorderen Sohlenanteile regelmäßig gekürzt werden, wie die Regeln der funktionalen Klauenpflege es vorgeben. Erhalten sollte man das Ballenhorn insbesondere an der hinteren Innenklaue. Vorsicht bei Ballenhornfäule: Nicht zu großzügig freischneiden, sonst fehlt benötigtes Ballenhorn!
6. Entlastung der Klaue
Alle Maßnahmen der Klauengesundheit verfolgen das Ziel, dass das Tier lahmfrei läuft. Dazu muss der Ort des Schmerzes aus der Belastung genommen werden. Beispiele:
Entlastungsschnitt beim Rusterholzgeschwür
Hohlkehlung
Freischneiden von Geschwüren
Entfernung von gelösten Hornteilen bei rehebedingten Erkrankungen
Loses Horn muss weg!
Wenn eine Entlastung damit nicht ausreichend ist, muss ein Klauenklotz geklebt werden. Leider meiden viele Klauenschneider den Aufwand des Klotzes, weil es Zeit kostet (besonders im Winter) und nicht ausreichend vergütet wird.
7. Verbände
Nachteile:
Halten Feuchtigkeit länger, als ohne Verband
führen zu mehr Belastung an der eingebundenen Klaue und zur Reizung (Gang durch das Klauenbad)
müssen nach drei Tagen abgenommen werden
Gefahr von Einschnürungen
Wachstum von anaeroben Bakterien gefördert
kosten Zeit und Geld
Vorteile:
Medikamente können länger wirken
Wärme zur Heilung
Ruhigstellung (an der Klaue fraglich)
Jeder Betrieb kann entscheiden, ob er verbandsintensiv therapiert oder nicht. Nach meinen Erfahrungen sind Verbände grundsätzlich nachteilig, außer bei Limax (hier wird eine lange Wirkzeit der Salizylsäure gewünscht), bei schweren Mortellaro-Läsionen (wenn die Bakterien in tiefen Hautschichten sitzen, oft zu spät erkannt) und bei blutender Lederhaut nach Fehlschnitt. Grundsätzlich darf die Lederhaut ohne vernünftigen Grund und ohne örtliche Betäubung nicht verletzt werden. Insbesondere rehebedingte Erkrankungen und Rusterholzgeschwüre lassen sich sehr gut durch Korrektur- und Entlastungsmaßnahmen (ohne Verband) therapieren.
8. Antibiotikum & Schmerzmittel
Sinnvoll ist der Einsatz von Antibiotika lokal nur bei Mortellaro (z.B. CTC-Blauspray) und systemisch (als Spritze) beim Panaritium (bakterielle eitrige Entzündung des Fußes mit Schwellung der Fessel). Dabei muss er entsprechend der Antibiotikaleitlinien erfolgen (richtiger Wirkstoff, kein Reserveantibiotikum, ausreichend hoch dosiert, ausreichend lange gegeben). Schmerzmittel sind bei allen schmerzhaften Erkrankungen zu empfehlen.
Bei mehr als drei Behandlungstagen besteht aber die Gefahr von Magengeschwüren (oft als schwarzer Kot erkennbar). Grundsätzlich ist eine schnelle Entlastung der erkrankten Stelle durch eine Klauenbehandlung effektiver, kostengünstiger und langfristiger, als der Einsatz von Schmerzmitteln.
9. Herdenschnitt und Klauenbad
Die Klauenpflege sollte systematisch erfolgen: dreimal jährlich ein professioneller Herdenschnitt durch externe Dienstleister sowie zweimal wöchentlich die Behandlung lahmer Tiere durch geschultes eigenes Stallpersonal. Häufig wird das Intervall des Herdenschnitts verlängert, weil man zu wenig Diagnosen beim Herdenschnitt stellt oder „noch“ zu wenige Tiere lahm gehen.
Doch das ist ein Fehler, denn ein Herdenschnitt ist vorbeugend! Wird er therapeutisch genutzt, ist der Schaden in der Herde bereits zu groß. Auf der Suche nach dem besten zugelassenen Wirkstoff für Klauenbäder vergessen wir immer wieder die korrekte Durchführung des Klauenbades:
- Wie häufig?
- Welches Mittel ist empfehlenswert?
- Wie häufig?
- Welches Mittel ist empfehlenswert?
Das Klauenbad ist zweimal wöchentlich mit einem zugelassenen Klauenbad zu empfehlen. Es gibt derzeit keine zugelassenen Klauenbäder als Arzneimittel (z.B. mit geprüfter und ausgelobter Wirkung gegen Mortellaro). Es besteht ein Therapienotstand. Zugelassene Klauenbäder als Biozide oder Reinigungs- oder Pflegemittel können jedoch eingesetzt werden.
Richtige Dosis errechnen
Homogene Mischung herstellen
Klauenreinigungsbad vor dem Wirkstoffbad
Klauenwanne ausreichend hoch gefüllt
Größe: 3,5 m lang, 80 cm breit, 15 cm tief
Ruhe beim Durchtreiben
Wechsel nach mind. 200 Tieren (Unwirksamkeit)
Zuständigkeit für die Durchführung festlegen
10. Haltung und Fütterung
Klauenrehe löst viele Folgeerkrankungen aus. Daher gehen die meisten Lahmheiten auf solche rehebezogenen Krankheiten zurück. Leidet eine Kuh an Klauenrehe, wächst minderwertiges Horn nach. Kot und Urin können es leicht zersetzen, Bakterien infizieren das Gewebe. Geschädigte Bereiche müssen abgetragen werden, damit gesundes Horn nachwachsen kann. Sind die Ursachen nicht abgestellt, wächst kein gesundes Horn nach. Neben der nicht wiederkäuergerechten Fütterung ist auch die Haltung von verfetteten Tieren oder lange Stehzeiten auf festem Boden ein rehefördernder Zustand.-mw-