Kühe ohne Stress und ohne Zeitdruck in Sekundenschnelle im Stall finden – lokale Positionsbestimmung in Echtzeit soll es möglich machen.
Kühe, die in den Melkroboter nachgetrieben werden müssen, zur Besamung, zur TU oder zum Einstufen anstehen: Das Aufspüren einzelner Kühe beginnt, je nachdem wie gut das Stallpersonal die Kühe kennt und...
Kühe ohne Stress und ohne Zeitdruck in Sekundenschnelle im Stall finden – lokale Positionsbestimmung in Echtzeit soll es möglich machen.
Kühe, die in den Melkroboter nachgetrieben werden müssen, zur Besamung, zur TU oder zum Einstufen anstehen: Das Aufspüren einzelner Kühe beginnt, je nachdem wie gut das Stallpersonal die Kühe kennt und ab Herdengrößen von 70 bis 100 Tieren, einen nicht unerheblichen Teil der täglichen Arbeitszeit in Anspruch zu nehmen. Abhilfe können hier nicht nur Selektionseinrichtungen schaffen, mittlerweile werden auch praxistaugliche Kuh-Positionsbestimmungssysteme angeboten („Navi für den Stall“). Diese Technik lokalisiert die Kühe im Stall in Echtzeit (Real Time Location Systems, RTLS).
Kühe stressarm und schnell finden
Wir haben uns drei Systeme im Praxiseinsatz angeschaut: die Kuhpositionsbestimmung des niederländischen Herstellers Nedap, Smartbow (MKW electronics) sowie CowView von GEA. Die Positionsbestimmung soll in erster Linie Arbeitszeit einsparen. In den drei von Elite besuchten Milchviehbetrieben ergibt die Positionsbestimmung eine Arbeitszeiteinsparung von durchschnittlich etwa 10 bis 45 Minuten pro Tag bei 130 bis 200 Kühen. Die Zeitersparnis hängt von den täglich individuell anfallenden Arbeiten mit den Kühen ab. Zwei der Betriebe melken in einem konventionellen Gruppenmelkstand, der dritte melkt automatisch mit einer Mehrboxenanlage. Nur der Melkroboterbetrieb hat eine Selektionseinrichtung. Alle drei Betriebsleiter besamen den Bestand selbst. Sie nutzen die Technik zwischen zwei Monaten und einem Jahr. In jedem Betrieb ist die Ortung mit Brunsterkennung (Aktivität) und Gesundheitsüberwachung (Fressen) kombiniert. Aus den Erfahrungen der Milcherzeuger kristallisierten sich folgende Vorzüge der Ortungstechnik heraus:
- Weniger Stress: Die Kühe bleiben im Herdenverbund, ein langes Warten abgetrennt im Selektionsbereich entfällt. Kennt das Personal die Kühe nicht, kommt es schneller und auf direktem Weg zum Tier. Nimmt der Tierhalter eine Erkennung (Tag/Label) mit, kann er sich selbst mit auf dem Stallplan anzeigen lassen. So können z. B. auch Besamer oder der Tierarzt selbstständig im Stall arbeiten.
- Arbeitszeiteinsparung: Das zeitaufwendige Suchen und das Zurückbringen der Kühe aus der Selektion in die Gruppen entfällt.
- Zusätzliche Stallplätze erhalten: Selektionseinrichtung und Warteraum sind zum Teil entbehrlich.
- Direkter Zugriff auf Risikokühe: In Kombination mit dem Herdenmanagementprogramm, der Brunsterkennung, der Gesundheitsüberwachung (Fressen) und der ISO-Identifikation für Fütterung oder Milchmengenmessung kann direkt über die Alarmlisten auf die Position der Kühe zugegriffen werden.
- Direkter Zugriff auf Kuhdaten: Man kann direkt im Stall auf alle im Herdenmanagementprogramm hinterlegten Daten einer auffälligen Kuh zugreifen.
- Weniger Stress: Die Kühe bleiben im Herdenverbund, ein langes Warten abgetrennt im Selektionsbereich entfällt. Kennt das Personal die Kühe nicht, kommt es schneller und auf direktem Weg zum Tier. Nimmt der Tierhalter eine Erkennung (Tag/Label) mit, kann er sich selbst mit auf dem Stallplan anzeigen lassen. So können z. B. auch Besamer oder der Tierarzt selbstständig im Stall arbeiten.
- Arbeitszeiteinsparung: Das zeitaufwendige Suchen und das Zurückbringen der Kühe aus der Selektion in die Gruppen entfällt.
- Zusätzliche Stallplätze erhalten: Selektionseinrichtung und Warteraum sind zum Teil entbehrlich.
- Direkter Zugriff auf Risikokühe: In Kombination mit dem Herdenmanagementprogramm, der Brunsterkennung, der Gesundheitsüberwachung (Fressen) und der ISO-Identifikation für Fütterung oder Milchmengenmessung kann direkt über die Alarmlisten auf die Position der Kühe zugegriffen werden.
- Direkter Zugriff auf Kuhdaten: Man kann direkt im Stall auf alle im Herdenmanagementprogramm hinterlegten Daten einer auffälligen Kuh zugreifen.
Technik und Installation
GPS-basierte Ortungssysteme eignen sich nicht für eine genaue Bestimmung der Position, weil die Satellitensignale von den Stallgebäuden abgeschattet werden. Bei Nedap funktioniert die Lokalisierung in Echtzeit deshalb über die Verwendung niederfrequenter Signale. Vorteilhaft sei, dass sich diese nicht von baulichen Konstruktionen (Stalleinrichtung) oder tierischem Gewebe ablenken lassen. Die Position der Kühe wird über die an ihren Halsbändern befindlichen Tags (Smarttag Hals) bestimmt: Die Funkbaken (ortsfeste Abfragegeräte) senden 1x/Sekunde ein niederfrequentes Signal aus, das die Smarttags empfangen. Die Stärke des Signals wird dann von den Smarttags in Form eines hochfrequenten Signals an die zentrale Antenne weitergeschickt, welche es dann an den Prozesscomputer sendet. Der Prozesscomputer berechnet anhand der Signalstärke zwischen den mobilen (Smarttags am Halsband der Kuh) und den festinstallierten Stationen (Funkbaken) in Echtzeit (RealTime) die aktuellen Aufenthaltspositionen der Kühe, mit einer Genauigkeit von bis zu einem Meter.
Ein festangelegtes Koordinatensystem bildet die notwendige Grundlage: Die Funkbaken werden in einem Raster mit einem Abstand von 15 bis 20 m in Länge sowie Breite und in einer Höhe von maximal 4 m im Stall aufgehängt, der Stallgrundriss wird im Prozesscomputer angelegt. Über die Aktivitätsmessung und Gesundheitsüberwachung können neben der Positionsbestimmung auch Liege-, Lauf- und Futteraufnahmezeiten erfasst und ausgewertet werden.
Bei CowView von GEA übermittelt das Label (Sender) am Halsband ein Mal pro Sekunde (1 Hz) die Koordinaten der Kuh an im Stall angebrachte Antennen (Empfänger). Die Daten werden über Ultrabreitband mit einer hohen Frequenz ( 6 GHz) gesendet. Die hohe Frequenz soll eine sehr genaue Positionsbestimmung (30 cm-Radius) ermöglichen. Die Position wird dabei allein über die Laufzeitdifferenz ermittelt. Die Antennen senden die Daten per Ethernet (Heimnetzwerk) an den Prozessrechner (im Stall). Dieser speichert die Daten jedoch nicht, sondern übermittelt sie an den GEA Server. Hier findet die Datenanalyse statt. Analysiert werden Position, Dauer der einzelnen Verhaltensweisen, Häufigkeit und zurückgelegte Laufstrecke. Fällt die Internetverbindung aus, werden die Daten auf dem Betrieb gepuffert.
GEA begründet die zentrale Datenspeicherung mit der schnellen Bereitstellung von Updates und Upgrades. Eine Wartung des Systems vor Ort ist nicht notwendig. CowView besitzt zudem ein Diagnosesystem, mit dem Unregelmäßigkeiten wie der Ausfall des Internets oder des Stroms direkt dem zuständigen Techniker übermittelt werden (Alarmmeldung). Für die optimale Positionsbestimmung ist es nötig, dass das Label am Halsband im Nacken der Kuh positioniert ist. Nur so wird gewährleistet, dass das Label immer in Sichtkontakt zu den Antennen steht. Für die Positionsbestimmung sind mind. zwei Antennen (GEA empfiehlt drei Antennen) notwendig, die in einem Radius von 27 m (Mindesthöhe von ca. 3 m) montiert sein müssen. So ist auch der Einsatz in niedrigen Altgebäuden möglich. Der Stall ist bei CowView in verschiedene Zonen eingeteilt (Liegeboxen, Futtertisch/Fressgitter und Laufgänge). Über die Positionen der Kühe bzw. über das Verhalten und die zurückgelegten Distanzen bestimmt das System auch die Aktivität (Brunst) bzw. abweichendes Verhalten (niedrige Aktivität, Krankheitswarnung) das Fress-/Liegeverhalten. Der Aufenthalt am Futtertisch wird also als Fressen identifiziert (Genauigkeit 97 %). Ein Bewegungssensor ist im Halsband nicht integriert (spart Energie).
Die österreichische Firma MKW electronics bietet mit Smartbow einen Sender in Form einer Ohrmarke an. Die Ortung erfolgt über eine Messung der Laufzeit der Funksignale zwischen den Ohrmarken und den Empfängern an den Stallwänden. Die Anzahl an Empfängern richtet sich auch hier nach Stallgröße und -geometrie. Sie werden in drei Metern Höhe und 25 Metern Entfernung zueinander angebracht. Sender und Empfänger kommunizieren ein Mal pro Sekunde mit einer Frequenz von 2,4 GHz. Der Prozesscomputer berechnet die Position der Kuh anhand einer Triangulation (optische Abstandsmessung innerhalb von Dreiecken; Winkelberechnung). Für eine Aktivitätsmessung sind mindestens drei, für die Ortung mindestens vier Empfangsgeräte nötig. Die Datenauswertung erfolgt lokal auf einem Server im Betrieb, die Position der Kuh wird in Echtzeit auf dem digitalisierten Stallplan (PC, Tablet oder Smartphone) auf einen Meter genau angezeigt. Wie oft die Kuh wiederkäut, misst ein Beschleunigungssensor in der Ohrmarke. Die Verbindung zwischen Empfängern und Prozesscomputer wird per LAN-Kabel hergestellt, der Server benötigt einen Internetanschluss (Updates, Fernwartung).
Leichter Zugriff auf die Daten
Bei Nedap ist die Kuhpositionsbestimmung in die technische Nedap-Plattform für Rinderhaltung integriert. Die Positionsdaten lassen sich am Stallrechner, per Smartphone oder Tablet abrufen (webbasiert). Für Endgeräte wie Smartphone und Tablet sind die Bedienoberflächen mit Touchscreenfunktion gestaltet. Der Zugriff über eine App wäre aufgrund der sekündlichen Aktualisierung der Positionsdaten nicht geeignet. Die Daten der Positionsbestimmung werden nicht auf dem Nedap Server gespeichert, die der Gesundheitsüberwachung dagegen schon. Für den webbasierten Zugriff ist eine gute WLAN-Verbindung im Stall nötig. Je besser die Verbindung, desto schneller wird die Position der gesuchten Kuh angezeigt. Bei der Kopplung mit einem Herdenmanagementsystem kann die Suche auch über Alarmlisten gestartet werden. Es werden also z. B. nur die Kühe mit einer hohen Leitfähigkeit im Stall gesucht und angezeigt. Andererseits kann man auf dem Display auf eine einzelne Kuh klicken, dann erscheinen die wichtigsten Gesundheits- und Fruchtbarkeitsdaten.
Bei CowView gelangen die Tierhalter über eine webbasierte Anwendung an die Daten. Diese ist optisch wie eine App aufgebaut. Der Vorteil einer webbasierten Anwendung ist, dass diese von allen Smartphones, unabhängig vom installierten Betriebssystem, genutzt werden kann. Bei der Darstellung der Position der Kühe arbeitet CowView nicht nur mit der Tiernummer sondern auch mit vier verschiedenen Farben. Pink bedeutet die Kuh steht trocken, orange steht für Frisch-laktierer, hellgrün für noch nicht tragende Kühe und dunkelgrün für TU+-Kühe. Klickt man auf die Position der Kuh, erhält man auch hier ihre individuellen Daten. Das Ortungssystem von GEA ist an das Herdenmanagementprogramm DairyPlan (GEA) gekoppelt. Deshalb können hier ausgehend von Alarmlisten Kühe gesucht werden (Kühe werden als Punkte im Stall angezeigt). CowView kann auch in Betrieben eingesetzt werden, die kein DairyPlan nutzen. Einige Funktionen wie z. B. das Selektieren von Tieren über Alarmlisten ist dann jedoch nicht möglich (keine Schnittstellen).
Für das Abrufen der Positionen und Daten gibt es bei Smartbow bisher nur eine Android-App, eine App für iOS (Apple) ist angedacht. Zudem läuft das Programm auf jedem PC. Es stellt Tiere mit Alarm (Aktivität, Wiederkauen, Brunst) gelb, unauffällige Kühe grün dar. Die Software entspricht einem einfachen Herdenmanagementprogramm: Tierdaten lassen sich über HI-Tier bzw. eAMA importieren, Besamungen oder Diagnosen verwalten. Leider können noch keine MLP-Ergebnisse eingelesen werden, auch können keine Meldungen aus dem Programm heraus (HIT, Besamungen) gesandt werden. Dies sowie ein Datenaustausch mit anderen Programmen sei jedoch in Planung. Alarmlisten liefern auffällige Tiere, auf Wunsch wird der Betrieb auch über SMS oder E-Mail benachrichtigt. Die Bewegungsprofile werden rund drei Wochen lang gespeichert: Mit der Funktion „Routemap“ lässt sich der Weg eines Tieres durch den Stall im Tagesverlauf nachvollziehen. Das Programm kann die Aufenthaltsdauer der Kühe analysieren, es kann dabei Liegen von Stehen unterscheiden. Nedap und CowView bieten (noch) keine Aufzeichnung von Bewegungsprofilen an.
Alle Systeme sind wartungsfrei
Die Kosten für die Technik hängen von Größe bzw. Geometrie des Stalles sowie vom gewünschten Funktionsumfang ab. Für das Nedap-System betragen sie mit Positionsbestimmung, Identifikation und Gesundheitsüberwachung etwa 200 € pro Kuh. Der Preis für CowView schwankt zwischen 180 und 500 €/Kuh. Hinzukommen Servicegebühren von 7 ct/Kuh/Tag. Hierbei werden aber nur die sich „bewegenden“ Labels berechnet. Bei Smartbow beginnt der Preis pro Tier bei 90 €/Kuh. Eine Ohrmarke kostet 48 €, die Funktion Brunst 35 €/Kuh, die Lokalisierung 15 €/Kuh, und die Wiederkau-Überwachung 10 €/Kuh. Ein Empfänger kostet 595 €, hinzu kommen die Kosten für den Server, die Verkabelung im Stall sowie das Zubehör (Schere, Zange). Pflicht ist außerdem eine jährliche Servicegebühr, darin enthalten sind Updates, ein Backup-Service, eine Telefonhotline, Schulungen sowie die Systemwartung via Teamviewer, falls notwendig. Die Kosten für die Servicegebühr sind von der Tieranzahl abhängig. Für einen Betrieb mit bis zu 200 Tieren werden beispielsweise 500 €/Jahr fällig.
Fazit: Kleinere Betriebe kennen ihre Kühe oft noch „persönlich“ und können sie schnell in der Herde finden, größere kommen um einen Selektionsbereich meist nicht herum. Wer aber ohnehin in neue Technik investieren will, kann für ein wenig Aufpreis mit Ortungssystemen im Vergleich zur reinen Aktivitätsmessung interessante Infos über seine Herde erhalten, die Arbeitszufriedenheit verbessern und Zeit einsparen. Die Systeme sind mit ihren Auswertungen dabei erst am Anfang. Denkbar wären künftig z. B. auch die Akzeptanz von Liegeboxen auszuwerten oder über Bewegungsprofile Kalbungen vorauszusagen. Berkemeier, Ostermann-Palz, Stöcker