Fruchtbarkeit ist von vielen Faktoren abhängig. Hier sind die wichtigsten Störfaktoren und ihre Ursachen für den Zeitraum nach der Kalbung zusammengestellt.
Eine gute Fruchtbarkeit ist in Hochleistungsherden nicht immer einfach zu realisieren. In der Trockenstehzeit sind es meist Fütterungsfehler, die die Fruchtbarkeit nachteilig beeinflussen....
Fruchtbarkeit ist von vielen Faktoren abhängig. Hier sind die wichtigsten Störfaktoren und ihre Ursachen für den Zeitraum nach der Kalbung zusammengestellt.
Eine gute Fruchtbarkeit ist in Hochleistungsherden nicht immer einfach zu realisieren. In der Trockenstehzeit sind es meist Fütterungsfehler, die die Fruchtbarkeit nachteilig beeinflussen. Nach der Abkalbung schaden Infektionen und Stoffwechselstörungen der Aufnahmefähigkeit der Kuh. Ziel in Hochleistungsherden ist, dass 80 % der Tiere am 80. Laktationstag tragend sind.
1. Zu viel auf den Rippen
Kühe mit einer BCS-Note unter 3,0 sind zur Kalbung zu dünn und entwickeln in der Laktation eine ausgeprägte negative Energiebilanz (NEB). Aber auch zu fette Tiere (BCS 3,5) geraten in eine Energieschieflage. Bei hoher Einsatzleistung verstärkt sich die NEB.
Zu fette Kühe mobilisieren Körperfett. Nehmen sie zwischen Kalbung und erfolgreicher Besamung mehr als 0,5 BCS-Punkte ab, bekommen sie Stoffwechselprobleme und werden schlechter tragend. Messbar ist das bereits vor dem Kalben an der Konzentration der freien Fettsäuren (NEFA) im Blut. NEFA-Werte von mehr als 0,6 mmol/Liter vor der Kalbung signalisieren ein erhöhtes Ketoserisiko und eine erhöhte Anfälligkeit für Labmagenverlagerungen und Gebärmutterentzündung. Eine gute Futteraufnahme ist hier ein zentraler Punkt im Kampf gegen die NEB. Neben dem reduzierten Appetit über- oder unterkonditionierter Tiere gibt es weitere Gründe: Umstallungsstress, Überbelegung oder Hitzestress lassen die Futteraufnahme zurückgehen.
Managementziel: Optimale Körperkondition (BCS 3,0 Holstein, 3,5 Fleckvieh) zum Kalben durch angepasste Trockensteherfütterung und regelmäßige Kontrolle der Körperkondition in der Spätlaktation (150. Tag), zum Trockenstellen und zur ersten Besamung.
2. Hoher Infektionsdruck im Stall
Direkt nach der Kalbung läuft das Immunsystem der Kuh auf Hochtouren. Denn fast jede Gebärmutter infiziert sich nach der Kalbung mit Bakterien. Parallel dazu ist auch der Stoffwechsel durch die Umstellung vom Trockenstellen zur Laktation gefordert, denn der Energiebedarf für die Laktation übersteigt die Futteraufnahmekapazität. Hoher Infektionsdruck und Stoffwechselprobleme können die Kuh in dieser Zeit krank machen. Bis zum 21. Laktationstag entwickeln 20 % der Kühe eine Gebärmutterentzündung, insbesondere nach Zwillingsgeburten oder mit Nachgeburtsverhaltung. Wichtig ist hier die schnelle Diagnose und Behandlung, damit die unvermeidbaren negativen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit nicht zu gravierend werden.
Die infizierten hochleistenden Kühe leiden fast immer auch unter einer Abwehrschwäche. Das macht sie anfällig für weitere Infektionen wie Euterentzündungen und Klauenprobleme. Sind die genannten Krankheiten erstmal aufgetreten, wirken sie sich wiederum negativ auf die Fruchtbarkeit aus. So ist damit zu rechnen, dass Kühe mit einer klinischen Mastitis einen verzögerten Zyklus haben und mehr Besamungen pro Trächtigkeit brauchen. Lahme Kühe zeigen weniger Brunstsymptome und werden schlechter tragend.
Managementziel: Futteraufnahmen im kalbenahem Zeitraum sicherstellen, damit die NEB moderat ausfällt. Trockensteherabteil, Abkalbebox und Frischabkalberabteil sauber und trocken halten, damit sich die Gebärmutter der Kuh nicht infiziert. Infektionen im geburtsnahen Zeitraum früh diagnostizieren und tierärztlich behandeln.
3. Verzögerter Zyklusstart
Eine gesunde Kuh bildet nach der Kalbung die Gebärmutter zurück und startet ab dem 21. Tag neue Zykluswellen. Färsen sind doppelt belastet: Sie brauchen ihre Energie nicht nur für die Laktation, sondern auch für das noch nicht abgeschlossenes Körperwachstum. Darum dauert es bei Färsen ca. 30 Tage bis zum ersten Eisprung. Leider nehmen 50 % der hochleistenden Kühe ihren Zyklus nicht wieder pünktlich auf. Das führt zu verlängerter Rastzeit und niedrigen Trächtigkeitsraten. Auch Krankheiten (Metritis, Mastitis, Lahmheiten) und Stoffwechselprobleme sind Ursachen für einen späten Zyklusstart.
Für das Follikelwachstum und die Eireifung ist das LH-Hormon (Luteinisierendes Hormon) zuständig. Es wird in Wellen ausgeschüttet. Bei einer ausgeprägten NEB erreicht die Welle nicht den nötigen Peak für die Follikelreifung und verzögert den Eisprung.
Managementziel: Kühe ab dem 21. Tag in die intensive Brunstbeobachtung mit einschließen. Nur so ist es möglich, schon während der Freiwilligen Wartezeit (FWZ) Brunstsymptome zu sehen bzw. frühzeitig zu erkennen, dass die Kuh sich nicht zeigt. Das macht mehr Arbeit, aber je früher eine Kuh erkannt wird, die nicht bullt, desto eher kann therapeutisch erfolgreich gegengesteuert werden.
4. Zu geringe Brunstnutzungsraten
Die Brunsterkennung ist in den letzten Jahren schwieriger geworden. Nur jede zweite Kuh zeigt eine stehende Brunst, d. h. sie duldet den Aufsprung einer anderen Kuh. Auch die Brunstdauer ist von 15 auf fünf Stunden gesunken. Kurz: Es gibt nicht viel zu sehen! Abhilfe schaffen Brunsterkennungshilfsmittel, die die Arbeit unterstützen. Der Zielwert für eine optimale Brunstnutzungsrate nach Ablauf der Freiwilligen Wartezeit ist 80 %. Diesen Wert kann man zum Beispiel mithilfe von Pedometern realisieren. Bei der weit kostengünstigeren Methode des „tail painting“ (siehe auch Beraterblog auf Seite 12) liegt die durchschnittliche Erkennungsrate bei 70 %. Allerdings schwankt der Erfolg der Methode je nach Betrieb zwischen 25 und 96 %, je nach Anwender.
Managementziel: Da Brunstdauer und -intensität geringer geworden sind, ist es wichtig, alle Anstrengungen in eine gute Brunsterkennung zu legen. Denn nur so kann frühzeitig und zum richtigen Zeitpunkt besamt werden.
5. Zu geringer Befruchtungserfolg
Die Befruchtungsraten bei Holstein Friesian sind in den letzten 20 Jahren um 10 % gesunken. Die Gründe dafür liegen in der Eizellenqualität, der Gesundheit der Gebärmutterschleimhaut und dem Spermahandling.
Die Eizellenqualität hängt von den Hormonspiegeln für LH und Östradiol ab, die bei einer ausgeprägten NEB zu niedrig sein können. Ist die Gebärmutterschleimhaut entzündet, wird sich der Embryo nicht einnisten. Die Zunahme an Eigenbestandsbesamungen hat dazu geführt, dass das Spermahandling nicht immer so durchgeführt wird wie bei einem professionellen Besamungstechniker.
Managementziel: Die Eizellenqualität kann man durch Reduzierung der NEB verbessern. Die Entzündung der Gebärmutterschleimhaut wird durch größtmögliche Hygiene in der Umgebung der Kuh erreicht. Eigenbestandsbesamer müssen ihre Arbeit immer wieder kritisch überprüfen.
6. Hohe Embryonalverluste
Man unterscheidet den embryonalen Frühabort (bis 24. Trächtigkeitstag) und den embryonalen Spätabort (25. bis 45. Trächtigkeitstag). Nach jeder sachgerechten Besamung kommt es in 90 % der Fälle zur Befruchtung. Viele Embryonen gehen dann jedoch aus unterschiedlichen Gründen verloren, sodass man von einer Abkalberate von 40 bis 50 % ausgeht. Embryonen brauchen zum Überleben eine qualitativ gute Eizelle und eine hormonell gut vorbereitete Gebärmutterschleimhaut, die frei von Infektionen ist. Ein ausreichender Progesteronspiegel ist wichtig, damit die Trächtigkeit bestehen bleibt. Gerade Hochleistungskühe mit hohem Stoffwechselumsatz bauen auch körpereigene Hormone schneller ab.
Das führt zu einem niedrigen Progesteronspiegel, körpereigenes Prostaglandin wird gebildet, das für die Abstoßung des Embryos sorgt. Der Embryo wird dann je nach Größe resorbiert (regelmäßiges/unregelmäßiges Umbullen) oder ausgestoßen.
Managementziel: Steigt die Rate an unregelmäßig umbullenden Kühen oder Frühaborten auf einen Wert über 10 %, sollten Sie intensiv nach Ursachen suchen. Dazu gehört ein Screening nach Infektionserregern (BVD, Schmallenberg, Q-Fieber, Chlamydien; Neospora, Leptospirose) und die Bestimmung des Progesteronwertes (Ziel: Fünf Tage nach KB 3 ng/ml).
-mt/cs-