„Die Kuh habe ich schon häufiger gegen Räude behandelt, doch die kahlen Stellen am Schwanz und der Juckreiz kommen immer wieder!“ Diese Erfahrung machen viele Tierhalter, die Räude im Bestand haben. Milbenbefall ist keine Lappalie, denn sie betreffen fast immer die ganze Herde und verursachen tägliche Milchleistungseinbußen von 1 kg pro Kuh.
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„Die Kuh habe ich schon häufiger gegen Räude behandelt, doch die kahlen Stellen am Schwanz und der Juckreiz kommen immer wieder!“ Diese Erfahrung machen viele Tierhalter, die Räude im Bestand haben. Milbenbefall ist keine Lappalie, denn sie betreffen fast immer die ganze Herde und verursachen tägliche Milchleistungseinbußen von 1 kg pro Kuh.
Die Milben bohren, graben oder nagen in der Haut und verursachen dort eine allergische Reaktion, die stark juckt. In die vorgeschädigte Haut können anschließend Bakterien eindringen, die zu eitrigen Hautentzündungen führen. Die Tiere nutzen jede Gelegenheit sich zu scheuern, sind entsprechend unruhig und verbringen weniger Zeit am Futtertisch.
Milben entziehen sich der Therapie
Die Schwanzräude (Chorioptes spp.) kommt in Kuhställen häufig vor: Die Haut an der Schwanzwurzel ist verdickt, haarlos, schuppig und mit Krusten bedeckt. Je dicker die Borken auf der entzündeten Haut, desto schwerer haben es Pour-on Präparate die Milben in der Tiefe abzutöten. Diese Räudeform kommt auch am Euterspiegel oder Kronsaum vor und wird dort häufig übersehen. Nagemilben können durchaus ein Grund sein, warum Zwischenschenkelekzeme auch nach antibiotischer Therapie nicht heilen wollen. Die Kopfräude (Sarcoptes spp.) kommt etwas seltener vor und führt zu Hautveränderungen im Kopfbereich. Die Grabmilbe neigt zur Ausbreitung über den ganzen Körper und kann zu starker Abmagerung führen. Die Sarcoptesmilbe ist ein Zoonose-Erreger und kann auch beim Menschen zu heftig juckenden Hautreaktionen führen. Die Körperräude (Psoroptes spp.) befällt den ganzen Tierkörper. Das Hauptpro-blem mit dieser sehr häufigen Saugmilben-Art ist der Zukauf eines latent infizierten Trägertieres und Einschleppung in den Bestand.
Diagnose mit scharfem Löffel
Räudemilben lassen sich nicht allein aufgrund der Lokalisation der Hautveränderungen eindeutig bestimmen, denn es sind auch Mischinfektionen mit Läusen, Haarlingen und Bakterien möglich. Bevor eine Bestandsbehandlung gegen Räudemilben durchgeführt wird, muss in jedem Fall abgeklärt werden, ob es sich wirklich um Milben handelt. Denn sonst wäre unter Umständen die Therapie wirkungslos und die Kosten für die Bestandsbehandlung weggeworfenes Geld. Die Räudediagnostik durch den Tierarzt beinhaltet die Entnahme eines Hautgeschabsels mit einem scharfen Löffel am Übergang zwischen gesunder und betroffener Hautpartie. Der scharfe Löffel wird tief ins Gewebe gedrückt bis es etwas blutet. Anschließend wird die Probe unter dem Mikroskop untersucht.
Jede Kuh zweimal behandeln
Oft wird erst dann behandelt, wenn die Räude offensichtlich sehr viele Tiere im Bestand befallen hat. Dann sind einerseits schon erhebliche Leistungseinbußen eingetreten und andererseits die Eliminierung der Milben schwer. Auch die Einzeltierbehandlung führt zu keinem langfristigen Erfolg, da es immer wieder zu erneuten Infektionen durch nicht sichtbar infizierte Tiere kommen kann. Sinnvoll ist nur eine Bestandsbehandlung, z. B. zur Zeit der Aufstallung im Herbst.
Zum Behandeln der Räude gibt es verschiedene Aufguss- oder Injektionspräparate. In der Praxis kommen häufig makrozyklische Laktone zum Einsatz. Sie haben eine lange Wirkdauer und bekämpfen zusätzlich Magen-, Darm und Lungenwürmer.
Die meisten Wirkstoffe zur Behandlung haben eine Wirkdauer von ca. sechs Wochen. Da aber die Räudemilben bis zu zehn Wochen in der Umgebung ohne Kuhkontakt überlebensfähig sind, wird eine Wiederholungsbehandlung nach drei bis vier Wochen empfohlen. Die meisten Präparate sind nicht für laktierende Tiere zugelassen. Sie eignen sich nur für Kälber und Jungrinder oder Mutterkuhherden. Aber auch bei Kühen in der Laktation ist die Behandlung möglich, zwei Aufgusspräparate mit null Tagen Wartezeit auf Milch stehen zur Verfügung.
Die Tricks der Milben
Bei einer Bekämpfung und vor allem im Sommer ziehen sich die Räudemilben zurück und bilden unter dem Bauch, am Euterspiegel oder am Kronsaum ein Infektionsreservoir. Im Herbst und Winter kann dieses zu scheinbaren Neuinfektionen im Stall führen. Räudefreiheit im Bestand ist nur zu erreichen, wenn neben der Behandlung der Tiere auch die Umwelt „behandelt“ wird, denn Räudemilben können einige Wochen ohne Kuhkontakt im Stall überleben. Chorioptesmilben (Erreger der Schwanzräude) sind sogar zehn Wochen in der Umwelt lebensfähig. Die Parasiten ziehen sich in Spalten und Ritzen oder schwer zu reinigenden Holzeinrichtungen im Stall zurück. Wer die Räude bekämpft, sollte auch den Stall reinigen und desinfizieren. Besonders viele Räudemilben finden sich an Kuhbürsten. Sie stellen eine bedeutende Reinfektionsquelle dar. Darum ist es sinnvoll, die Bürsten erst einzubauen, wenn die Herde räudefrei ist. Auch Personen, die regelmäßig in verschiedenen Ställen ein und aus gehen, stellen ein Infektionsrisiko dar. Viehhändler, Besamungstechniker und Tierärzte können an Kleidung, Geräten und Transportfahrzeugen Räudemilben übertragen. Am besten hält man auch im Hinblick auf andere Krankheiten betriebseigene Stiefel und Overalls bereit.M. Tischer