Schon vor der Kalbung zeigen Parameter wie die Wiederkauaktivität oder das Sortierverhalten der Kühe an, welche Tiere nach der Kalbung ein Problem bekommen. Doch Achtung: Ein Check pro Tag reicht nicht!
Eine kranke Kuh verhält sich anders als eine gesunde Kuh. Was klingt...
Schon vor der Kalbung zeigen Parameter wie die Wiederkauaktivität oder das Sortierverhalten der Kühe an, welche Tiere nach der Kalbung ein Problem bekommen. Doch Achtung: Ein Check pro Tag reicht nicht!
Eine kranke Kuh verhält sich anders als eine gesunde Kuh. Was klingt wie eine Binsenweißheit, lässt sich aber tatsächlich mit Zahlen belegen. Die Kuh muss nicht von einem auf den anderen Tag „Tod umfallen“, Probleme werden bereits durch kleinere Verhaltensänderungen sichtbar.
Der wichtigste Zeitraum ist dabei die Zeit von drei Wochen vor bis drei Wochen nach der Kalbung (Transitperiode). Erkranken die Kühe in dieser Phase, wirkt sich dies auf die gesamte Folgelaktation aus. Probleme können dabei nicht nur von Infektionen, sondern auch von zu geringer Futteraufnahme oder falsch eingestellter Stalleinrichtung herrühren. In beiden Fällen gilt es zu handeln.
Gerade die häufigsten Krankheitskomplexe rund um die Kalbung eignen sich gut dafür, durch Verhaltensänderungen der Kühe „aufzufliegen“:
Sortieren gegen SARA
Eine subaktue Pansenazidose (SARA) ist schwierig zu diagnostizieren, insbesondere, wenn man nur Einzeltiere betrachtet und nicht den Durchschnitt der gesamten Herde. Mögliche Hinweise sind
- eine schwankende Futteraufnahme,
- reduzierte Verdaulichkeit des Futters,
- flüssiger Kot,
- ein niedriger Milchfettgehalt,
- Klauenrehe.
- eine schwankende Futteraufnahme,
- reduzierte Verdaulichkeit des Futters,
- flüssiger Kot,
- ein niedriger Milchfettgehalt,
- Klauenrehe.
Ein höheres Azidose-Risiko spiegelte sich in einem Versuch (DeVries et al., 2009) kaum im Fress- oder Liegeverhalten, wohl aber in der Wiederkauaktivität wider. Kühe mit einem hohen Risiko für Azidose (eher zu Beginn der Laktation, Grundfutter : Kraftfutterverhältnis von 45 : 55) kauten demnach mit 491 Minuten 64 Minuten weniger wieder als Kühe mit geringem Azidose-Risiko (Mitte der Laktation, Grundfutter : Kraftfutterverhältnis von 60 : 40; 555 Minuten/Tag).
Die Unterschiede zwischen gesunden und kranken Kühen waren jedoch so gering, dass sie mit dem bloßen Auge kaum wahrzunehmen waren: Man müsste 48 Mal pro Tag durch den Stall laufen und eine Minute lang wiederkauende Kühe zählen, um anfällige Kühe sicher herauszufinden. Eine einzige Beobachtung reicht dafür nicht aus! Eine solche Mammutaufgabe kann auf einem Praxisbetrieb niemand leisten. Hier hilft die Unterstützung durch Sensoren und Precision Dairy Farming. Wiederkausensoren arbeiten genau genug, um sich auf die Ergebnisse der Technik zu verlassen (Übersicht 1).
Subklinisch oder akut?
Doch Achtung: Gerade bei einer Pansenazidose sind die Ergebnisse nicht immer eindeutig. Kommt es zu einer akuten Azidose, steigt die Wiederkaudauer unter Umständen sogar an! Denn die Kühe versuchen, durch vermehrtes Speicheln die Übersäuerung abzudämpfen. Speichel enthält Bicarbonat, welches als Puffer für den Pansen-pH dient.
Kühe, die ihr Futter stärker in Richtung der kurzen Partikel sortieren, weisen ein höheres Risiko für subakute Azidose auf (DeVries et al., 2008). Haben Kühe jedoch eine akute Azidose, selektieren sie in die gegenteilige Richtung: Diese Tiere versuchten, über eine vermehrte Aufnahme der langen Futterpartikel Besserung zu bewirken (Übersicht 2, Angus-Färsen). Achten Sie darum auf die Zusammensetzung der Futterreste. Sind nur lange Partikel übrig, steigt die Gefahr für SARA. Bleiben jedoch überproportional viele kurze Futterpartikel zurück, kontrollieren Sie die Kotkonsistenz. Tipp: Eine Milchkuhherde weist dann eine gesunde Pansenfunktion auf, wenn wenigstens 40% der Kühe zu jeder beliebigen Zeit wiederkauen!
Bleib festzuhalten: Alarmsignale für SARA sind
- eine geringere Wiederkaudauer (längeres Wiederkauen bei akuter Azidose),
- Selektieren in Richtung kurzer Futterpartikel (Gegenteil bei akuter, schwerer Azidose).
- eine geringere Wiederkaudauer (längeres Wiederkauen bei akuter Azidose),
- Selektieren in Richtung kurzer Futterpartikel (Gegenteil bei akuter, schwerer Azidose).
Vorher viel fressen
Erkrankten Kühe nach der Kalbung an subklinischer Ketose, fraßen sie in der Woche vor und zwei Wochen nach der Kalbung signifikant weniger als Kühe, die gesund blieben (Übersicht 3). Eine um ein Kilogramm niedrigere Trockenmasseaufnahme eine Woche vor der Kalbung ergab ein 2,2-fach höheres Risiko, in der Woche nach der Kalbung an subklinischer Ketose zu erkranken!
Ähnlich verhält es sich mit den Besuchen an den Wiegetrögen während des Versuchs (Goldhawk et al., 2009): Zehn Besuche weniger resultierten in einem 3,5-fach erhöhten Risiko, nach der Kalbung an einer Ketose zu erkranken. Verbrachten die Kühe zehn Minuten weniger Zeit am Futtertisch, ergab dies ein um 1,9-fach erhöhtes Risiko für subklinische Ketose.
Tipp: Weniger Zeit am Futtertisch vebringen die Kühe auch dann, wenn rangniedrigere Kühe durch Überbelegung verdrängt werden. Genügend Platz und Fressplätze vorhalten - gerade in der Transitperiode!
Nur bei mehrkalbigen Kühen
Bei der Wiederkaudauer zeigte sich kein so deutlicher Zusammenhang wie bei Trockenmasseaufnahme oder den Wiegetrogbesuchen, trotzdem lassen sich auch aus der Veränderung dieses Messwerts Rückschlüsse ziehen. In einem Versuch (DeVries et al., 2016) wurden die 339 Kühe aus vier Herden in vier Gruppen eingeteilt: gesund, subklinische Ketose, eine oder mehrere Krankheiten (außer Ketose), subklinische Ketose plus eine oder mehrere weitere Krankheiten. Bei Färsen ergab sich kein Zusammenhang zwischen Wiederkauverhalten und Krankheitsgeschehen, was aber auch an der geringen Anzahl an Erstlaktierenden liegen könnte.
Bei mehrkalbigen Kühen hingegen bestand sicher ein Unterschied zwischen kranken und gesunden Kühen: Tiere, die gesund durch die Transitperiode kamen, kauten in der Zeit von zwei Wochen vor bis vier Wochen nach der Kalbung im Schnitt 459 Minuten pro Tag wieder. Kühe mit subklinischer Ketose beschäftigten sich damit 25 Minuten weniger. Wiesen die Kühe neben der subklinischen Ketose noch eine oder mehrere weitere Krankheiten auf, waren es sogar 44 Minuten weniger pro Tag.
Unabhängig vom Wiederkauen fanden die Forscher bei mehrkalbigen Kühen folgende Risikofaktoren für subklinische Ketose:
- hohe Milchleistung in der Laktation zuvor,
- starker Verlust an Körperkondition über die Transitperiode,
- hohe Belegdichte in der Woche vor der Kalbung.
- hohe Milchleistung in der Laktation zuvor,
- starker Verlust an Körperkondition über die Transitperiode,
- hohe Belegdichte in der Woche vor der Kalbung.
Das Risiko für weitere Krankheiten neben subklinischer Ketose stieg mit der Laktationsnummer, einer langen Trockenperiode, höherer Belegungsdichte in der Woche vor der Kalbung und reduzierter Wiederkaudauer in der Woche nach der Kalbung an.
Tipp: Überwachen Sie die Wiederkautätigkeit während der Transitperiode. Schauen Sie in den Einstellungen des Herdenmanagementprogramms nach, ab welcher Veränderung das Programm eine Warnung ausspuckt. Leider bieten sehr wenige Systeme neben Warnlisten auch eine automatische Auswertung der Wiederkaudauer an. Haben Sie nicht für alle Kühe Wiederkausensoren angeschafft, bringen Sie sie einige Wochen vor der erwarteten Kalbung an Ihre Transitkühe an. Nur so erhält das System die Möglichkeit, ein „normales“ Verhalten und eine Basislinie für jede einzelne Kuh zu berechnen.
Fazit: Alarmsignale für subklinische Ketose sind
- geringere Futteraufnahme in der Woche vor der Kalbung,
- gesunkene Wiederkautätigkeit.
- geringere Futteraufnahme in der Woche vor der Kalbung,
- gesunkene Wiederkautätigkeit.
Nicht zu lange stehen!
Mastitiserreger leben in der Stallumwelt der Kühe und können eine Euterentzündung auslösen. Wie häufig und wie lange Kühe liegen oder stehen, kann darum einen Einfluss auf die Mastitishäufigkeit der Herde ausüben.
Zum Beispiel besteht die Überlegung: Je länger Kühe nach dem Melken stehen, desto mehr Zeit hat der Strichkanal, um sich zu schließen und umso geringer ist die Gefahr einer Euterinfektion. Kühe stehen nach dem Melken im Schnitt 55 bis 80 Minuten. Das größte Mastitisrisiko wiesen jene Kühe auf, die sich sofort (innerhalb von 30 bis 60 Minuten) nach dem Melken niederlegten. Aber: Ebenso hoch war das Risiko für Kühe, die nach dem Melken zwei Stunden und länger auf den Beinen waren (Übersicht 4)! Den größten Einfluss auf die Standzeit nach dem Melken hatte die Futtervorlage. Durch frisches Futter oder regelmäßiges Nachschieben verbrachten die Kühe „nach der Arbeit“ mehr Zeit außerhalb der Boxen (Übersicht 5).
Risikofaktoren für Mastitis sind demnach:
- Die Kühe legen sich sofort nach dem Melken hin.
- Die Kühe stehen nach dem Melken länger als zwei Stunden.
- Die Kühe legen sich sofort nach dem Melken hin.
- Die Kühe stehen nach dem Melken länger als zwei Stunden.
Fazit
Das Verhalten von Kühen kann dazu genutzt werden, um kranke oder Risikokühe frühzeitig aufzuspüren. Denn gerade bei subklinischer Ketose ist es wichtig, Risikotiere früh zu erkennen. Technik wie Wiederkausensoren oder Ortungssysteme können dabei unterstützen. Leider gibt es bisher erst wenige Softwarelösungen, die Problemkühe vollautomatisch mit der richtigen Diagnose auswerfen.-cs-