Soja-Import sind mehr und mehr verpönt, der Rapsanbau geht zurück. Wir haben uns nach Eiweißalternativen umgeschaut.
Der Soja-Verbrauch in Deutschland sinkt. Doch trotz des Rückgangs konnte sich der heimische Rapsanbau im Gegenzug nicht stabilisieren. Im Gegenteil: Erstmals seit 2012 ist der deutsche Selbstversorgungsgrad für Eiweißfuttermittel wegen rückläufiger Rapsertragsmengen unter die magische Grenze von 30 % gerutscht. In Europa sind Proteinträger vorhanden – ein Blick...
Soja-Import sind mehr und mehr verpönt, der Rapsanbau geht zurück. Wir haben uns nach Eiweißalternativen umgeschaut.
Der Soja-Verbrauch in Deutschland sinkt. Doch trotz des Rückgangs konnte sich der heimische Rapsanbau im Gegenzug nicht stabilisieren. Im Gegenteil: Erstmals seit 2012 ist der deutsche Selbstversorgungsgrad für Eiweißfuttermittel wegen rückläufiger Rapsertragsmengen unter die magische Grenze von 30 % gerutscht. In Europa sind Proteinträger vorhanden – ein Blick auf weitere Alternativen lohnt sich.
Sonnenblumenschrot mit viel Protein
Die Attraktivität von Sonnenblumen hat zugenommen. In den vergangenen fünf Jahren sind der Anbau in der EU (+13%) als auch der Verbrauch in Deutschland gestiegen. Sonnenblumenextraktionsschrot, das in Deutschland erhältlich ist, ist GVO-frei und stammt nahezu immer aus europäischem Anbau. Es weist je nach Verarbeitungsgrad (entschält, teilentschält) sehr unterschiedliche Rohproteingehalte auf, die zwischen 30 % und mehr als 40% liegen können. Interessant ist bei der Sonnenblume der hohe Gehalt an Methionin, der im Vergleich zum Sojaschrot höher liegt. Der Lysingehalt liegt allerdings unter dem von Raps. Seit einigen Jahren sind auch Sonnenblumenschrote auf dem Markt, die durch spezielle physikalische Verfahren (Siebung etc.) Rohproteingehalte von bis zu 46% aufweisen können (Rohproteingehalt nahezu vergleichbar mit HP-Soja). Auch die UDP-Gehalte (unabgebautes Futterprotein) liegen bei diesen behandelten Produkten mit 25 bis 30% auf einem mit Soja vergleichbaren Niveau.
Durch die Erhöhung des Rohproteingehalts bei Sonnenblumenschrot, macht dessen Einsatz damit auch in eiweißreichen Ergänzungsfuttermitteln Sinn. Allerdings rechnet sich dieser Einsatz im Verhältnis zum Rapsschrot bisher nur in wenigen Fällen. Hinzukommt, dass Sonnenblumenschrot einen mit Raps vergleichbaren Phosphor(P)-Gehalt aufweist (ca. zwischen 10 und 11 g/kg TM), der mit der Verarbeitung noch zunimmt (Nährstoffausscheidung, DüngeVO).
Lupinen für Kühe geeignet
Bei den Körnerleguminosen ist die Lupine (blau, süß, bitterstoffarm) mit Rohproteingehalten zwischen 33 und 35 % am ehesten für die MilchkuhFuetterung geeignet. Erbsen und Ackerbohnen haben einen hohen Stärkegehalt. Für Rationen (mais-, stärkebetont) ist dieser der begrenzende Faktor. Wie gut Lupinen in Rationen passen, konnten z.B. Untersuchungen der LLG Sachsen-Anhalt (Iden) nachweisen, in denen sich keine Unterschiede zwischen einer Ration mit Rapsextraktionsschrot (RES) und einer mit der Kombination aus Raps/Lupine zeigten. Eine hydrothermische Behandlung kann den UDP-Gehalt in Lupinen um ca. 10 % steigern. Dies macht auch einen Einsatz für Bio-Betriebe interessant, die keine Extraktionsschrote einsetzen dürfen. Lupinen müssen geschrotet oder gequetscht gefüttert werden. Das Ertragsniveau ist bei den Körnerleguminosen gering und schwankt. Ob sich der Anbau lohnt, muss deshalb betriebsindividuell entschieden werden.
Heimisches Soja
Als Alternative zu Körnerleguminosen bieten sich auch in Deutschland angebaute Sojabohnen an. Hier ist die Ertragsmenge in den vergangenen Jahren auf 62.000 t (2018) gewachsen. Der Grund ist, dass neue Sorten auf den Markt gekommen sind, die eine bessere Kälteresistenz aufweisen und niedrigere Temperatursummen benötigen. Sojabohnen haben einen höheren Eiweißgehalt (ca. 40% Protein) als Lupinen. Für den Einsatz in der Milchkuhration ist eine Behandlung nicht notwendig, sofern sie einen Teil anderer Eiweißträger ersetzen sollen. In Fuetterungsversuchen u.a. an der Universität Hohenheim hat sich gezeigt, dass ein Anteil an unbehandelten Sojabohnen von 2 kg (TM/Kuh/Tag) unkritisch ist. Bei höheren Gehalten begrenzt das Fett der Bohnen die Futteraufnahme. Sojabohnen haben weniger Phosphor als Rapsextraktionsschrot. Anbauen lassen sich Sojabohnen dort, wo auch Körnermais gut wachsen kann.
Mit Trockenschlempen Raps ersetzen
Als Alternative bietet sich Getreidetrockenschlempe an, die bei der Bioethanolherstellung anfallen. Schlempen sind reich an Protein, Fett und Mineralstoffen. Durch die Trocknung erhöht sich der Anteil an beständigem Protein (UDP). Versuche in Iden mit Weizen-/Gerstenschlempe zeigten, dass Trockenschlempen Rapsextraktionsschrot, bei vergleichbarem Futterwert, ersetzen können. In dem Versuch wurden 3 kg Rapsschrot durch Trockenschlempe ersetzt. Trockenschlempen eignen sich durch ihren niedrigen RNB-Gehalt gut als Proteinkomponente in grassilagereichen Rationen. Beim Einsatz der Schlempen sollte auf die Deklaration geachtet werden, denn die Nährstoffgehalte schwanken.
Insekten: Krabbeltiere als Futter
Das Magazin Der Spiegel titelte: „Astronautennahrung für Kühe, Forscher suchen Alternativen zu Soja und werden bei Insekten und Algen fündig“. Doch ist es realistisch diese an Kühe zu verfüttern? Dem Einsatz von Insektenmehl sind zumindest derzeit Grenzen gesetzt, denn im Nutztierbereich (WiederkäuerFuetterung), außer bei Aquakulturen, gibt es im Moment noch keine Zulassung für die VerFuetterung tierischer Proteine. Insekten sind zudem Nutztieren gleichgestellt, sodass Nahrungsquellen, wie Gülle oder Abfälle, nicht infrage kommen. Damit müssen Insekten mit Getreide oder Sojaschrot gefüttert werden, das eigentlich direkt an Nutztiere verfüttert werden könnte. Schwierig ist bisher auch, Insektenmehl gleichbleibender Qualitäten herzustellen. Derzeit schwanken in den Endprodukten die Protein- und Aminosäuren-Gehalte stark. Zudem sind die Insekten vermutlich nicht in der Lage, essenzielle Aminosäuren zu produzieren. Ein Einsatz in der menschlichen Ernährung scheint Experten deshalb auf mittelfristige Sicht wahrscheinlicher.
Aus dem Wasser auf den Futtertisch
Tierernährer der Universität Hohenheim haben sich mit Nährstoffzusammensetzung und Verdaulichkeit von Mikroalgen beschäftigt. Die Algen fielen durch einen hohen Proteinwert auf. Allerdings zeigten die Versuche eine hohe Variation der Nährstoffgehalte und -eigenschaften (z.B. Verdaulichkeit, nutzbares Rohprotein) zwischen verschiedenen Mikroalgengattungen, aber auch innerhalb einer Gattung.
Ein standardisiertes Futtermittel lässt sich also nicht so einfach produzieren. Zudem benötigt der Anbau viel Energie, weshalb sich das „Futtermittel“ Mikroalge derzeit nicht rechnet. Wasserlinsen stehen auf der Positivliste und sind damit als Einzelfuttermittel zugelassen. Allerdings scheint auch hier eine VerFuetterung zumindest mittelfristig nicht realistisch. Denn der Anbau benötigt viel Wärme und CO2 (hohe Kosten), wodurch sich die Wasserlinse als Futtermittel wirtschaftlich nicht darstellen lässt.
Fazit: Die alternativen Eiweißträger sind nur ein Teil der in Rationen einsetzbaren Proteinquellen (kein Anspruch auf Vollständigkeit). Vor dem Einsatz sollte man sich sowohl die Futtermittel (schwankende Gehalte) als auch die eigene Ration anschauen. Insekten und Algen können ein künftiger Eiweißlieferant sein. Doch dazu müssen erst Gesetze geändert werden. Zudem ist absehbar, dass sie sich mittelfristig nicht rechnen.B. Ostermann-Palz