Kühe sind Feinschmecker. Sagt ihnen das Wasser in den Tränken nicht zu, saufen sie nicht genug. Das fällt aber oft erst an heißen Tagen auf, wenn die Leistung plötzlich einbricht. Kennen Sie diese Situation? Dann ist es höchste Zeit, Ihr Tränkewassersystem zu überprüfen!
Fehlen Ihnen bei der Milchabholung nach dem ersten heißen Sommertag schlagartig über 15 % der normalen Milchmenge im Tank, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass das Tränkewasser den Ansprüchen Ihrer Kühe nicht genügt. Vorausgesetzt weder Fütterung, Stallbelegung noch ein anderer Faktor, der die Herde beeinflussen könnte, haben sich kurz zuvor geändert! Bei kühlen Temperaturen können die Kühe ihren Wasserbedarf vielleicht gerade noch mit den ungern aufgenommenen Mengen eines schlecht schmeckenden Wassers decken. Doch wenn das Thermometer auf 28 °C Umgebungstemperatur klettert, muss eine Kuh bis zu 150 Liter Wasser pro Tag saufen – das schafft sie nicht, wenn es ihr nicht 100 %ig schmeckt. Die Folge ist ein abrupter Leistungseinbruch und nicht, wie bei normalem Hitzestress, ein leicht verzögerter.
Jetzt müssen Sie handeln! Aus den langjährigen Erfahrungen, die wir durch Anfragen zu diesem Problem und deren Nachverfolgung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover sammeln konnten, haben wir eine praktikable Lösungsstrategie entwickelt. Am Anfang steht dabei keine kostenintensive Gesamtwasseruntersuchung, sondern ein einfacher Nachweis darüber, ob Ihr Wasser tatsächlich das Problem ist – quasi ein „Herden-Test“. Denn die Kühe zeigen am besten, ob es ihnen schmeckt oder eben nicht!
Leistungseinbußen von 20 bis 30 %
Bei hohen Temperaturen nutzen Kühe das aufgenommene Wasser vermehrt zur Regulation der Körpertemperatur, der Wasserbedarf steigt (Übersicht 1). Schmeckt das Wasser nicht, saufen sie nicht genug, es bleibt weniger Wasser für die Milchsynthese übrig – pro Liter produzierter Milch braucht es rund drei Liter Wasser. In Ställen mit schlechter Wasserqualität kann es an solchen Tagen deswegen durchaus zu Leistungseinbußen von 20 bis 30 Prozent kommen. In der kühlen Jahreszeit liegt ein durch mindere Wasserqualität verschuldeter Leistungsverlust etwa bei sieben bis acht Prozent – das fällt nicht so extrem an der Tankmilch auf, es ist eher ein wabernder Normalzustand. Auch diesen kann man jedoch kritisch hinterfragen: Rechnen Sie gegeneinander, auf welche Leistung die gefütterte Ration ausgelegt ist und wie viel Milch Ihre Kühe tatsächlich daraus produzieren. Ist die Differenz groß, kann auch das auf eine zu geringe Wasseraufnahme hindeuten. Pro Kilogramm aufgenommener Trockenmasse (TM) müssen Kühe, je nach Zusammensetzung und TM‑Gehalt der Ration, vier bis fünf Liter Wasser aufnehmen, um sie angemessen verdauen und verstoffwechseln zu können.
Der Herden-Test gibt Aufschluss
Fällt Ihnen ein solcher Leistungseinbruch auf, sollten Sie nicht zuerst ziellos eine teure Wasseranalyse machen lassen, da diese ein sehr wesentliches Kriterium nicht erfasst: Die Schmackhaftigkeit des Wassers – so wie Ihre Herde sie empfindet! Denn Geschmack kann nicht allein an chemisch-physikalischen Parametern abgelesen werden. An den meisten Standorten ist es zudem unwahrscheinlich, dass sich die mineralische Zusammensetzung des Grundwassers plötzlich verändert. Rinder, die im Bestand aufgewachsen sind bzw. über Jahre am gleichen Standort stehen, sind z. B. an ortsbedingte erhöhte Kalk- oder Eisengehalte und damit an deren Geschmack im Wasser gewöhnt.
Verantwortlich für eine negative Veränderung der Schmackhaftigkeit eines Wassers sind hingegen vor allem Biofilme (siehe Kasten). Das ist daher der erste Punkt, der in unserem Lösungsansatz überprüft wird:
1. Hauptleitung öffnen
Öffnen Sie als erstes die Hauptwasserleitung an einer leicht zugänglichen Stelle und wischen Sie mit einem sauberen Tuch (Küchentuch) durch den Rohrinnenraum (siehe Bild auf Seite 35). An der Verschmutzung des Tuches (Belag) erkennen Sie, ob ein Biofilm in Ihrem Tränkewassersystem vorhanden ist oder nicht. Ist ein Biofilm vorhanden, wird die Keimbelastung des Wassers erhöht sein. Eine Grundreinigung der Leitungen ist fällig!
2. Milchmenge vor dem Reinigen
Um schwarz auf weiß überprüfen zu können, ob die Kühe nach der Grundreinigung der Wasserleitung mehr saufen und somit mehr Milch produzieren können, notieren Sie sich die Menge der abgeholten Tankmilch am Tag vor der Reinigung. Wenn vorhanden, können Sie zusätzlich den Wasserverbrauch der Kühe am Zählerstand der Wasseruhr erfassen.
3. Grundreinigung durchführen
Führen Sie dann die Grundreinigung der Wasserleitung des gesamten Tränkesystems nach Herstellerangaben des gewählten Reinigungsmittels (Säure- oder Laugelösungen, ggf. Kombination; je nach Leitungsmaterial verschieden) durch. Holen Sie sich dazu gegebenenfalls Hilfe von Fachleuten ein. Wichtig ist, dass Sie auch die vorhandenen Vorlaufbehälter und Filter kontrollieren und mitreinigen – deren Wartung wird in den meisten Fällen vernachlässigt! Filter haben nicht nur eine große Oberfläche zum eigentlichen Filtern, sie bieten unter schlechten Bedingungen auch viel Platz zur Ausbreitung eines Biofilms!
Lassen Sie während der Reinigung alle Tränkebecken/-nippel mit durchlaufen. Nach den einzelnen Reinigungsschritten müssen die Leitung und alle Tränken dann mit Frischwasser (Trinkwasser; nicht aus Ihrer bisherigen Tränkewasserquelle!) gespült werden.
Sorgen Sie dafür, dass die Kühe (alle betroffenen Tiere) während der Reinigung nicht an die normalen Tränken gehen können und stellen Sie eine alternative Wasserversorgung sicher (Wasserfässer).
4. Stadtwasser tränken
Lassen Sie die Tränken nach der Reinigung und Desinfektion bis zur nächsten Milchabholung mit Stadtwasser bzw. Wasser aus Ihrem Trinkwasserbrunnen laufen. Dadurch können Sie unbeeinflusst durch den Biofilm oder die Qualität Ihres normalen Tränkewassers überprüfen, wie hoch die Wasseraufnahme Ihrer Kühe tatsächlich ist bzw. sein kann.
5. Kontrolle der Wasseraufnahme
Um festzustellen, wie stark die gehemmte Wasseraufnahme die Milchleistung Ihrer Kühe beeinflusst hat, vergleichen Sie die Tankmilchmenge der auf die Reinigung folgenden Milchabholung mit der von vor der Grundreinigung. Ist die Milchmenge jetzt deutlich höher als noch vor der Reinigung, ist die Qualität bzw. der Geschmack Ihres üblichen Tränkewassers ganz sicher schlecht.
Nun müssen Sie klären, warum das Wasser schlecht ist sowie entscheiden, wie künftig weiter getränkt wird und sich dabei dauerhaft eine gute Wasserqualität sicherstellen lässt.
6. Wasseranalyse durchführen
Um herauszufinden, warum genau Ihr normales Tränkewasser problematisch ist und warum sich ein Biofilm aufbauen konnte, wird nun eine Wasseranalyse nötig. Dazu sollten Sie sich vorab bei der LUFA oder einem entsprechenden anderen Labor informieren, ob das Wasser nach einem Tränkewasserstandard (Übersicht 2) untersucht werden kann (günstiger als Trinkwasseranalyse) und wie Sie bei der Entnahme der Probe vorgehen sollte (siehe auch ElitePLUS).
Ein neuer Brunnen ist sinnvoll
Anhand des Analyseergebnisses muss abgewogen werden, was die schlechte Wasserqualität verursacht hat. Einträge von Oberflächenwasser etwa können zu hohen Konzentrationen an Nährstoffen und hohen Keimgehalten führen. Oberflächenwasser tritt z.B. ein, wenn der obere Brunnenabschnitt nicht versiegelt ist oder wenn durch höhere Entnahmemengen plötzlich Wasser aus unerwünschten Schichten mit eingezogen wird. Unseren Erfahrungen auf Milchkuh-Betrieben mit minderen Wasserqualitäten nach, ist es langfristig die beste Entscheidung einen neuen Brunnen an geeigneter Stelle (Einzugsrichtungen und Geschichte der darüber liegenden Flächen aufklären) zu planen und fachgerecht anlegen zu lassen (Versiegelung des oberen Schachtabschnittes).
Empfehlung: Brunnenwasser zur Sicherheit einmal jährlich mikrobiologisch sowie chemisch-physikalisch untersuchen lassen!
Bedenken Sie: Filter und Aufbereitungsanlagen sind kein Allheilmittel. Sie verursachen laufende Kosten und erfordern einen hohen Wartungsaufwand, dem häufig nicht fristgerecht nachgekommen wird – und dann kann der Schuss sprichwörtlich nach hinten losgehen! Zudem lässt sich nicht jedes Brunnenwasser aufbereiten. Ob dennoch eine Aufbereitung des Wassers für Sie in Frage kommt, weil Sie geogene, also nicht durch einen Brunnenbau umgehbare, Bedingungen hinter dem Problem vermuten, empfehlen wir Ihnen dringend eine neutrale Spezialberatung (Landwirtschaftskammern, Wasserversorger u.a.) in Anspruch zu nehmen. Diese ist nicht daran interessiert, Ihnen irgendein System bzw. eine Technik zu verkaufen, sondern daran, Ihr Problem schlichtweg und langfristig zu lösen.
Haben Sie die Vermutung, dass Ihr Wasser auch für andere, unterschwellige Probleme verantwortlich sein könnte, etwa eine jahrelange nur mittelprächtige Fruchtbarkeit, ist auch hier die Hilfe einer Spezialberatung gefragt. So etwas ist nicht so leicht zu überprüfen, wie die reine Schmackhaftigkeit! Es muss ausgeschlossen werden, ob nicht etwa ein anderer Faktor wie Futterqualität oder Management dahinter steckt. Aufgrund der vielen, sich häufig verändernden Einflussfaktoren ist das eine sehr komplexe Aufgabe.
Künftig mit der Wasseruhr
Die beste und mit 60 bis 80 € kostengünstigste Möglichkeit die Wasseraufnahme – und damit indirekt die Wasserqualität – zu kontrollieren, ist der Einbau eines simplen Wasserzählers. Überschlägt man den Wasserbedarf (verschiedene Formeln unter ElitePLUS) der Herde, kann man deren Wasseraufnahme (abzüglich anderweitig verbrauchter Wassermengen z.B. für Reinigung Tank und Melkanlage) einfach ablesen. Durch die tägliche Kontrolle des Wasserverbrauches – also die Wasseraufnahme der Kühe – merken Sie bedeutend schneller, wenn sich die Qualität und der Geschmack des Wassers verändert, als wenn Sie nur auf die Ergebnisse einer einmal jährlich erfolgenden Wasseruntersuchung vertrauen.-kb-