Angesichts der angespannten Liquiditätslage sind gute Strategien gefragt, um in den kommenden Monaten finanziell über die Runden zu kommen.
Klar ist, bei dem derzeitigen Milchpreisniveau kann kaum ein deutscher Milcherzeuger mehr Geld verdienen! Bei diesem Milchpreisniveau geht es nur noch ums Überleben. Allein das ist schon schwierig genug,...
Angesichts der angespannten Liquiditätslage sind gute Strategien gefragt, um in den kommenden Monaten finanziell über die Runden zu kommen.
Klar ist, bei dem derzeitigen Milchpreisniveau kann kaum ein deutscher Milcherzeuger mehr Geld verdienen! Bei diesem Milchpreisniveau geht es nur noch ums Überleben. Allein das ist schon schwierig genug, denn mittlerweile sind die Notgroschen auf den meisten Milchkuhbetrieben restlos aufgebraucht, ist die Liquiditätslage mehr als angespannt! Zu lange dauert nun schon die Phase der geringen Auszahlungsleistungen. Guter Rat ist jetzt gefragter denn je! Was tun, wenn jeder Rechnungseingang zu Unwohlsein führt? Wie die kommenden Monate überstehen, wie Bares auftreiben, um die in absehbarer Zeit auflaufenden Rechnungen (Saatgut, Dünger) und den Lohnunternehmer zu begleichen? Bis die Milchpreise wieder eine Auszahlungsmarke erreichen, die dazu führt, dass unter dem Strich etwas überbleibt, dürften noch Monate ins Land ziehen.
Betroffen sind mittlerweile alle Milcherzeuger, unabhängig von der Herdengröße. Denn wie sich aus den Betriebszweigauswertungen ablesen lässt, ist nicht die Kuhzahl entscheidend, sondern vielmehr der Unternehmergewinn. Der hängt nicht immer unbedingt nur von der Kuhzahl ab. So sind z.B. gerade die Wachstumsbetriebe die Gekniffenen, denn der Cocktail aus Kapitaldienst, Löhnen und Pachten ist deutlich teurer. Im Vergleich dazu haben „kleinere“ Betriebe, die während der letzten Jahre nicht oder nur in geringem Umfang investiert haben, weniger Belastungen zu stemmen. Besonders schlimm getroffen hat es Unternehmen, in denen die Betriebsleiter während der Bauphase oftmals noch vermehrt Zeit auf der Baustelle zugebracht haben, wodurch dann letztlich die Leistungen im Kuhstall gelitten haben.
Schonungslose Analyse
Zunächst steht eine (schonungslose) Analyse der derzeitigen Situation an:
- Ermittlung des aktuellen Kapitaldienstes (GRB)
- Aufstellung sämtlicher Finanzierungen (Tilgungspläne, Verträge, Obligo)
- Erstellung einer/s Liquiditätsvorschau/-Plans
- Ermittlung von Reserven (mithilfe der BZA)
- Ermittlung des aktuellen Kapitaldienstes (GRB)
- Aufstellung sämtlicher Finanzierungen (Tilgungspläne, Verträge, Obligo)
- Erstellung einer/s Liquiditätsvorschau/-Plans
- Ermittlung von Reserven (mithilfe der BZA)
Zwei Kennzahlen sind zu berechnen:
Milcherzeuger, die einen Kapitaldienst von weniger als fünf Cent/kg auffinden, müssen sich kaum Sorgen machen. Enger wird es hingegen bei einem Kapitaldienst von sieben bis neun Cent/kg, ein Kapitaldienst in dieser Höhe ist gerade noch vertretbar. Richtig aufpassen müssen Unternehmen mit Kapitaldiensten über zehn Cent/kg Milch. In diesem Fall ist Alarmstufe Rot gegeben! Solch hohe Werte sind am Ende oft das Ergebnis einer Vielzahl an Investitionsmaßnahmen, die sich „unbewusst“ angehäuft haben. Um nicht in eine solche existenzgefährdende Lage zu geraten, empfiehlt es sich, mindestens einmal im Monat den Finanzstatus zu prüfen!
Liegt die Liquiditätslücke zwischen fünf und 12 Cent/kg Milch, reicht es in aller Regel nicht mehr aus, nur die Reserven im Kuhstall zu heben. An einem intensiven und offenen Gespräch mit der/den Banken mit dem Ziel einer Umfinanzierung führt kein Weg vorbei. Mehrere Möglichkeiten sind hier denkbar:
Schließen der Lücke
Abzuraten ist vom „Anschreiben lassen“ bzw. der Inanspruchnahme eines Händler-Darlehens.
Die Zinsen für ein derartiges Darlehen (Länge der Laufzeit?) liegen zumeist deutlich über denen eines Kontokorrents (Girokonto). Lässt sich auf einem anderem Weg kein Fremdkapital mehr auftreiben, sollte – auch wenn’s schwer fällt – ernsthaft über eine komplette Entschuldung oder gar eine Betriebsaufgabe nachgedacht werden.
Fünf Rezepte
Unterstellt wird in den nachfolgenden beschriebenen Kalkulationen ein typischer, der Spezialberatung angeschlossener norddeutscher Familienbetrieb mit 120 Milchkühen, der jährlich eine Million Liter an die Molkerei abliefert (Milchleistung: 8.333 kg/Jahr). Bewirtschaftet werden 120 ha Fläche. Der Rohüberschuss beläuft sich auf 81.000 €, der Gewinn liegt bei rund 30.000 €. Nach Abzug der Privatentnahmen (62.000 €) und der Tilgung (28.000 €) verbleibt eine Liquiditätslücke von 60.000 €.
- Rezept 1: Bestand abstocken
- Rezept 2: Konsequentes Sparen inkl. Tilgungsaussetzung
- Rezept 3: Produktionsabläufe optimieren/Herdenaufstockung
- Rezept 4: Bestandsverdoppelung/Neubau einer Liegehalle für 4.000 €/Platz, 1.000 €/Kuh
- Rezept 5: Tragende Jungtiere auslagern und Kuhherde aufstocken
- Rezept 1: Den Kuhbestand abstocken: Warum nicht weniger Milch melken, wenn mit jedem erzeugten Liter ein Verlust eingefahren wird? Warum also nicht von 120 zurück auf 90 Kühe? Das ist gleichbedeutend mit einer Verringerung der Milchanlieferung um 200.000 kg auf 800.000 kg. Um es vorwegzunehmen, diese Maßnahme rentiert sich nur, wenn die 30 „überzähligen“ Kühe und die nicht mehr benötigten Grundfuttermengen für 66.000 € veräußert werden können. Das ist denn auch die Krux an der Sache. Und: Eine solche Maßnahme lässt sich in der Regel nur ein Mal durchführen!
- Rezept 2: Sparen inkl. Tilgungsaussetzung: Unterstellt werden Einsparungen von 40.000 € und eine Verringerung der jährlichen Tilgungsleistung um 20.000 €. Gelingt dies, dann wäre eine schwarze Null absehbar. Doch diese Variante erfordert neben eiserner Disziplin (sparen!) einen vertrauensvollen Umgang mit der Bank!
- Rezept 3: Produktionsabläufe optimieren und Herde aufstocken: Ist noch Platz im Stall oder lassen sich mit Bordmitteln zusätzliche 20 Kuhplätze einrichten, könnte der Rohüberschuss um 23.000 € erhöht werden. Da aber weniger Rinder vermarktet werden (interne Aufstockung), verbleibt am Jahresende immer noch ein Minus von 37.000 €.
- Rezept 4: Verdoppelung des Bestands/Neubau einer Liegehalle: Warum nicht den Milchkuhbestand verdoppeln, um so mehr Einnahmen zu generieren? Mit zunehmender Herdengröße sollte sich auch eine nicht unerhebliche Kostendegressionen erreichen lassen. Unterstellt wird, dass der Kuhbestand von 120 auf 240 Tiere gespiegelt wird. Dazu wird eine neue Liegehalle errichtet (120 Plätze für je 4.000 € je Kuhplatz = 480.000 € gesamt). Von einer Erweiterung der Melkanlage wird zunächst abgesehen. Im Ergebnis verdoppelt sich die Milchmenge (2 Mio. kg), der Rohüberschuss erhöht sich aber nur gering-fügig um 8.500 €, da für 120.000 € Grundfutter zugekauft werden muss. Letztlich sinkt aufgrund der höheren Zinsbelastung der Gewinn. Unter der Annahme, dass mit der Tilgung sofort begonnen wird, erhöht sich die Liquiditätslücke auf -83.530 €.
- Rezept 5: Tragende Jungtiere auslagern und Kühe aufstocken: Im Gegensatz zur Aufstockung mit Neubau einer Liegehalle rechnet sich eine „moderate“ Aufstockung der Herde um 40 auf 160 Milchkühe, wenn gleichzeitig durch eine Auslagerung des Jungrinderbestands Platz für die zusätzlichen Kühe freigeräumt wird. In diesem Fall muss nicht in ein neues Stallgebäude investiert werden. Der Clou dieser Variante liegt in der Auslagerung der trächtigen Rinder. Während der kritischen ersten Phase der Aufzucht (Tränke und Besamung) verbleiben die jungen Tiere im Betrieb; nur die trächtigen Rinder werden ausgelagert. In dieser Phase stellen die Rinder keine allzu großen Ansprüche an die Fütterung und die Betreuung, sodass es möglich sein müsste, einen aufnehmenden Betrieb zu finden. Denkbar ist z.B., dass ein aufgebender Milchkuhbetrieb, der noch über entsprechende Stallkapazitäten und Fütterungstechnik verfügt, die Rinder in Pension nimmt.
- Rezept 1: Bestand abstocken
- Rezept 2: Konsequentes Sparen inkl. Tilgungsaussetzung
- Rezept 3: Produktionsabläufe optimieren/Herdenaufstockung
- Rezept 4: Bestandsverdoppelung/Neubau einer Liegehalle für 4.000 €/Platz, 1.000 €/Kuh
- Rezept 5: Tragende Jungtiere auslagern und Kuhherde aufstocken
- Rezept 1: Den Kuhbestand abstocken: Warum nicht weniger Milch melken, wenn mit jedem erzeugten Liter ein Verlust eingefahren wird? Warum also nicht von 120 zurück auf 90 Kühe? Das ist gleichbedeutend mit einer Verringerung der Milchanlieferung um 200.000 kg auf 800.000 kg. Um es vorwegzunehmen, diese Maßnahme rentiert sich nur, wenn die 30 „überzähligen“ Kühe und die nicht mehr benötigten Grundfuttermengen für 66.000 € veräußert werden können. Das ist denn auch die Krux an der Sache. Und: Eine solche Maßnahme lässt sich in der Regel nur ein Mal durchführen!
- Rezept 2: Sparen inkl. Tilgungsaussetzung: Unterstellt werden Einsparungen von 40.000 € und eine Verringerung der jährlichen Tilgungsleistung um 20.000 €. Gelingt dies, dann wäre eine schwarze Null absehbar. Doch diese Variante erfordert neben eiserner Disziplin (sparen!) einen vertrauensvollen Umgang mit der Bank!
- Rezept 3: Produktionsabläufe optimieren und Herde aufstocken: Ist noch Platz im Stall oder lassen sich mit Bordmitteln zusätzliche 20 Kuhplätze einrichten, könnte der Rohüberschuss um 23.000 € erhöht werden. Da aber weniger Rinder vermarktet werden (interne Aufstockung), verbleibt am Jahresende immer noch ein Minus von 37.000 €.
- Rezept 4: Verdoppelung des Bestands/Neubau einer Liegehalle: Warum nicht den Milchkuhbestand verdoppeln, um so mehr Einnahmen zu generieren? Mit zunehmender Herdengröße sollte sich auch eine nicht unerhebliche Kostendegressionen erreichen lassen. Unterstellt wird, dass der Kuhbestand von 120 auf 240 Tiere gespiegelt wird. Dazu wird eine neue Liegehalle errichtet (120 Plätze für je 4.000 € je Kuhplatz = 480.000 € gesamt). Von einer Erweiterung der Melkanlage wird zunächst abgesehen. Im Ergebnis verdoppelt sich die Milchmenge (2 Mio. kg), der Rohüberschuss erhöht sich aber nur gering-fügig um 8.500 €, da für 120.000 € Grundfutter zugekauft werden muss. Letztlich sinkt aufgrund der höheren Zinsbelastung der Gewinn. Unter der Annahme, dass mit der Tilgung sofort begonnen wird, erhöht sich die Liquiditätslücke auf -83.530 €.
- Rezept 5: Tragende Jungtiere auslagern und Kühe aufstocken: Im Gegensatz zur Aufstockung mit Neubau einer Liegehalle rechnet sich eine „moderate“ Aufstockung der Herde um 40 auf 160 Milchkühe, wenn gleichzeitig durch eine Auslagerung des Jungrinderbestands Platz für die zusätzlichen Kühe freigeräumt wird. In diesem Fall muss nicht in ein neues Stallgebäude investiert werden. Der Clou dieser Variante liegt in der Auslagerung der trächtigen Rinder. Während der kritischen ersten Phase der Aufzucht (Tränke und Besamung) verbleiben die jungen Tiere im Betrieb; nur die trächtigen Rinder werden ausgelagert. In dieser Phase stellen die Rinder keine allzu großen Ansprüche an die Fütterung und die Betreuung, sodass es möglich sein müsste, einen aufnehmenden Betrieb zu finden. Denkbar ist z.B., dass ein aufgebender Milchkuhbetrieb, der noch über entsprechende Stallkapazitäten und Fütterungstechnik verfügt, die Rinder in Pension nimmt.
Bleibt festzuhalten
Oberstes Ziel der Unternehmensführung bei den niedrigen Milchauszahlungspreisen ist es, die Liquidität im Unternehmen zu erhalten. Dieses Ziel lässt sich auf unterschiedlichen Wegen bzw. mit verschiedenen Strategien erreichen. Egal welchen Weg Sie einschlagen, den größten Einfluss auf den Betriebserfolg haben immer noch Sie als Unternehmer! Denn „unternehmen“ bedeutet, mit beschränkten Ressourcen das bestmögliche Ergebnis zu erwirtschaften.
Auch wenn die nahe Zukunft derzeit nicht gerade rosig erscheint, kaufmännisch orientierte Betriebsleiter mit Lust auf Kühe, die ihr Tagesgeschäft im Griff haben, sich externe Hilfe und Anregungen holen und mit den Besten der Branche zusammenarbeiten, werden auch diese Krise überstehen. Die Herdengröße spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle.-ve-