Elite: Ist jetzt der Zeitpunkt gekommen um Liquiditätsreserven anzulegen?
Lührmann: Noch nicht wirklich! Denn aufgrund der niedrigen Milchpreise der vergangenen Monate sind vorher noch etliche „Löcher“ zu stopfen. Mit dem Aufbau einer Liquiditätsreserve kann erst in (Milchpreis-)Phasen begonnen werden, in denen ein finanzieller Überschuss...
Elite: Ist jetzt der Zeitpunkt gekommen um Liquiditätsreserven anzulegen?
Lührmann: Noch nicht wirklich! Denn aufgrund der niedrigen Milchpreise der vergangenen Monate sind vorher noch etliche „Löcher“ zu stopfen. Mit dem Aufbau einer Liquiditätsreserve kann erst in (Milchpreis-)Phasen begonnen werden, in denen ein finanzieller Überschuss erwirtschaftet wird. Die Reserve kann auch zur zukünftigen Liquiditätsverbesserung (z.B. Darlehenstilgung etc.) eingesetzt oder besser zurückgelegt werden.
Elite: Über welche Geldmengen reden wir?
Lührmann: Die Höhe dieser Liquiditätsreserve ist von betriebsindividuellen Faktoren abhängig. Sie muss beispielsweise entsprechend höher ausfallen, wenn Mitarbeiterlöhne zu zahlen sind, der Betrieb einen hohen Kapitaldienst zu zahlen hat, hohe Pachtzahlungen zu entrichten sind, nur eine durchschnittliche Rentabilität erreicht wird oder hohe Entnahmen getätigt werden. In diesen Fällen ist es erforderlich eine Liquiditätsreserve von mindestens 5 ct/kg Jahresmilcherzeugung aufzubauen. Das entspricht, bei einem Milchauszahlungspreis von 30 ct je kg Milch, etwa zwei Monatsmilchgeldern. Für Milchkuhbetriebe mit hervorragender Rentabilität, wenig Fremdkapital und vielleicht auch noch Erträgen aus anderen Betriebszweigen, kann bereits ein Monatsmilchgeld (2,5 ct/kg Jahresmilcherzeugung) als Liquiditätsreserve genügen. Grundsätzlich ist eine Liquiditätsreserve unter Verfügbarkeitsgesichtspunkten anzulegen und nicht nach Renditegesichtspunkten, auch wenn das gegebenenfalls zu geringeren Kapitalerträgen führt.
Elite: Liquiditätsdarlehen aufnehmen ohne den Kapitaldienst zu erhöhen – geht das?
Lührmann: Ja, das geht, wenn in den kommenden Jahren der Kapitaldienst (Zins und Tilgung) der derzeitig vorhandenen Darlehen nachhaltig sinkt. Das ist am ehesten der Fall, wenn noch vorhandene Fremdkapitaldarlehen abgetilgt werden. In diesen Fällen empfiehlt es sich, die Tilgung des neuen Darlehens zur Liquiditätssicherung erst dann einsetzen zu lassen, wenn das Altdarlehen abgetilgt ist. Denn dadurch entfällt der Kapitaldienst des Altdarlehens und steht so für den Kapitaldienst des neuen Liquiditätsdarlehens zur Verfügung. Bis dahin erhöht sich der Kapitaldienst des Betriebes „nur“ um die Zinsen des neuen Darlehens.
Elite: Worauf sollten Landwirte beim Abschluss von Liquiditätsdarlehen achten?
Lührmann: Nicht zu kurzfristig finanzieren! Eine Darlehenslaufzeit von mindestens acht bis zehn Jahren ist hier anzuraten. Nicht selten wurde in der zurückliegenden Tiefpreisphase an allen Ecken und Enden gespart, dadurch ist es vielfach zu Unterhaltungs- und Bruttoinvestitionsstaus gekommen. Diese müssen vorrangig beseitigt werden, um langfristig mit der gewohnten Intensität und Effektivität wirtschaften zu können. Werden diese Maßnahmen zugunsten einer hohen Darlehenstilgung weiterhin zurückgestellt, nimmt der Betrieb langfristig wirtschaftlichen Schaden! Außerdem sind auch Verbindlichkeiten bei Lieferanten und Händlern aufgelaufen, die noch abzutragen sind. Und für das kommende Frühjahr sollte zusätzliche Liquidität für die Außenwirtschaft aufgebaut werden, um nicht sofort wieder einen finanziellen Engpass zu provozieren!