Im April 2019 will Großbritannien der EU endgültig den Rücken kehren. Dann könnten auf die Milchbranche harte Zeiten zukommen. Über mögliche Szenarien diskutierten Molkereimanager, Wissenschaftler und Marktexperten auf dem Welt-Milchgipfel in Belfast.
Der Brexit beschäftigt inzwischen viele Marktteilnehmer in der EU, auch in der Milchbranche. Das zeigte sich in den Diskussionen auf dem Welt-Milchgipfel in...
Im April 2019 will Großbritannien der EU endgültig den Rücken kehren. Dann könnten auf die Milchbranche harte Zeiten zukommen. Über mögliche Szenarien diskutierten Molkereimanager, Wissenschaftler und Marktexperten auf dem Welt-Milchgipfel in Belfast.
Der Brexit beschäftigt inzwischen viele Marktteilnehmer in der EU, auch in der Milchbranche. Das zeigte sich in den Diskussionen auf dem Welt-Milchgipfel in Belfast. Auf den ersten Blick ist vor allem die irische Republik betroffen, denn hier wird es künftig die einzige Landgrenze nach Großbritannien geben. Allein 800 Mio. Liter Milch aus Nordirland (Vereinigtes Königreich, UK) werden in Irland zu bekannten Molkereiprodukten wie z.B. Kerrygold verarbeitet. Können diese Lieferbeziehungen nach dem Brexit weiter bestehen? Steht die Milchbranche EU-weit vor einem Umbruch?
Harter oder weicher Brexit?
Auf dem politischen Parkett in Brüssel werden derzeit drei Szenarien diskutiert:
- Ein Freihandelsabkommen wie mit der Schweiz: Die Wirtschaftsbeziehungen der EU mit der Schweiz werden in 120 Abkommen geregelt, die einen direkten Zugang zum EU-Binnenmarkt ermöglichen.
- Ein Freihandelsabkommen wie mit der Schweiz: Die Wirtschaftsbeziehungen der EU mit der Schweiz werden in 120 Abkommen geregelt, die einen direkten Zugang zum EU-Binnenmarkt ermöglichen.
- Soft-Brexit: Eine optimale Lösung wäre eine Handelsbeziehung, wie sie die EU derzeit mit Norwegen praktiziert. Hierbei könnte Großbritannien durch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im europäischen Binnenmarkt vertreten sein. Vorteile hätte diese Regelung besonders für Unternehmen, die im gesamten EU-Raum agieren.
- Soft-Brexit: Eine optimale Lösung wäre eine Handelsbeziehung, wie sie die EU derzeit mit Norwegen praktiziert. Hierbei könnte Großbritannien durch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im europäischen Binnenmarkt vertreten sein. Vorteile hätte diese Regelung besonders für Unternehmen, die im gesamten EU-Raum agieren.
- Hard-Brexit: Kommt kein Freihandelsabkommen zustande, treten die Binnenmarktregeln automatisch außer Kraft. Der Handel zwischen der EU und UK könnte dann wegen der Zölle richtig teuer werden – insbesondere für Großbritannien. Denn für die Briten ist der EU-Markt wichtiger als Großbritannien für die allermeisten EU-Mitgliedstaaten.
- Hard-Brexit: Kommt kein Freihandelsabkommen zustande, treten die Binnenmarktregeln automatisch außer Kraft. Der Handel zwischen der EU und UK könnte dann wegen der Zölle richtig teuer werden – insbesondere für Großbritannien. Denn für die Briten ist der EU-Markt wichtiger als Großbritannien für die allermeisten EU-Mitgliedstaaten.
Geringer Selbstversorgungsgrad
Hinzu kommt, dass Großbritannien ein Milchdefizit von 2,7 Mrd. kg pro Jahr hat. Mit anderen Worten, der Selbstversorgungsgrad bei Milch und Milchprodukten liegt insgesamt nur bei ca. 77%. Sollte es nach dem Brexit zu Einfuhrzöllen oder Ähnlichem kommen, wird das die Lebensmittelpreise auf der Insel, speziell für Butter und Käse, extrem nach oben treiben. Jede Unterbrechung der Handelskette (Einfuhrzölle, Importbeschränkungen) würde es den UK-Milchproduzenten allerdings auch ermöglichen, den inländischen Marktanteil zu erhöhen. Deshalb plant die private Molkerei Müller UK & Ireland beispielsweise in den nächsten drei Jahren 100 Mio. £ (113 Mio. €) in die Erweiterung ihrer Kapazitäten zu investieren. So wollen sie die Abhängigkeit Großbritanniens von importierten Milchprodukten weiter verringern.
Wie eine Verschiebung der Handelsbeziehungen für ein europaweit agierendes Molkereiunternehmen aussehen könnte, schilderte Tomas Pietrangeli, Geschäftsführer von Arla UK (Vereinigtes Königreich). Die Genossenschaft hat in Großbritannien ca. 2.500 Mitglieder (jeder vierte Milchviehhalter in UK liefert an Arla) und erzielt einen Umsatz von 2,2 Mrd. £ (2,5 Mrd. €) jährlich. 3,7 Mrd. Liter Milch pro Jahr werden u.a. zu Käse, Butter und Trinkmilch verarbeitet. Somit ist die Insel verantwortlich für 25% des Gesamtumsatzes von Arla Foods. Damit das Unternehmen gut florieren kann, ist es auf freie Märkte angewiesen. Hierbei ist sowohl der Zugang zu Rohmilch sowie zu wachsenden Märkten europa-/weltweit unter wettbewerbsfähigen Bedingungen erforderlich.
Keine Quoten und Steuern für Milch
Für Arla Foods scheint die richtige Ausgestaltung des Brexits überlebenswichtig. Für die Genossenschaft sind die Forderungen an die Verhandlungsführer darum eindeutig:
- Eine Übergangsfrist bis Ende 2022, also noch drei weitere Jahre bis nach dem offiziellen Austritt;
- weniger Subventionen, hin zu mehr Förderung von Investitionen der inländischen Molkereibranche;
- keine Quoten und gesonderten Steuern für Milch und Milchprodukte.
- Eine Übergangsfrist bis Ende 2022, also noch drei weitere Jahre bis nach dem offiziellen Austritt;
- weniger Subventionen, hin zu mehr Förderung von Investitionen der inländischen Molkereibranche;
- keine Quoten und gesonderten Steuern für Milch und Milchprodukte.
Um den Brexit bestmöglich zu begleiten, gibt es bei Arla Foods UK deshalb längst ein Brexitmanagement. Auch eine „Farmer Brexit Einsatzgruppe“ ist im Aufbau, um den Milcherzeugern mit Rat und Tat zur Seite stehen zu können.
Folgen für die EU-Länder
Die größten Herausforderungen bezüglich des Brexits wird Irland zu tragen haben. Denn beispielsweise 85% des Cheddar Imports des Vereinigten Königreichs stammen aus der Republik Irland. Das Land wird deshalb bestrebt sein, weiterhin einen Marktzugang zum Vereinigten Königreich zu behalten, da es allein im letzten Jahr 87.000 Tonnen dorthin exportiert hat. Wird der Marktzugang nach Großbritannien erschwert, könnten die Iren versuchen, sich langfristig neue Märkte auf dem europäischen Festland zu erschließen. Dies und eingeschränkte Exportmöglichkeiten nach UK würde die europäische Milchbranche stark unter Druck setzen, davon ist Kasper Thormod Nielsen (Leiter European Public Affairs, Arla Foods) überzeugt. Neue Absatzmöglichkeiten müssten identifiziert und erschlossen werden; ähnlich der Situation zu Beginn des Russland-Embargos im Jahr 2014.
Diese Entwicklung würde sich auch deutlich in Deutschland bemerkbar machen. Denn der Export nach UK belief sich im Jahr 2015 auf 5,5% der Ausfuhren an Milchprodukten.
Fazit: Die Folgen des Brexits auf die Milchwirtschaft hängen stark von dem Ergebnis der Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien ab. Kommt es zu einem harten Brexit, wird sich die europäische Molkereibranche neue Absatzmärkte erschließen müssen.-os-