Familie Winter setzt auf drei Standbeine: 40 Milchkühe und Nachzucht, 17 ha Wald und ein Lohnunternehmen. Doch das Herz schlägt für die Fleckviehherde!
Das mittlere Abteil des Tandemmelkstands öffnet sich, mit einem leisen Zischen rutscht die Schiebetür am Eingang des Melkstands zur Seite. Gemächlich trottet eine breite Fleckviehkuh auf den...
Familie Winter setzt auf drei Standbeine: 40 Milchkühe und Nachzucht, 17 ha Wald und ein Lohnunternehmen. Doch das Herz schlägt für die Fleckviehherde!
Das mittlere Abteil des Tandemmelkstands öffnet sich, mit einem leisen Zischen rutscht die Schiebetür am Eingang des Melkstands zur Seite. Gemächlich trottet eine breite Fleckviehkuh auf den Melkplatz. Während Christoph Winter die Zitzen einsprüht, abwischt und die Melkbecher anhängt, die er einzeln aus der Halterung zieht, kaut „Biscaya“ entspannt wieder. Leise klackend beginnt sich das Melkzeug zu bewegen und die stoßenden Bewegungen eines Kalbes nachzuahmen. 2010 haben Winters im Zuge des Stallbaus die Multilactor-Melktechnik eingebaut. Nennenswert geändert haben sich Leistung und Eutergesundheit nicht – denn beides war in der Fleckviehherde schon in den letzten zehn Jahren ganz schön gut: 2016 erreichte die Herde einen Stalldurchschnitt von 11.200 kg Milch (LKV) bei 4,66% Fett und 3,60% Eiweiß. Doch die Kühe werden auch alt: Die Abgangsleistung liegt derzeit bei 36.341 kg Milch.
Dafür unternimmt die Familie, bestehend aus Betriebsleiterehepaar Thomas und Monja Winter, Sohn Christoph und weiteren Familienangehörigen, viel. „Wir nehmen lieber weniger Futter in Kauf als eine schlechte Qualität“, stellt Christoph Winter klar. Ein hoher Schnitt, niedrige Aschegehalte und ein früher Schnittzeitpunkt sind ihm wichtig: „Wir mähen den zweiten Schnitt, wenn andere den ersten machen.“ Im Winter füttert er Gras- und Maissilage, im Sommer ersetzt er wegen der Nacherwärmungsgefahr Maissilage durch Heu. Kraftfutter wird über einen Transponder gegeben, da ein Futtermischwagen bislang noch auf der Wunschliste steht. „Das holen wir aber nach, sobald ein wenig Geld übrig ist“, sagt Thomas Winter. Kühe, die in die Laktation starten, erhalten Maisschrot, Rübenschnitzel und Leinsamen dazu; später nur Getreideschrot und Soja. Das Futter baut Familie Winter auf 50 ha selbst an. Eine mobile Mahlanlage zerkleinert das Getreide vor Ort. Beim Sojaanbau seien früh Doppel-Null-Sorten und sandige Standorte wichtig. Um die 2 t/ha ernten sie jährlich; der Rest (75%) wird zugekauft. In diesem Jahr ist die starke Trockenheit ein Problem. „Der dritte Schnitt ist praktisch ausgefallen! Wir müssen daher im Spätsommer versuchen, unsere Rundballenvorräte aufzufüllen.“
Das Melken neigt sich dem Ende zu, worauf die sinkende Anzahl Eutertücher in dem extra aufgestellten, sauberen Eimer hindeutet. Aus dem Melkstand geht es durch einen Vorraum auf den Futtertisch, ein Bewegungsmelder schaltet automatisch das Licht an. Auf dem Laufgang kratzt leise der Schieber. „Sauberkeit im Stall ist uns sehr wichtig“, sagt Christoph Winter. Die Entmistung läuft 18 mal pro Tag, die Boxen werden wöchentlich eingestreut und zweimal täglich gereinigt, genau wie Tränken und Übergänge. Die Zellzahl beträgt winters 50.000 bis 60.000 Zellen/ml Milch, im Sommer um die 100.000 Zellen/ml.
Ebenso standardisiert ist die Tierbeobachtung in den Tagesplan eingebaut: „Neben den Stallzeiten verbringen wir mittags eine halbe Stunde zwischen den Kühen, um Auffälliges früh zu erkennen. Wir wollen, dass es ihnen gut geht“, fasst Monja Winter zusammen. Im Sommer kühlt eine Sprinkleranlage den Fressgang, die Klauenpflege wird selbst durchgeführt. Die Kälber erhalten in den ersten fünf Tagen Biestmilch, danach zwei Monate lang Vollmilch (5 bis 8 l pro Mahlzeit) sowie Schrot, Heu und Wasser. Das Erstkalbealter beträgt 25 Monate. Doch mit der Fruchtbarkeit der erwachsenen Tiere ist Familie Winter nicht zufrieden – fünf bis sechs Besamungen sind nötig, um eine Kuh tragend zu bekommen. „Das muss unbedingt besser werden“, sorgt sich Christoph. Eine Maßnahme haben Winters bereits umgesetzt: Die Jungrinder werden nur noch 6 Monate lang intensiv mit Kraftfutter versorgt. „So verfetten sie weniger, der Progesteronspiegel im Blut bleibt stabiler“, hofft Thomas Winter. Bei der Auswahl der Vererber setzt Christoph zu 95% auf genomische Vererber, denn künftig sollen vermehrt Zuchtbullen vermarktet werden.
Als Risiko sieht Familie Winter den schwankenden Milchpreis. Mit 40 Kühen könne man auch in Österreich keine Familie ernähren. Gerne würden sie sich daher mehr auf Kühe konzentrieren: „Unser Ziel ist, die Herde zu verdoppeln!“ Aber: „Österreich setzt total auf extensive Viehwirtschaft. Gegen die Förderung auf den Flächen anzupachten, ist für Wachstumsbetriebe wie uns fast nicht machbar.“ Der Betrieb Winter liegt im Waldviertel in Niederösterreich, nah an der tschechischen Grenze. Die Region ist dünn besiedelt und klein strukturiert. Das sorgt für hohe Produktionskosten. „Was uns stark macht, ist der Zusammenhalt in der Familie. Der Betrieb ist gut aufgestellt und wir freuen uns darauf, ihn weiterzuentwickeln. Landwirtschaft ist unsere Leidenschaft!“
C. Stöcker