Wir waren für Sie in Ontario, New York State und Wisconsin unterwegs und haben uns Spitzenbetriebe angeschaut. Wir wollten wissen: Was bewegt die Betriebe? Woran arbeiten sie derzeit im Management?
➊ Trotz Quote weiter nach vorne
Erste Station der Rundreise war die Summitholm Holsteins Farm in der kanadischen Provinz Ontario, die der Familie...
Wir waren für Sie in Ontario, New York State und Wisconsin unterwegs und haben uns Spitzenbetriebe angeschaut. Wir wollten wissen: Was bewegt die Betriebe? Woran arbeiten sie derzeit im Management?
➊ Trotz Quote weiter nach vorne
Erste Station der Rundreise war die Summitholm Holsteins Farm in der kanadischen Provinz Ontario, die der Familie Loewith gehört. Die Familie managt zusammen mit drei Vollzeitkräften und zehn Teilzeitkräften 450 Kühe.
Die Herde zeichnet sich nicht nur durch ihre hervorragende Milchleistung von knapp 13.000 kg Milch (ohne BST-Einsatz) aus, sondern vor allem durch die erzielte Lebensleistung von 46.000 kg. Dies zeugt von einem ausgefeilten Management. Klimaführung und Boxen mit tiefem Sandbett sind für die Loewiths, neben der Luzernefütterung, die wichtigsten Faktoren für hohe Leistungen.
Insgesamt verkaufen die Loewiths pro Jahr 5 Mio. kg Milch, das macht ca. 95 % ihres Gewinns aus. Den restlichen Gewinn erzielen sie aus dem Verkauf von jährlich 70 bis 80 Färsen und der Vermarktung der Bullenkälber (400 CAN$, ca. 290 € pro Kalb). Die hohen Preise für männliche Kälber resultieren aus dem aktuell knappen Angebot an Fleischrindern in Kanada. Die Mitarbeiter erhalten je nach beruflicher Qualifikation zwischen 15 und 23 CAN$ (10,3 bis 15,7 €) pro Stunde.
Die kanadischen Milcherzeuger haben immer noch mit dem Milchquotensystem zu kämpfen. Familie Loewith gehört derzeit eine Quote von 550 kg Milchfett am Tag. Durch die gute Qualität der Milch (geringe Keim- und Zellzahlen) erhalten Loewith von ihrer Molkerei zusätzlich eine Quote von 50 kg Milchfett pro Tag. Aufgrund der staatlichen Deckelung der Quotenpreise von 25.000 CAN$ (17.100 €) pro kg Butterfett gibt es derzeit in Ontario fast keinen Quotenhandel und damit auch kaum Wachstum auf den Betrieben.
Dennoch hat sich Familie Loewith im Jahr 2014 dazu entschieden einen neuen Boxenlaufstall (200 Kuh- und 300 Färsenplätze) zu bauen. Damit wollten sie auch für die Zeit nach einem möglichen Wegfall der Quote gewappnet sein.
Im Stall ist die Stalldecke voll isoliert. Denn die Temperaturen können im Winter unter -30 °C absinken. Da die Außentemperaturen im Sommer aber auch auf deutlich über +30 °C ansteigen, sind die Milchviehställe großzügig mit Ventilatoren ausgestattet.
Um auch in Zukunft hohe Lebensleistungen erzielen zu können, war es Loewiths wichtig, die Mitarbeiter stärker ins Boot zu holen. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern hat die Familie Leitsätze für ihren Milchviehbetrieb entwickelt. Dazu gehört, dass sie die Bedürfnisse der Kühe an jedem einzelnen Tag erfüllen wollen.
➋ Kampf dem Ammoniak
Auf den True Farms im Bundesstaat New York (USA) werden von Jeff True und seinen zwei Brüdern 1.100 Kühe gemolken. Bei dreimaligem Melken erreichen die Kühe ein Tagesgemelk von etwa 39 kg bei 3,3 % Eiweiß. Neben Holsteins werden auch 100 Braunvieh- und Jerseykühe gehalten.
Besonders interessant auf diesem Milchviehbetrieb ist die Kälberhaltung. Da im Winter viel Schnee fällt, war die Bewirtschaftung der Einzeliglus sehr arbeitsaufwendig. Eine Zeitlang wurden die Kälber deshalb in Gruppen in Altgebäuden untergebracht. Doch die Ammoniakbelastung war hier sehr hoch, Atemwegserkrankungen damit an der Tagesordnung. Es wurden verschiedene Lüftungsmöglichkeiten ausprobiert, die jedoch nur einen geringen Erfolg brachten. Das Stallkonzept eines Berufskollegen befeuerte dann die Entscheidung, einen neuen Kälberstall zu bauen.
In dem neu gebauten Strohstall wird der Urin über schrägverlaufende Rillen im ansonsten planbefestigten Boden und durch eine Bodenneigung von 1 % schnell abgeführt. Die Rillen sind in einem Abstand von 75 cm im Boden eingefräst. Sie sind 4 cm breit und 5 cm tief. Ein schmales Edelstahlgitter soll das Verstopfen der Rillen mit Stroh verhindern. Der Urin fließt dann in einen Sammelbehälter ab. Durch das schnelle Abführen des Urins verringert sich laut Jeff True nicht nur der Ammoniakgehalt in der Luft, sondern auch die Stroheinstreu soll deutlich länger trocken bleiben.
Die Ammoniakbelastung soll zusätzlich durch Ventilatoren an der Längsseite und im isolierten Dach gesenkt werden. Die Ventilatoren sind in einem Abstand von 10 m angebracht und schalten sich bei einer Außentemperatur von 24 °C an. Insgesamt bietet der Stall Platz für 120 Kälber. Aufgestallt werden die jungen Tiere, bereits nach nur drei Tagen in einer Einzelbox, direkt in eine 20 er-Gruppe.
Die Haltung ist in den ersten Monaten so erfolgreich verlaufen, dass, nach Aussage des Betriebs-leiters, 95 % der Kälber nach 60 Tagen ihr Geburts-gewicht verdoppeln. Durch die bessere Luftqualität in der Kälber- und Jungrinderhaltung und der damit verbundenen besseren Tiergesundheit erhofft sich Jeff True eine Mehrleistung von 500 bis 1.000 kg Milch in der ersten Laktation. Insgesamt hat der Stall, inklusive der Tränketechnik, 300.000 US$ (261.000 €)gekostet.
➌ High End-Versuchsstall
Das wird es in deutschen Universitäten wohl nie geben: Ein nach neuesten Maßstäben geplanter Boxenlaufstall für 600 Kühe inklusive eines 16 er- SbS-Melkstands. Die Cornell Universität aber hat ein solches Projekt in 2013 in Angriff genommen. Ein Jahr später ließ die Universität zudem einen Versuchsstall für Einzelversuche für 80 Kühe und mit 12 Plätzen an denen es möglich ist Kot und Harn aufzufangen, erbauen. Um dieses Megaprojekt für 7,1 Mio. US$ ohne staatliche Zuschüsse realisieren zu können, ging die Universität neue Wege.
So erfolgt die Bewirtschaftung nicht durch Mitarbeiter der Universität, sondern über eine externe Firma, die alle Arbeiten rund um das Herdenmanagement erledigt. Versuchsansteller müssen deshalb drei bis vier Dollar pro Tier/Tag für die Nutzung des Stalls zahlen. Auch das gesamte Milchgeld wird an die Betreiber überwiesen. So müssen diese dafür sorgen, dass die Herde rentabel geführt wird.
Der neu erbaute Boxenlaufstall ist so angelegt, dass sich auf der einen Stallseite der Versuchsbereich befindet, auf der anderen Seite die Kühe stehen, die in keinen Versuch involviert sind. Bei der Planung achteten die Wissenschaftler vor allem auf einen hohen Kuhkomfort. Der Stall ist als Zweireiher ausgelegt. Auch auf Lüftung und Kühlung wurde viel Wert gelegt.
So wurde eine Tröpfchenberegnung oberhalb des Fressgitters angebracht. Hier werden die Kühe mit großen Tropfen beregnet. Eine Abkühlung bringen dann die Ventilatoren (Verdunstungskälte). Auch in diesem Stall liegen die Kühe auf Sandbetten, die einmal täglich eingeebnet werden. Der planbefestigte Boden wird über einen Vakuumsauger mehrmals täglich gereinigt. Diese Vakuumsauger werden in immer mehr Ställen anstatt der üblichen Faltschieber genutzt. Derzeit werden in dem Versuchszentrum vor allem Fütterungsversuche zur Verdaulichkeit von NDF bzw. zur Fraktion der unverdaulichen NDF (uNDF) durchgeführt.
➍ Leistung auf höchstem Niveau
Einer der leistungsstärksten Betriebe in Wisconsin ist die Farm (500 Kühe) von Jeff Horsens. Sie gehört mit einer Leistung von 17.500 kg Milch zu den zehn besten Betrieben in dem Bundesstaat. Die Gründe für diese Leistung sind vielschichtig. Zum einen setzen Horsens das Wachstumshormon BST ein, aber auch das dreimalige Melken, sowie das routinemäßige Verfüttern von Rumensin (Monensin) zur Ketoseprophylaxe erlauben diese Leistung. Diese Gründe sind aber nicht allein ausschlaggebend. Denn diese Maßnahmen sind auch auf anderen Betrieben Standard, ohne dass sie ähnliche Leistungen wie Horsens erzielen. Die Gründe für seinen Erfolg liegen u.a. im Management der Transitphase und der Genetik. Trockengestellt werden die Kühe 55 bis 60 Tage vor dem Kalbetermin. Da Horsens am 60. Trächtigkeitstag das Geschlecht der Kälber bestimmen lässt, weiß er früh, welche Kühe Zwillinge erwarten. Diese Tiere erhalten dann eine Sonderbehandlung, sie werden eine Woche früher trockengestellt.
Die Trockensteherration besteht aus Stroh, wenig Gras, Maissilage und einem Trockenstehermineral. Insgesamt sind 90 bis 100 g Kalzium in dieser Ration. Saure Salze werden in keinem Fall gefüttert. In der Vorbereitung erhalten die Kühe dann 6 kg Silomais (TM), Rapsschrot, Trockenstehermineral und kaliumarmes Heu (Rohrglanzgras, Canary Grass). Die Fütterung, davon ist Horsens überzeugt, kann nur bei einer sehr geringen Belegdichte funktionieren. Diese liegt in dieser Gruppe bei max. 80 %.
Aus der Vorbereitungsgruppe gehen die Kühe erst in die Abkalbebox, wenn die Füße der Kälber zu sehen sind. Nach der Geburt kommen sie direkt in die Frisch-melkergruppe und die Abkalbebox wird gereinigt. Auch bei den Frischmelkern liegt die Belegdichte nur bei maximal 90 %.
Bei den Frischlaktierenden wird in den ersten 10 Tagen die Temperatur gemessen und an Tag 4 und 6 ein Ketose-Bluttest durchgeführt. Ältere Kühe erhalten einen Ca-Bolus zur Milchfieberprophylaxe.
Auch die Genetik ist für den Erfolg verantwortlich. Daher lässt er das weibliche Jungvieh genotypisieren. Beim besten Drittel wird noch vor der ersten Kalbung ET durchgeführt. Das zweite Drittel lässt er mit gesextem Sperma besamen. B. Ostermann-Palz