Erst Erreger bestimmen, dann Trockensteller auswählen

Es ist immer wieder ärgerlich, wenn die Kuh mit hohen Zellzahlen in die Laktation startet. In der Regel hat sich die Kuh während der Trockenstehperiode infiziert. Dem lässt sich vorbeugen. Aber nicht jeder Trockensteller ist gleich gut geeignet.

Zumeist sind es Umweltstreptokokken (z.B. Streptococcus uberis), die zu Neuinfektionen in der Trockenstehperiode führen. In der darauffolgenden Laktation treten dann oftmals mittelgradige Euterentzündungen mit Flocken, geschwollenem Euterviertel und leichtem Fieber auf, die Fresslust ist meist noch vorhanden. Derart erkrankte Kühe sprechen nur schlecht auf eine Therapie an, Rückfälle (plötzlicher Anstieg der Zellzahlen) sind an der Tagesordnung. Viele dieser Kühe enden als „Zellzahlmillionäre“ und gehen nicht selten vorzeitig ab.

Penicillinhaltiger Trockensteller bei S.uberis

Untersuchungen der letzten Jahre zeigen, dass im Durchschnitt etwa 15 bis 20 % der Kühe am Ende der Laktation mit Streptococcus uberis infiziert sind. Dieser Umwelterreger kommt in jedem Betrieb vor. Der Infektionsdruck ist besonders hoch in Ställen mit Tiefstreu, Tretmist und auf eingestreuten planbefestigten Böden. Die Trockenperiode sollte genutzt werden, um bei diesen Kühen mithilfe eines geeigneten Trockenstellers dem Erreger den Garaus zu machen. Streptococcus uberis-Erreger dringen gerne in der Trockenperiode über den Strichkanal ins Euter ein.
S.uberis-Neuinfektionen oder eine bereits bestehende S.uberis-Infektion lassen sich in der Trockenstellperiode am besten mit penicillinhaltigen Präparaten verhindern beziehungsweise behandeln. Fragen Sie Ihren Tierarzt, welches Präparat sich am besten für Ihre Herde eignet!
Die euterhautassoziierten Erreger wie Koagulase-negative Staphylokokken (KNS) und die Strichkanalbesiedler Corynebacterium spp. haben nur eine untergeordnete Bedeutung und sind für die Entscheidung, ob ein antibiotische Trockensteller angewendet werden sollte, nicht maßgebend.

Viele Handelsnamen, wenig Wirkstoffe

In Deutschland sind derzeit mehr als 15 Trockenstellpräparate für die intramammäre Anwendung zugelassen. Es gibt unterschiedliche Wirkstoffgruppen, die sich hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gegenüber Mastitiserregern unterscheiden. Solange die Erregersituation in einem Betrieb nicht identifiziert ist, ist es nicht zielführend, irgendein Präparat einzusetzen.
Der unsachgemäße, weit verbreitete Einsatz der halbsynthetischen Penicillinpräparate, wie Cloxacillin und Oxacillin, als Trockensteller ist oftmals nicht vertretbar, da unnötig ein hoher Selktionsdruck auf Staphylokokken in Richtung der schwer beherrschbaren Methicillin-resistenten Staphylokken (MRSA)-Stämme erfolgt.
Auch die so genannten Breitspektrum-Antibiotika sind gegenüber einzelnen Erregergruppen wie Streptokokken oder Staphylokokken nicht besser wirksam als ein gezielt eingesetztes Antibiotikum mit vergleichsweise schmalem Wirkspektrum. Breitspektrum-Antibiotika können die physiologische Keimflora außerdem nachteilig beeinflussen und üben einen erhöhten Selektionsdruck auf die Begleitflora aus. Der Einsatz ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn durch die Untersuchung von Milchproben ein Mastitiserreger isoliert wurde, bei dem nur diese „Reserveantibiotika“ wirksam sind.
Quelle: Dr. Wolter