Wer das Verkalben mehrerer Kühe erlebt hat, weiß genau, wie wichtig die Diagnostik ist. Denn nur, wenn man weiß, welcher Erreger dahintersteckt, kann man die Abortserie stoppen.
Von Abort spricht man, wenn die Frucht zwischen dem dritten und achten Trächtigkeitsmonat abstirbt. In der Mehrzahl der Fälle wird die Frucht, unmittelbar nachdem sie abgestorben ist, ausgestoßen und sieht „frisch“ aus. Manchmal...
Wer das Verkalben mehrerer Kühe erlebt hat, weiß genau, wie wichtig die Diagnostik ist. Denn nur, wenn man weiß, welcher Erreger dahintersteckt, kann man die Abortserie stoppen.
Von Abort spricht man, wenn die Frucht zwischen dem dritten und achten Trächtigkeitsmonat abstirbt. In der Mehrzahl der Fälle wird die Frucht, unmittelbar nachdem sie abgestorben ist, ausgestoßen und sieht „frisch“ aus. Manchmal bleibt ein totes Kalb jedoch auch in der Gebärmutter. Das Fruchtwasser wird resorbiert und das Kalb trocknet ein. Diese sogenannten Mumien sind steril und stören das Allgemeinbefinden der Mutter nicht. Sie bleiben häufig in der Gebärmutter liegen oder werden erst viel später ausgestoßen: Zum Beispiel ein drei Monate alter Fötus im siebten Trächtigkeitsmonat. Bei einem unvollständigen Abort (die tote Frucht bleibt in der Gebärmutter) können Bakterien über den geöffneten Muttermund eindringen und die Frucht zersetzen. Das Muttertier ist dann erheblich im Allgemeinbefinden gestört. Treten die Störungen im ersten Drittel der Trächtigkeit auf, dauert es zwei bis fünf Tage, bis die tote Frucht ausgestoßen wird. In der zweiten Trächtigkeitshälfte liegen Ursache und Abort manchmal mehrere Wochen auseinander und sind nur noch schwer zuzuordnen. Die Abortrate im Bestand von drei bis vier Prozent gilt als durchschnittlich. Bei Problemen in der Herde können 10 bis 25% der Tiere verkalben. Dann besteht Handlungsbedarf.
Kein Stress für Hochtragende
Sporadisch auftretende Verkalbungen kommen nicht selten beim Umstallen der hochtragenden Färsen und Kühe in die Trockenstehergruppe vor, v.a. wenn man Einzeltiere umstallt. Die hochtragenden Tiere werden in Rangkämpfe verwickelt, die mit gefährlichen Stößen einhergehen.
Eine Infektion dagegen kann durch Sektion und Erregernachweis aus der Frucht und Teilen der Nachgeburt gelingen. Sie müssen getrennt und sauber verpackt (saubere Plastiktüte) zum Untersuchungslabor gebracht oder in einer Kühlbox verschickt werden. Eine Reihe von Erregern können aus dem Probenmaterial direkt nachgewiesen werden. Verdrecktes oder sich zersetzendes Probenmaterial ist bei der Untersuchung wenig ergiebig. Nachgeburtsteile und Sekrete aus der Gebärmutter sollten frisch aus der Gebärmutter entnommen und ebenfalls unmittelbar ins Untersuchungslabor gebracht werden.
Nach Auskunft von Biocheck Leipzig (Laborleiter Dr. Maik Röpke) wird in 75% der eingesandten Aborte ein Erreger nachgewiesen. Zu den oft nachgewiesenen Aborterregern gehören z.B. Chlamydien, selten dagegen findet man BVD (weitere Erreger siehe Übersicht 1). Werden Pilzgifte (Aflatoxin, DON) nachgewiesen, ist die Interpretation des gemessenen Wertes schwierig. Denn einer gewissen Belastung mit diesen Substanzen ist jede Kuhherde ausgesetzt. In jedem Fall ist das Immunsystem der Tiere durch die Schimmelpilze belastet und das kann zu einer erhöhten Empfänglichkeit für Infektionserreger führen.
Die indirekte Diagnostik kann durch die Antikörperbestimmung aus einer Serum-Doppelprobe erfolgen. Ein deutlicher Titeranstieg der Antikörper zwischen den beiden Proben weist auf ein infektiöses Geschehen hin. Auch hier ist die Interpretation der Befunde nicht immer einfach, da der Titerverlauf in infizierten Herden nicht immer erwartungsgemäß mit einem Anstieg des Antikörpergehaltes einhergeht. Die Serum-Doppelprobe kann aber als zusätzliche Information zur Sektion sinnvoll sein.
Therapie & Prophylaxe
Eine Kuh, die verkalbt hat, ist unter Umständen hoch infektiös und scheidet Erreger aus. Sie sollte von der Herde getrennt in einer Krankenbox aufgestallt werden, bis die Ursache geklärt ist. Wenn weitere klinische Symptome auftreten wie Fieber, Gebärmutterentzündung oder Durchfall, muss das Tier entsprechend behandelt werden. Eine erregerspezifische Therapie ist nur dann möglich, wenn ein Untersuchungsergebnis mit Erregernachweis vorliegt. Werden in einem Problembestand häufig bestimmte Erreger nachgewiesen, gibt es die Möglichkeit, von einem Impfstoffhersteller stallspezifische Vakzine herstellen zu lassen. Praxiserfahrungen zeigen, dass einige Herden nur grundimmunisert (zwei Impfungen) werden müssen und sich das Problem dann auflöst. In anderen Betrieben muss jährlich nachgeimpft werden, damit die Abortproblematik langfristig verschwindet. Die Impfung kann aber immer nur ein Baustein der Bekämpfung sein.M. Weerda