Gute Vorsätze zur täglichen Routine zu machen. Mit diesem Leitsatz kehrte Jonathan Bürkle von seinem Bachelor-Studium in Triesdorf auf den elterlichen Hof in Loßburg in Baden-Württemberg zurück. „Vor allem bei den Trockenstehern und in der Kälberaufzucht haben wir früher Potenzial verschenkt“, sagt der junge Landwirt. Mittlerweile hat er das komplette Management vom Trockenstellen der 150 Fleckviehkühe bis zum Absetzen der Kälber hinterfragt und an vielen Stellen deutlich optimiert.
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Gute Vorsätze zur täglichen Routine zu machen. Mit diesem Leitsatz kehrte Jonathan Bürkle von seinem Bachelor-Studium in Triesdorf auf den elterlichen Hof in Loßburg in Baden-Württemberg zurück. „Vor allem bei den Trockenstehern und in der Kälberaufzucht haben wir früher Potenzial verschenkt“, sagt der junge Landwirt. Mittlerweile hat er das komplette Management vom Trockenstellen der 150 Fleckviehkühe bis zum Absetzen der Kälber hinterfragt und an vielen Stellen deutlich optimiert.
Die Kälber werden nach der Kalbung relativ schnell von den Kühen getrennt und ins Iglu gebracht. Aus seiner Kolostrumbank holt Jonathan Bürkle dann eingefrorenes und zuvor pasteurisiertes Kolostrum im 4-l-Beutel, taut es auf und vertränkt es den Neugeborenen mithilfe eines Saugaufsatzes am Beutel innerhalb der ersten vier Stunden nach der Kalbung. In diesem Zeitfenster wird auch das Muttertier gemolken und ihr Kolostrum per digitalem Refraktometer auf seinen Gehalt an Immunglobulin G geprüft. Ab einem Wert von 220 g IgG – was 22 Brix entspricht – kommt es in den 4-l-Beuteln zum Pasteurisieren 60 Minuten lang bei 60 °C in den sogenannten Colostromat (Fa. Förster). Danach legt er sie in die Gefriertruhe.
Höherer Immunglobulin-Transfer
Liegt der Brix-Wert unter 15, wird die Milch verworfen, liegt er darüber, setzt Bürkle beim Auftauen der Milch einen Kolostrum-Aufwerter hinzu. „Uns ist wichtig, die IgG-Konzentration von 220 g nicht zu unterschreiten, damit auch Kälber, die in den ersten vier Stunden keine 4 l schaffen, ausreichend versorgt sind. Denn es gilt unbedingt, die anfängliche Immunitätslücke zu schließen.“
Der Transfer der Immunglobuline ins Kalb ist bei pasteurisiertem Kolostrum höher.
Jonathan Bürkle
Auf den Kolostrum-Beuteln notiert der Hofnachfolger jeweils den gemessenen IgG-Wert, das Datum und die Kuh. Auf den Pasteur möchte er nicht mehr verzichten, auch weil er die Portionen damit innerhalb von 45 Minuten wieder schonend auftauen kann. Er ist überzeugt: „Der Transfer der Immunglobuline ins Kalb ist bei pasteurisiertem, keimfreiem Kolostrum höher als bei unbehandeltem.“ Dieser Vorteil überwiege gegenüber einer Kolostrumgabe des eigenen Muttertieres.
Betriebsspiegel:
Ort: 72290 Loßburg
Kühe: 150
Milchleistung: 8.700 kg
Ak gesamt: 2,6 Ak
Ein Faible für Automatisierung
Bei der Optimierung der Kälberhaltung hatte Bürkle vor allem angesichts der zahlreichen anderen Standbeine des Betriebes – wie Biogaserzeugung, Pensionspferdehaltung, Gastronomie und Ferienwohnungen – auch die Arbeitswirtschaft im Blick.
Und da Vater und Sohn ohnehin ein Faible für die Automatisierung haben, lag die Anschaffung des automatischen Tränkesystems für die Kälber, ein „CalfRail Duo“ nahe. Diese schienengeführte Technik kann über zwei Nuckel gleichzeitig zwei Kälber mit Milch aus dem Tränkeautomaten versorgen. Bei Bürkle erhalten sie 40 Tage lang Milch bzw. Milchaustauscher (MAT) ad libitum, das heißt, bis zu sechsmal am Tag bietet ihnen der Automat 2 bis 2,5 l Tränke an. Dabei handelt es sich zuerst um Vollmilch, nach zwei Wochen wird sie mit MAT verschnitten. Bis etwa zum 80. Tag gibt es nur noch MAT. „Die Bullenkälber rufen tatsächlich alles ab.“
Mit der Technik ist Jonathan Bürkle zufrieden, sie funktioniere verlässlich, nur die Einzeltiererkennung sei noch nicht ausgereift. „Wir wissen nicht, welches der paarweise gehaltenen Kälber tatsächlich wie viel Milch aufgenommen hat. Daran arbeitet der Hersteller noch.“ Durch die generelle Möglichkeit zur Desinfektion der Nuckel sei die Übertragungsgefahr von Keimen von Kalb zu Kalb geringer. „Aktuell bei den niedrigen Außentemperaturen wirkt das Desinfektionsmittel aber nicht zufriedenstellend, deshalb verzichten wir derzeit auf diese Funktion“, so Bürkle. Ob das zur aktuellen Kryptosporidien-Infektion bei zwei Kälbern beigetragen hat? Bereits ab dem 2. Tag bietet Jonathan Bürkle neben Wasser Heu zur freien Aufnahme an, nach einer Woche kommt die eigens gemischte Kälber-TMR hinzu: „Seit der Einführung der Kälber-TMR haben wir auch das Besaugen im Griff.“
Alte Iglus zu klein
Für die Kälberiglus hat er vor zwei Jahren eine einfache Pultdachhalle errichtet und gerade ein Windschutznetz nachgerüstet. Mit einer Reihe Einzel- und sechs Gruppen-iglus ist der Platz schon gut ausgefüllt. Um die Ausläufe maschinell entmisten zu können, hat er mit seinem Vater Friedrich vor den Gruppeniglus automatisch ablassbare Tore montiert: „Dadurch können wir sie für kurze Zeit einfach und störungsfrei im Iglu fixieren.“ Um auch mal Iglus leer stehen zu lassen, denkt der Betriebsleiter über die Anschaffung weiterer Iglus nach.
Paarweise gehaltene Kälber sind insgesamt fitter und saufen und fressen besser.
Jonathan Bürkle
Die meisten Kälber kommen vom Start weg gleich paarweise ins Iglu – sofern diese groß genug sind. „Denn unsere älteren Iglus erfüllen die Platzvorgaben von QM++ für die Pärchenhaltung von 4,5 m2 nicht, in diese kommen die Tiere dann noch einzeln.“ Die Einzeliglus verfügen nur über 2,9 m2, die Vorgaben ließen sich hier aktuell nur mit dem Auslauf erfüllen. Nach etwa vier Wochen geht es in Gruppeniglus mit sieben bis zehn Kälbern. „Dann sind sie aus unserer Sicht von der Immunität her stabil genug.“ Hier bleiben sie, bis sie etwa sechs Monate alt sind.
Die Erfahrungen mit der frühen paarweisen Haltung sind gut, sagt Bürkle. „Wir stellen fest, dass diese Tiere insgesamt fitter sind, schnell voneinander lernen und besser trinken und fressen. Dadurch sind sie insgesamt weniger anfällig für Stress und die spätere Umstallung ist einfacher.“ Wichtig sei allerdings, dass die Kälber vom Alter her maximal fünf Tage auseinander seien. Die paarweise Haltung spare Platz. Aber der Reinigungsaufwand sei bei den großen Iglus höher, zudem seien sie deutlich schwerer und unhandlicher.
Fokus auf die Trockensteher
„Das Fundament für die Kälberhaltung wird in der Trockenstehphase gelegt“, betont Jonathan Bürkle. In der einphasigen Ration achtet er deshalb auf niedrige DCAB-Werte und eine Trockenmasseaufnahme von mindestens 15 kg pro Tier und Tag. Ausreichend viele und ausreichend breite Fressplätze seien dafür die Voraussetzung. Mais, Gras, Stroh, Rapsschrot und Trockensteher-Mineral sind die wesentlichen Bestandteile. „Wenn sie nicht zwei Wochen lang angefüttert werden, leidet die Kolostrumqualität.“
Die Mühe im Kälberstall zahlt sich für den Betrieb aus. „In den letzten drei Jahren lagen unsere Kälberverluste unter 1 % ohne Totgeburten. Bei den Weiblichen können wir Zunahmen von 800 bis 1.000 g verzeichnen.“ Außerdem sank das Erstkalbealter von 29 auf 25 Monate. „Natürlich werden unsere Kälber auch krank und leiden an Durchfall oder Grippe. Aber wir schauen intensiv danach und trennen sie, wenn nötig, auch wieder voneinander, zum Beispiel bei einem Nabelbruch.“
Sprung in den Haupterwerb
Die Begeisterung der Betriebsleiter für die Automatisierung merkt man auch im Kuhstall. Nachdem klar war, dass der Sohn einsteigt, wurden Fakten geschaffen: 2013 gelang der Schritt vom Nebenerwerb mit 25 Kühen in den Vollerwerb mit einem Stallneubau für 80 Kühe mit Melkroboter und automatischer Fütterung. Die Erweiterung auf 140 Kühe und den zweiten Melkroboter folgte dann 2019. Auf dem Plan der Betriebsleiter steht aktuell die Steigerung der Milchleistung und die Verlängerung der Nutzungsdauer in der Herde ganz oben. Ziel seien 9.500 kg und fünf Laktationen. „Durch unser starkes Herdenwachstum haben wir viele Jungkühe, die nur 21 kg TS pro Tier und Tag fressen und bei der Milch nicht in Gang kommen.“ Ein Pasteurellen-Einbruch habe die Herde zudem insgesamt geschwächt. Dass das genetische Potenzial für mehr Milch vorhanden ist, weiß Jonathan Bürkle durch die Typisierung aller Tiere. „An diese Baustelle müssen wir ran.“
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