Elite Konferenz Herdenmanagement

Workshop-Tag: Kuhgesundheit & Herdenmanagement

An diesem Wochenende war es wieder soweit! Unsere Elite Konferenz Herdenmanagement fand zum dritten Mal mit internationalen Referenten statt. Der erste Workshop-Tag startete mit einem Vortrag von Julio Giordano (Cornell University). Er zeigte, dass die Daten aus Wiederkau- und Bewegungsaktivität das Gesundheitsmonitoring gerade auf wachsenden Betrieben nachhaltig verbessern kann. Anschließend fuhren wir auf zwei Spitzenbetriebe.

Können Wiederkau- und Aktivitätsmessung das Gesundheitsmonitoring verbessern?

Nicht nur in den USA, sondern auch in Europa werden die Milchkuhherden immer größer – und damit auch die Herausforderung, in diesen Herden die Gesundheit der einzelnen Kühe zu überwachen. Prof. Julio Giordano (Cornell Universität New York) referierte am Workshop-Tag der dritten Elite Konferenz Herdenmanagement darüber, ob und wie die Daten aus der technischen Erfassung von Wiederkauaktivität und Bewegungsaktivität das Gesundheitsmonitoring in der Frühlaktation verbessern oder unterstützen können. Giordano stieg in das Thema mit dem Ergebnis einer Befragung zu dem Umfang der routinierten Untersuchung in den Milchkuhbetrieben in New York State (300 bis 5.000 Kühe/Betrieb) ein:

  • 56 % der Betriebe untersuchten ihre frischlaktierenden Kühe einmal pro Woche
  • 25 % der Betriebe tun dies zweimal oder öfter
  • 19 % untersuchten ihre Kühe nicht standardisiert.

Metritis und Ketose waren dabei die Erkrankungen, die am wenigsten standardisiert kontrolliert wurden. Offensichtlichere Erkrankungen wie Labmagenverlagerung oder Nachgeburtsverhaltung wurden dagegen sicher erfasst.
Wie gut ein Gesundheitsmonitoring tatsächlich ist, hängt laut Giordano dabei wesentlich davon ab, wie vereinheitlicht die einzelnen Parameter von den Personen im Betrieb untersucht und beurteilt sowie welche Parameter dabei berücksichtigt werden. Als sinnvolle Parameter bzw. Methoden bei der täglichen Kontrolle des Gesundheitszustandes in der Frühlaktation nannte Giordano vor dem wissenschaftlich Beweis (Edwards und Tozer, 2004; Huzzey et al. 2007), dass eine reduzierte Futteraufnahme und Veränderung im Verhalten der Kühe der Beginn von stoffwechselbedingten und infektiösen Erkrankungen bei Milchkühen sind, folgendes:
  • 56 % der Betriebe untersuchten ihre frischlaktierenden Kühe einmal pro Woche
  • 25 % der Betriebe tun dies zweimal oder öfter
  • 19 % untersuchten ihre Kühe nicht standardisiert.

  • die direkte Beobachtung der allgemeinen Verfassung der einzelnen Kuh (Verhalten, Futteraufnahme, Ausdruck)
  • die Körpertemperatur
  • die Messung der Ketonkörper in Urin, Blut oder Milch
  • das Abhorchen des Verdauungstrakts
  • die sensorische Beurteilung des vaginalen Ausflusses
  • das Kontrollieren der Viertelbeschaffenheit des Euters sowie der Milchqualität
  • und die tägliche Milchmenge.

Die Befragung zeigte zudem, dass auf den Betrieben ein sehr unterschiedliches Verständnis über das Freshcow-Monitoring herrschte und damit auch ein variierender Gesundheitszustand der Herden. Ausgehend von diesem Erkenntnis führte die Cornell Universität eine Studie durch, in der erforscht wurde, ob nicht eine technische Erfassung von Wiederkau- und Bewegungsaktivität der Kühe sowohl für bisher wenig umfangreich kontrollierende Betriebe als auch für bereits sehr, sehr gewissenhaft untersuchende Betriebe ein Handwerkszeug darstellt, mit dem das Gesundheitsmonitoring verbessert werden kann. Es wurde verglichen, ob ein technisches System (Heat & Rumination (HR)-Tag SCR Dairy) genauso gewissenhaft, schlechter oder gar besser als das professionelle Personal auf einem der besten Milchkuhbetriebe in New York (12.000 kg Milch im Herdenschnitt; 2.000 Kühe) arbeitet.
  • die direkte Beobachtung der allgemeinen Verfassung der einzelnen Kuh (Verhalten, Futteraufnahme, Ausdruck)
  • die Körpertemperatur
  • die Messung der Ketonkörper in Urin, Blut oder Milch
  • das Abhorchen des Verdauungstrakts
  • die sensorische Beurteilung des vaginalen Ausflusses
  • das Kontrollieren der Viertelbeschaffenheit des Euters sowie der Milchqualität
  • und die tägliche Milchmenge.

Auf diesem Betrieb wurden alle frischabgekalbten Kühe vom ersten bis mindestens zum zehnten Laktationstag täglich untersucht auf: Allgemeinzustand, Körpertemperatur, Ketose (Urin), tägl. Milchmenge, Pansenfunktion, Milchqualität und Metritis (Vaginalschleim, alle Kühe spätestens am 8. Laktationstag).
Mit dem HR-Tag (Halsband) wurden die Kühe von ungefähr vier Wochen vor dem Abkalbetermin bis zum 80. Laktationstag überwacht. Ergebnisse:

  • Die Wiederkau- und Aktivitätsmessung, die in einem Gesundheitsindex zusammengefasst wurden, eignet sich vor allem dazu, sicher die Kühe aufzuspüren, die beginnen an einer Stoffwechsel- oder Verdauungsstörung zu erkranken (Labmagenverlagerung: 98 % der erkrankten Kühe wurden vom System im Schnitt drei Tage vor der menschlichen Diagnose gefunden; klinische Ketose: 91 % wurden bereits 1,5 Tage vor Diagnose erkannt).
  • Die Sicherheit (Sensitivität) der technischen Erfassung war geringer bei Metritis (55 % wurden 1,2 Tage vorher angezeigt) und Mastitis (53 % wurden 0,6 Tage vorher auffällig). Das könne daran liegen, dass die nur leicht an Metritis oder Mastitis erkrankten Kühe nicht die Anzeichen der stark erkrankten Kühe (systemisch, in den Körper übergreifende Entzündung, Fieber und beeinträchtigtes Wohlbefinden) zeigen. Im Fall der Euterentzündung war dies stark von den entsprechenden Erregern beeinflusst (E.coli sehr gut vom System erkannt (81 %); Stap. Aureus weniger gut (46 %)).
  • Insgesamt identifizierte das HR-System Kühe mit Labmagenverlagerung, kl. Ketose, Metritis und Mastitis früher als das Stallpersonal.

  • Die Wiederkau- und Aktivitätsmessung, die in einem Gesundheitsindex zusammengefasst wurden, eignet sich vor allem dazu, sicher die Kühe aufzuspüren, die beginnen an einer Stoffwechsel- oder Verdauungsstörung zu erkranken (Labmagenverlagerung: 98 % der erkrankten Kühe wurden vom System im Schnitt drei Tage vor der menschlichen Diagnose gefunden; klinische Ketose: 91 % wurden bereits 1,5 Tage vor Diagnose erkannt).
  • Die Sicherheit (Sensitivität) der technischen Erfassung war geringer bei Metritis (55 % wurden 1,2 Tage vorher angezeigt) und Mastitis (53 % wurden 0,6 Tage vorher auffällig). Das könne daran liegen, dass die nur leicht an Metritis oder Mastitis erkrankten Kühe nicht die Anzeichen der stark erkrankten Kühe (systemisch, in den Körper übergreifende Entzündung, Fieber und beeinträchtigtes Wohlbefinden) zeigen. Im Fall der Euterentzündung war dies stark von den entsprechenden Erregern beeinflusst (E.coli sehr gut vom System erkannt (81 %); Stap. Aureus weniger gut (46 %)).
  • Insgesamt identifizierte das HR-System Kühe mit Labmagenverlagerung, kl. Ketose, Metritis und Mastitis früher als das Stallpersonal.

Chancen und Risiken gleichermaßen

Für Betriebe, die ihre frischlaktierenden Kühe nur wenig intensiv überwachen, kann eine technische Unterstützung die Erkennungsrate von geschwächten oder erkankten Kühen verbessern – WENN die Daten genutzt und richtig interpretiert werden! Denn das System zeigt nur an, das etwas mit einer Kuh nicht stimmt, also ihre Situation vom Rest der Herde abweicht und nicht was sie „ausbrütet“! Das muss das Stallpersonal überprüfen und beurteilen. Geschieht das in einer korrekten Weise, dann können Erkrankungen frühzeitig erkannt und somit auch wirksamer behandelt werden.
Für Betriebe, die bereits ein sehr intensives und erfolgreiches Gesundheitsmonitoring betreiben, kann die technische Unterstützung helfen, die Zahl der direkt zu untersuchenden Kühe vor zu reduzieren und damit Arbeitszeit/kraft und den provozierten Mensch-Kuh-Kontakt (zu häufiges, möglicherweise unnötiges untersuchen stört die Kühe!). Riskant ist es, wenn die Kühe, die durch das System früh als auffällig erkannt werden, zu früh und damit vielleicht eigentlich unnötig behandelt werden.  Hier muss mit viel Kuhverstand abgewogen werden!

Die Farm-Tour 2015

Nach dem Vortrag am Morgen, ging es nachmittags auf zwei Spitzenbetriebe. Die Betriebe der Lück KG und die Holger und Johannes Blanken GbR zeichnen sich durch ein hohes Maß an Kuhkomfort und ein durchdachtes Fütterungsmanagement aus. Das führt dazu, dass beide Milchviehbetriebe eine Jahresmilchleistung von 11.000 kg (abgelieferter) Milch realisieren können!

Wir arbeiten mit Farbsystem

Das Management von Carsten Lück aus Grasberg in Niedersachsen, der 210 Kühen melkt und 11.000 Liter Milch-Leistung erreicht , zeichnet sich durch ein ausgeklügeltes, leicht verständliches Farbsystem im Stall aus. Die vier Kuhgruppen werden von vier Melkrobotern gemolken, die durch verschiedene Farben gekennzeichnet sind. Durch diese einfache Markierung ist es auch für den Besamer oder neue Mitarbeiter ein Leichtes, die passende Kuh zu finden: „Ich schreibe vor der Besamung z.B. auf, Kuh 1 in rot. Dann weiß der Besamer genau in welcher Selektion er dieses Tier finden kann. Das ist wirklich kinderleicht“, schmunzelt der Betriebsleiter. Als Fußball-Fan entschied sich die Familie, alle samt Fußball-verrückt, für die Farben rot-für Bayern, grün- für Bremen, blau- für HSV und gelb für Borussia Dortmund.
Die großzügigen Liegeboxen, ausreichender Platz auch in den gegenständigen Boxen, sowie ein durchdachtes Fütterungs-Management, sind der Garant für hohe Leistungen. „Der Kuhkomfort war uns sehr wichtig. Er ist sicherlich auch für die Leistungszuwächse der vergangenen Jahre mit verantwortlich.“
Die Ration für die Frisch-Melker, ausgelegt für 34 Liter, besteht aus 12 kg Gras, 29 kg Mais, 0,5 kg Stroh und durchschnittlich ca. 4 kg Soja, Mineralfutter. Im Roboter werden bis zu 6 kg Kraftfutter gefüttert. Zusätzlich wird eine Malto-Drink bis zum 40. Laktationstag gefüttert, ebenso bei Färsen ab einer Leistung von 38 Litern.
Die Altmelker-Ration, bestehend aus ½ Gras, ½ Mais, etwas Soja und Mineral-Futter wird sowohl an die „Alten“, als auch an Trockensteher, Jungrinder und Kälber verfüttert.
140 ha Land, die Hälfte davon Eigenland, werden von den Familien-Mitgliedern plus einer halben externen Arbeitskraft gemanagt. Ein Teil des Maises muss dazu gekauft werden.
Der Stall, damals noch ohne Förderung gebaut, ist luftig und hell.
In Zukunft möchte der Betriebsleiter die Leistung seiner Herde auf 40 Liter steigern, denn mit 26 ct pro Liter kann man nur über Masse erfolgreich wirtschaften, so Carsten Lück. Er hat dieses Jahr erstmalig in der Mais-Häckseltechnik mit Shredlage gearbeitet und hofft nun zukünftig auf eine Steigerung der Herden-Leistung.
Bei der Auswahl seiner Bullen legt der Betriebsleiter Wert auf  die Stellung und Beine, sowie genomische Bullen.

32 ct müssen wir haben

Holger und sein Vater Johannes Blanken aus Worpswede managen derzeit 300 Kühe. Mit Beginn des neuen Jahres sollen die letzten Liegeboxen fertig gestellt werden und weitere 80 Kühe in den neuen Stall eingezogen sein. „Mit unserer eigenen Nachzucht könnte ich den Stall bis Mai voll machen. Das dauert mir aber zu lange. Deshalb will ich Anfang des Jahres Rinder zukaufen“, beschreibt Blanken Junior die betriebliche Entwicklung der nächsten Monate. Um sich aber trotz des Zukaufs so wenig gesundheitliche Probleme wie möglich einzufangen, will er die fehlenden Tiere aus einem einzigen Betrieb zukaufen. Mit der Aufstockung soll sich aber auch die bisherige Melkroutine verändern. So soll ab Februar oder März nicht mehr nur zweimal, sondern dann dreimal gemolken werden. „Wir müssen die Effizienz steigern. Das geht für uns nur dadurch, dass wir so viel Milch wie möglich vom Hektar ermelken.“
Die Effizienz zu erhöhen, dass erscheint Holger Blankens als der beste Weg, um bei niedrigen Milchpreisen mithalten zu können. Für ihren Betrieb brauchen Vater und Sohn einen Netto-Milchpreis von 32 ct um alle Kosten inklusive der eigenen Entlohnung decken zu können. Derzeit erhalten sie von ihrer Molkerei 26 ct/kg Milch, „das ist für uns hart an der Grenze“.
Straffes Management, das gilt für Holger Blankens auch beim Fruchtbarkeitsmanagement. Nach einer freiwilligen Wartezeit von 40 Tagen werden die von der Aktivitätsmessung als brünstig erkannte Kühe besamt. Kühe die dann nicht aufnehmen werden direkt in ein OvSynch-Programm aufgenommen. So wird bei ca. der Hälfte der Kühe die Brunst synchronisiert. Mit seiner Fruchtbarkeitsstrategie ist Blankens erfolgreich. So liegt sein Besamungsindex bei 2,0 und seine Zwischenkalbezeit bei 392 Tagen.
Derzeit ermelkt Holger Blankens eine Jahresmilchleistung von 10.914 kg (abgelieferte) Milch. Mit dieser Leistung ist für ihn aber das Ende noch nicht erreicht. „Ich könnte mir vorstellen, dass ein häufiges, automatisches Ranschieben der Ration die Futteraufnahme noch weiter nach oben schrauben kann.“ Deshalb denkt er derzeit über eine Investition in diese Technik nach.