European Dairy Farmers

Gute Stimmung trotz Krise

Gute Stimmung trotz Krise, auf dem Jahrestreffen der European Dairy Farmers (EDF) im bretonischen La Baule gaben sich die meisten Milchprofis überzeugt, die aktuelle Milchkrise zu überstehen! Eine Auswertung deckt auf, dass die meisten Milchproduzenten mit deutlichen Kosteneinsparungen auf die sinkenden Erlöse reagiert haben.

„Es kommt mir vor, als würde ich auf einem alten Schlepper, ohne Servolenkung, mit Vollgas über einen holprigen Feldweg fahren. Solange ich das Lenkrad fest umklammere, kann eigentlich nichts passieren. Das Fahren ist eben nur etwas anstrengender im Vergleich zu einem modernen Traktor mit Lenkhilfe“, so beschrieb ein deutsches EDF-Mitglied, das mehrere hundert Kühe melkt, die aktuelle Situation.
Der allgemeine Tenor war denn auch, dass es durchaus „Kraft“ erfordert, bei den geringen Milchauszahlungspreisen den Kurs zu halten, es aber durchaus möglich ist. Die meisten Milcherzeuger gaben denn auch auf Nachfrage an, sich selbst bei Auszahlungspreisen von unter 25 Cent, sich zwei bis drei Jahre über Wasser halten zu können. Es sei zwar zunehmend schwerer, die Banken und Kreditinstitute davon zu überzeugen, frisches Geld zur Erhaltung der Liquidität zu Verfügung zu stellen, aber bislang habe man noch immer erfolgreich verhandeln können. „Die Banken haben ja auch nichts davon, wenn plötzlich, auf einen Schlag, sechs oder acht Unternehmen Konkurs anmelden“, erklärt ein dänischer Milcherzeuger (Anmerkung: in Dänemark sind viele Agrarunternehmen sehr hoch verschuldet, ohne die Unterstützung der Kreditinstitute würde keine flächendeckende Milchproduktion mehr aufrecht zu erhalten sein).

Diversifizierung: Viele haben ein zweites Standbein

Interessanterweise haben viele Milcherzeuger sich in den letzten Jahren ein zweites Standbein aufgebaut, das zwar zumeist nur vergleichsweise geringe Gewinne abwirft, aber derzeit vielen Familien das Überleben garantiert. Die Unternehmer haben hier, je nach Standort und Neigung, auf sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen: Zu nennen sind hier vor allem die regenerativen Energien (Biogas, Photovoltaik), Vermarktung von Zuchttieren (dazu zählt auch der Verkauf von Embryonen), die Mast männlicher Kälber und Rinder, Kooperation mit öffentlichen Partnern und Bildungseinrichtungen. Aber auch außerbetrieblicher Einkommen von Familienmitglieder sorgen derzeit für Liquidität.

Kreativ werden!

CocaCola

Dominique Bricout, Innovationsmanager bei Coca Cola (Bildquelle: Elite Magazin)

„Lassen Sie sich nicht abschrecken, nehmen Sie die Milchkrise als Chance wahr und werden sie kreativ, entwickeln Sie ihre Vision!“ Diese Empfehlung legte den Milcherzeugern ans Herz. Bricout stellte in seinem Vortrag sehr anschaulich dar, wie wichtig es ist, sich zu stetig zu hinterfragen, eine Stärken-Schwächen-Analyse des eigenen Unternehmens durchzuführen, daraus Ziele abzuleiten und versuchen, diese zu erreichen. Ausreden ließ Bricout hier nicht gelten. Natürlich sei es schwer, sich bzw. sein Unternehmen immer aus Neue wieder zu erfinden, doch mit diesen Herausforderungen würden Unternehmer nun mal konfrontiert, ein Milcherzeuger ebenso wie ein multinationaler Konzern wie Coca Cola. Sein Rat: Holen Sie sich Impulse von Außen, laden Sie ab und zu einer (fach)fremde Person ein, z.B. einen Lehrer, einen Arzt oder einen Unternehmer aus ihrem Bekanntenkreis und bitten diese, ihr Unternehmen mal zu beurteilen.“

Nur die irischen Milchfarmer melken kostendeckend

Steffi Wille-Sonk, wissenschaftliche Mitarbeiterin der European Dairy Farmers, erläuterte wie jedes Jahr die aktuellen betriebswirtschaftlichen COP-Abschlüsse (cost of production). Bislang ausgewertet wurden die Bilanzen von 269 konventionell und 23 ökologisch wirtschaftenden Milchkuhbetrieben.
Eigentlich war von vorneherein absehbar, dass bei den desolaten, aktuellen Marktbedingungen, unter dem Strich kein Erzeuger schwarze Zahlen schreiben würde (Vollkosten). Doch zur Verwunderung vieler Kongressteilnehmer haben es die irischen Milchfarmer (14 Farmen) es geschafft, bei einem Milchpreis von rund 28,4 ct die Vollkosten zu decken. Auch die 24 ausgewerteten deutschen Betriebe haben gerade so eine schwarze Null erreicht, allerdings bei Erlösen von 32,2 ct/kg Milch. Hingegen gelang dies nicht den Ökobetrieben, trotz Milcherlösen von 43,1 Cent. Sie konnten nicht kostendeckend wirtschaften.
Ausgewertet wurden auch die Daten von neun Farmen aus Kanada und zehn Milchbauern aus der Schweiz. Obwohl die Kanadier umgerechnet 54,2 Cent pro kg Milch erlösten, reichte dies bei weitem aber nicht aus zur Vollkostendeckung. Dazu wären Einnahmen von rund 70 Cent/kg Milch erforderlich. Schweizer Milchbauern erhielten umgerechnet 59,5 Cent, die Vollkosten liegen jedoch auch hier deutlich höher, bei rund 80 Cent. Allerdings erhalten die Schweizer Milchbauern erhebliche Prämien vom Staat, so dass letztlich alle Kosten gedeckt sind!

Wichtige Kennzahlen in Kurzform

  • 50 % der konventionell wirtschaftenden EDF-Betriebe benötigen weniger als 36,2 Cent (enorme Schwankungsbreite von ca. 17 bis 63 Cent /kg).
  • 50 % der Ökobetriebe benötigen weniger 49,9 Cent/kg .
  • Die deutschen EDF-Mitglieder benötigen zwischen von 22 bis 42 Cent/kg zur
  •  Interessant ist die Aufschlüsselung nach der Herdengröße. Milcherzeuger aus Frankreich, Belgien, Deutschland und Österreich, die 70 bis 140 Kühe melken, müssen zur Abdeckung der reinen „Cash Costs“ Betriebe nur 17,6 Cent erlösen. Unternehmen dieser Größenordnung gelingt es selbst bei vergleichsweise geringen Milchpreisen von 25 Cent und darunter also noch, die laufenden Rechnungen (ohne Zins und Tilgung etc.) zu begleichen.
  • Milchkuhbetriebe mit mehr als 351 Kühen in den genannten vier Ländern benötigen hingegen mindestens 23,2 Cent um liquide bleiben zu können!

  • 50 % der konventionell wirtschaftenden EDF-Betriebe benötigen weniger als 36,2 Cent (enorme Schwankungsbreite von ca. 17 bis 63 Cent /kg).
  • 50 % der Ökobetriebe benötigen weniger 49,9 Cent/kg .
  • Die deutschen EDF-Mitglieder benötigen zwischen von 22 bis 42 Cent/kg zur
  •  Interessant ist die Aufschlüsselung nach der Herdengröße. Milcherzeuger aus Frankreich, Belgien, Deutschland und Österreich, die 70 bis 140 Kühe melken, müssen zur Abdeckung der reinen „Cash Costs“ Betriebe nur 17,6 Cent erlösen. Unternehmen dieser Größenordnung gelingt es selbst bei vergleichsweise geringen Milchpreisen von 25 Cent und darunter also noch, die laufenden Rechnungen (ohne Zins und Tilgung etc.) zu begleichen.
  • Milchkuhbetriebe mit mehr als 351 Kühen in den genannten vier Ländern benötigen hingegen mindestens 23,2 Cent um liquide bleiben zu können!

Wo und wie einsparen?

Die größten Reserven glauben die Milchfarmer noch in der Fütterung heben zu können, u.a. durch den Ersatz von Kraftfutter durch eigenes Grundfutter, durch die Optimierung des Futterbaus, durch den Austausch von teuren Rationskomponenten und durch die Einführung von Gruppenfütterung.
Als weitere Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität wurden die Rückstellung von Investitionen genannt, eine stärkere Selektion der Herden (kranke Kühe verursachen Kosten und binden Arbeit)sowie das verstärkte „zurückholen“ bislang ausgelagerter Lohnarbeiten.
Erste Erfolge sind bereits absehbar. Wie Steffi Wille-Sonk berichtete, verringert sich der Break Even Point II (BEP II) bereits um 2,2 Cent. 70 % der Milchfarmer haben den BEP II absenken können, nur in Niederlanden und in Italien sind die Schwellenwerte angestiegen. Begründet wurde dies mit den länderspezifischen, fiskalischen Besonderheiten. In der Diskussion stellte sich dann aber heraus, dass die Milchfarmer gerne die Steuerlast durch Investitionen zu verringern versuchen!
BEPII

(Bildquelle: Elite Magazin)

Angemerkt werden muss jedoch auch, dass der geringere BEP II auf der Umlage der Kosten auf einer höheren Milchmenge beruht, ausgelöst durch Herdenaufstockungen und Leistungssteigerungen.

Frankreich: Quote ist immer noch vorhanden

France

(Bildquelle: Elite Magazin)

In Frankreich wird ca. 16 % der gesamten EU-Milchmenge ermolken (26 Mio. t). Vorherrschende Rinderrasse sind die Holsteins mit 2,45 Mio. Kühen, gefolgt von Montebeliarde (640.000 Tieren) und Normande (342.000 Tieren).
Weide ist weit verbreitet, ein Großteil der Kühe ist vom Frühjahr bis zum Herbst draußen, vor allem in den Hot-Spots im Nordwesten (Normandie und Bretagne) sowie in den Mittelgebirgs- und Alpenregionen im Osten (Zentralmassiv und Jura).
Fünf Molkereien beherrschen den Markt, allen voran Lactalis, das Unternehmen erfasst 16,5 Mrd. kg, Danone mit 12 Mrd. kg), Sodial 5,4 Mrd., Savenvia 4,6 Mrd. und Bel mit 2,8 Mrd. kg. Daneben gibt es noch weitere 15 größere Molkereiunternehmen mit 200 Mio. bis 1,3 Mrd. kg Erfassung.
Interessant ist, dass anscheinend die Milchquote vom Staat auf Molkereien übergangen ist. Die Molkereien lassen keine neuen Milchmengen zu. Ein Anstieg der Milchproduktion wird wird strikt abgelehnt, sogar bei landesweiter Erfassung regionaler Strukturausgleich. Einige Molkereien wie z.B. Sodial sind mittlerweile mit einem A/B-Michpreissystem unterwegs, andere Unternehmen wiederum wollen künftig alle vier Monate die Milchmengen saldieren und dann enstprechend gestalterisch in den Markt eingreifen.
Das beste Drittel der französischen EDF-Betriebe (100 Kühe) produziert für 32,7 Cent (BEP II), bei einem Leistungsniveau von 8.500 kg Milch. Der farnzösiche EDF-Durchschnittsbetrieb benötigt 39,5 Cent. Zum Vergleich: Der BEP II des obersten EDF-Drittels (370 Kühe) beträgt 28,7 Cent, also rund 4 ct weniger!
Mehr Infos vom EDF-Kongress 2016 finden Sie demnächst in Elite (sowohl im Heft als auch online)