EU-Kommission unterstützt den Milchsektor

Nur 50 Millionen Euro Exportausfall bei Milch - EU kündigt Beihilfen für private Lagerhaltung von Butter und Magermilchpulver - Interventionsperiode soll verlängert werden - Ausweitung der Instrumente auf Käse vorgesehen - Milchindustrie bleibt zuversichtlich.

Um die Auswirkungen der russischen Einfuhrbeschränkungen für EU-Milchprodukte zu lindern und die negativen Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu begrenzen, will die Europäische Kommission die private Lagerhaltung von Butter und Magermilchpulver unterstützen und Hilfsmaßnahmen für bestimmte Käsesorten anstoßen. Wie ein Kommissionsprecher in Brüssel betonte, soll es sich aber nicht um weitreichende Interventionsmaßnahmen nach altem Muster handeln. Man wolle lediglich den Druck aus dem Markt nehmen und den Milchproduzenten Zeit geben, andere Verarbeitungs- und Vermarktungswege aufzutun. Die Kommission will die Lagerkosten für die private Vorhaltung von Butter und Magermilchpulver über einen Zeitraum von drei bis sieben Monaten übernehmen. Gleichzeitig wird aber auch die Frist für die öffentliche Intervention von Butter und Magermilchpulver bis Ende des Jahres verlängert.

Unterschiedliche Exportstrategien

Nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) wurden im Jahr 2013 insgesamt 33 % der EU-Drittlandexporte nach Russland geliefert sowie 28 % der Butterausfuhren, 10 % der Lieferungen von Molkereifrischprodukten und 9 % der Milchzubereitungen. Zusammen wurden damit 2,2 Mio t Milchäquivalent exportiert; das entspricht rund 1,5 % der EU-weiten Milchproduktion. Allerdings ist die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Vor allem Finnland und die baltischen Staaten hätten ihre Produktion auf den russischen Markt ausgerichtet, berichtete der Kommissionsprecher. Sie exportierten rund 90 % ihrer Käseausfuhren nach Russland. Deutschland liefere 38 % seiner Exporte dorthin; dies entspreche 2 % der nationalen Produktion. Ein Teil der Rohstoffe könne sicherlich über die Butter- und Magermilchpulverproduktion abgefangen werden, zeigte sich der Sprecher überzeugt. Eine problematische Restmenge werde jedoch bleiben.

50 Millionen Euro Exportausfall bei Milch

Indes hat das Bundeslandwirtschaftsministerium die möglichen direkten Folgekosten des russischen Einfuhrembargos für die deutschen Agrarexporteure nach unten korrigiert. Im Bereich der Milchprodukte ist nach Angaben des Ministeriums der Exporterlös im Russlandgeschäft in den ersten fünf Monaten 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 44 % gesunken. Nimmt man den aus aktuellen Handelsdaten hochgerechneten Jahreserlös und nicht das Referenzjahr 2013 als Maßstab, dürfte sich der Exportausfall durch das Einfuhrembargo auf jährlich 53 Mio Euro belaufen und nicht - wie zunächst angenommen - auf 159 Mio Euro. Die am stärksten betroffene Produktgruppe ist dabei Käse und Quark, der durch die Importsperre ein Ausfuhrausfall von 46 Mio Euro droht. Im Jahr 2012 waren deutsche Milcherzeugnisse im Wert von 300 Mio Euro nach Russland verkauft worden.

Nachfrage stimulieren

Der Generalsekretär der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) Pekka Pesonen befürwortete das rasche Handeln der Kommission. Es sei wichtig die Märkte zu stabilisieren, doch die Maßnahmen gingen nicht weit genug. In einigen Fällen seien die Milchpreise bereits um bis zu 30 % gesunken. Die Branche müsse auch hart daran arbeiten, schnell neue Märkte für ihre Produkte zu finden, Werbekampagnen zu entwickeln und die Nachfrage zu stimulieren.

LEH in der Verantwortung

Der DBV betonte, dass der globale Markt für Milcherzeugnisse nach wie vor aufnahmefähig sei. Daher habe er wenig Verständnis für Marktteilnehmer, welche die aktuelle Verunsicherung zur kurzfristigen Preispositionierung nutzten. Vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) erwartet der Bauernverband, dass er seiner Verantwortung für die Wertschöpfungskette Milch gerecht werde. Der DBV forderte außerdem die Bundesregierung und die EU-Kommission auf, Absatzförderungsmaßnahmen zu unterstützen und eine Diversifizierung im Export über Veterinärvereinbarungen mit Drittländern zu begleiten, denn die Nachfrage auf vielen internationalen Milchmärkten sei weiterhin hoch. Ebenso müsse endlich eine Entlastung der europäischen Milchbauern von den hohen Superabgabezahlungen über eine Änderung der Fettkorrekturfaktoren erfolgen. Die Milchbauern in der EU würden in den beiden letzten Milchquotenjahren voraussichtlich mit 1,0 Mrd Euro an Superabgaben belastet. Der DBV sieht hier einen gravierenden Widerspruch zu der von Brüssel zugesicherten sanften Landung aus der Milchquote und dem eigentlichen Ziel der Hilfsmaßnahmen für die Milchbauern infolge des russischen Importstopps.

EMB: Kürzung der Quote erforderlich

In den Augen des EMB reichen die von der EU-Kommission geplanten Maßnahmen nicht aus, um den Milchmarkt zu entspannen. Der EMB-Vorsitzende Romuald  Schaber  erklärte, die Krisengelder sollten eingesetzt werden, um für Erzeuger einen Anreiz zu schaffen, weniger zu produzieren. Andernfalls würden die zu erwartenden Übermengen langfristig eine Erholung des Milchmarktes verhindern und der Landwirtschaft großen Schaden zufügen. Als Größenordnung für den freiwilligen Lieferverzicht nannte Schaber Produktionssenkungen um 2 %. Zeige sich nach drei Monaten, dass dies nicht ausreiche, müssten weitere Maßnahmen veranlasst werden. Schaber brachte als Beispiel eine „Kürzung der Quote für alle“ an. Die Quote sei bis Anfang 2015 noch aktiv. Sie könne und müsse daher als Instrument genutzt werden