Wohlfühlatmosphäre im Kuhstall schaffen

Das Thema Kuh-Komfort ist seit einigen Jahren in aller Munde. Es wird kein neuer Stall gebaut, ohne zu diskutieren, auf welchem Bodenbelag sich die Kuh wohler fühlt oder in welche Liegebox sie sich lieber hineinlegt. Allerdings sollte man auch überprüfen, wie man selbst mit den Tieren umgeht und den Kühen eine Wohlfühlatmosphäre im Kuhstall schafft.

Der Kuh-Komfort und der Umgang mit dem Tier sind die zwei großen Stellschrauben beim Wohlbefinden der Tiere. Zum „Umgang mit dem Tier“ gehört das Treiben der Kühe zum Melken und wieder zurück genauso wie das Sortieren, Selektieren und Behandeln, die Klauenpflege und die Tierbeobachtung. Oft nehmen wir gar nicht wahr, in wie vielen Situationen Tiere auf uns reagieren, also Kommunikation stattfindet. Menschen reden gerne und möchten deshalb auch mit den Tieren über Sprache kommunizieren, am liebsten Kommandos geben.

Lärm bedeutet Stress

Unter Rindern spielt die verbale Kommunikation aber nur eine untergeordnete Rolle. Geben Rinder Laute von sich, ist das meist ein Indiz für Unzufriedenheit. Aber Kühe hören sehr gut, sogar besser als der Mensch. Daher ist jedes Geräusch und jede Stimme, die über die Zimmerlautstärke hinaus geht Stress für jedes Rind. Zwar können sich Rinder auch an Lärm gewöhnen, wie beispielsweise an die Vakuumpumpe der Melkmaschine, aber Lärm bleibt immer Stress! Durch Stress wird das Immunsystem der Tiere geschwächt, Faktorerkrankungen wie Mastitis werden begünstigt.

Kommunikation unter Rindern: Nähe und Distanz

Ganz ursprüngliche und fundamentale Elemente von Kommunikation unter Rindern sind Nähe und Distanz. Im Herdenverband wird die Rangordnung durch Nähe und Distanz bestimmt, wobei nur die wenigsten Auseinandersetzungen mit Kämpfen entschieden werden. Rinder haben um sich herum eine Beobachtungs- und Bewegungszone. Es handelt sich dabei um Reaktionszonen, nicht um Entfernungszonen. Kommt eine Kuh einer anderen zu nahe und dringt dadurch in ihre Bewegungszone ein, weicht die Rangniedere aus. Nähe und Distanz, Druck und Weichen sind Formen der natürlichen nonverbalen Kommunikation.
Hier setzt das Treiben nach LSS (Low-Stress-Stockmanship) an. Es beruht darauf, die Tiere so zu treiben, wie es für sie natürlich und verständlich ist. Das gute, tiergerechte Treiben geschieht schweigend, mit den Händen in den Hosentaschen.

Treiben nach LSS

Diese Technik ist stressarm, da der Druck sofort vom Tier genommen wird, wenn es sich bewegt. Es geht dabei nicht darum, das Tier zu drücken oder zu schieben, sondern darum, dem Tier einen Bewegungsimpuls zu geben und es dann laufen zu lassen. Durch diese Art der Arbeit mit den Rindern wird der Mensch für die Tiere berechenbar und sie fassen Vertrauen.


Quelle: Philipp Wenz (Milchpraxis)