Versteckte Kostentreiber bei der Milchkuhfütterung entlarven

„Jeder könnte mit Milchvieh Geld verdienen. Das Wissen ist vorhanden, aber es werden zu häufig die falschen Prioritäten gesetzt!“ Dieser Meinung waren Dr. Bernd Heidemann und Jan W. Meyer-Struthoff in der vergangenen Woche auf der Milchviehtagung des Beratungsunternehmens Koesling Anderson. Neben der richtigen Gruppierung und einer Intensivierung des Grünlands ist es nach neueren Erkenntnissen auch möglich, durch eine dauerhaft niedrigere RNB Protein im Futter einzusparen.

Die steigenden Kraftfutterkosten sind neben den Personalkosten einer der größten Stolpersteine auf dem Weg zur gewinnträchtigen Milcherzeugung. Es gilt, mehr Milch abzuliefern, um die Futtereffizienz zu erhöhen. Aber das geht nicht ausschließlich über einen stärkeren Kraftfuttereinsatz! Denn nur bei Betrieben mit niedrigem Kraftfutterverbrauch steigt die Leistung um 16 % bei einem um 10 % höheren Kraftfuttereinsatz. Haben Betriebe ohnehin schon einen hohen Kraftfutterverbrauch, wird die Leistungssteigerung (+11 %) mit einem übermäßigen Einsatz von Futterkonzentrat (+45 %), höheren Kosten und einer Verschlechterung der Tiergesundheit erkauft. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der bedarfs- und leistungsgerechten Fütterung.
Ein wichtiger Schritt gegen Luxuskonsum von Kraftfutter ist die richtige Einteilung in Leistungsgruppen. Eine Möglichkeit stellt das Idener Modell dar. 

Gruppe

Milchleistung (kg/Kuh/Tag)

MJ NEL/kg TM

nXP%/kg TM

EKM

TS kg/Tag

RNB

1 Hochleistung

Altkuh

>30

>7,1

17,2

40

23

0

Jungkuh

>26

2 Mittelleistung

Altkuh

20-30

6,8

16,1

30

19,5

-15

Jungkuh

19-26

3 Niedrigleistung

Altkuh

<20

6,4

14,4

20

16

-30

Jungkuh

<19

Grundsätzlich sollte der Anteil nicht korrekt gruppierter Kühe einen Wert von 5 % nicht überschreiten.

Teure Futtermittel rauswerfen

Außerdem gilt das Prinzip: „keep it simple“. Es ist durchaus möglich, das Kraftfutter für eine Kuhration lediglich mit Rapsextraktionsschrot, Getreide, Pressschnitzeln, Biertreber und Mineralfutter zusammenzustellen. Diese Futtermittel weisen im Vergleich moderate Mehrkosten auf. Sonstige Kraft- und Zusatzfuttermittel sind meist teuer und deren Einsatz nur dann gerechtfertigt, wenn die erzeugte Leistung über die Kosten für die Futtermittel hinausgeht. Das günstigste Kraftfutter ist immer noch eine hochwertige Silage. Gute Qualitäten über lange Zeiträume hinweg zu erzeugen ist nötig und möglich. Eher schlechte Silagen lassen sich ausgleichen, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Für den Betriebsleiter muss daher die Silageproduktion die oberste Priorität im Betriebsablauf bekommen.

Mehr Schnitte vom Grünland holen

Bei der Grundfuttererzeugung sollte man über eine Intensivierung nachdenken, sofern Grünland nicht im Überfluss vorhanden ist. Der Gesamt-Trockenmasseertrag über’s Jahr wird kaum davon beeinflusst, wie viele Schnitte vom Grünland abgefahren werden. Das sieht bei der Energiedichte und dem Rohproteingehalt der Silage schon ganz anders aus. Die Energiedichte ist umso höher, je häufiger die Mahd erfolgt. Wenn drei Schnitte durchgeführt werden, erreichen die Silagen im langjährigen Mittel zwischen 6,2 und 5,9 MJ NEL/kg TS. Sie erlangen also nicht die Zielgrößen von min. 6,4 MJ NEL/kg TS für den ersten Schnitt und min. 6,0 MJ NEL für jeden weiteren Schnitt. Wird das Grünland jedoch wenigstens vier Mal geschnitten, lassen sich diese Zielgrößen locker einhalten. Genauso verhält es sich mit den Rohproteingehalten (Ziel: 15 % TS), unabhängig von der Anzahl der Düngergaben.
Der Wert der höheren Energiedichte lässt sich auch monetär beziffern. Die Differenz beträgt bis zu 224 €/ha. Denn einerseits müssen Ersatzfuttermittel eingekauft werden, um schlechte Qualitäten auszugleichen. Andererseits kann durch eine weniger gute Silage nicht die Milchleistung ermolken werden, die unter optimalen Bedingungen im Tank landen würde. Dem gegenüber stehen dieselben Arbeitserledigungskosten wie bei einer guten Silage. 
Des Weiteren sollte man die Nutzungskosten im Auge behalten. Wird beispielsweise Maissilage auf einem Getreidestandort angebaut, müssen Opportunitätskosten des Getreideanbaus auf die realen Kosten der Maissilage aufgerechnet werden, um ein realistisches Bild der Kostensituation auf dem Betrieb zu zeichnen. So lässt sich durch einen „innerbetrieblichen Wettbewerb“ die ökonomisch sinnvollste Nutzung einer Fläche und die Preiswürdigkeit der selbst erzeugten Futtermittel bestimmen.

Gesunde Kühe trotz geringer RNB

Eine weitere Möglichkeit bietet ein 2010 durchgeführter Versuch von Steingaß auf. Er hat festgestellt, dass die RNB auf -50 abgesenkt werden kann, ohne dass mit Einbußen in der Milchleistung zu rechnen ist. Demzufolge kann Protein in der Ration gespart werden, ein Harnstofflevel von 200 über einen längeren Zeitraum ist ausreichend. Wer den Versuch wagt, sollte am besten bei den Altmelkern beginnen und bei Erfolg nach und nach auch die Hochleistenden auf ein Harnstofflevel von etwa 200 mg/l einstellen. So lassen sich rund 1,1 Cent/kg Milch einsparen.

Leistungsgruppe

RNB in der Ration

Hochleistende

0

Mittelleistende

-15

Altmelker

-30

Harnstoff in der Sammelmilch (mg/l)

200

Wem dieser Versuch zu heikel ist, kann auch durch die Auswahl der Besamungsbullen die Futtereffizienz verbessern. Es sind heute Bullen verfügbar, die 1.600 kg mehr Milch bei gleichzeitig höheren Fett- und Eiweißgehalten im Vergleich zum Populationsmittel vererben. Nach Meinung der Berater wird die Bedeutung der genetischen Komponente (Inhaltsstoffe) für eine gute Futtereffizienz noch viel zu häufig unterschätzt.