1994, nach dem Ende der kommunistischen Ära, verkauften im Rahmen der Privatisierung viele Mitarbeiter der Kolchose ihre Anteile an der Kolchose. Die Geschäftsanteile der ausscheidenden Mitarbeiter wurden im wesentlichen von drei Führungskräften (den heutigen Geschäftsführern der Genossenschaft) aufgekauft. Weitere 110 ehemalige Kolchosen-Mitglieder schlossen sich der neu gegründeten Genossenschaft an, da sie so ihren Arbeitsplatz auf „ihrem“ Betrieb behalten konnten.
1994, nach dem Ende der kommunistischen Ära, verkauften im Rahmen der Privatisierung viele Mitarbeiter der Kolchose ihre Anteile an der Kolchose. Die Geschäftsanteile der ausscheidenden Mitarbeiter wurden im wesentlichen von drei Führungskräften (den heutigen Geschäftsführern der Genossenschaft) aufgekauft. Weitere 110 ehemalige Kolchosen-Mitglieder schlossen sich der neu gegründeten Genossenschaft an, da sie so ihren Arbeitsplatz auf „ihrem“ Betrieb behalten konnten.
Einer der drei Geschäftsführer ist der 60-jährige Algis Bulevicius. Er hat maßgeblichen Anteil daran, dass die ehemalige Kolchose den Übergang in die Marktwirtschaft mit Bravour gemeistert hat und aktuell sicherlich zu den am besten gemanagten und profitabelsten Milchfarmen in Osteuropa zählt.
Derzeit werden auf der 10 km südöstlich von Marijampole gelegenen Farm 1.200 Kühe gemolken, die Herdenleistung liegt bei 12.000 kg pro Kuh (wobei im ersten Drittel der Laktation dreimal gemolken wird). Zudem werden 2.700 Rinder aufgezogen und 2.700 ha Nutzfläche bewirtschaftet (Getreide, Raps und 500 ha Maissilage).
Kuhstall aus der Portokasse finanziert
Alle anfallenden Arbeiten erledigen 110 festangestellte Mitarbeiter; auf den ersten Blick scheint dieser Personalbestand sehr reichlich bemessen. Allerdings werden auf der Farm auch alle Bau- und Reparaturarbeiten in Eigenleistung erbracht. Kürzlich erst wurde z. B. eine Halle für die Kälberaufzucht errichtet. Hier hat man lediglich die Stahlkonstruktion zugekauft, alle Montagearbeiten wurden in Eigenleistung erledigt. So kostete der neue Kälberstall dann auch nur 16.000 €.
Um die Summe ansparen zu können, hat der Geschäftsführer zunächst einige Diskussionen mit seinen Mitarbeitern führen müssen, denn er konnte schließlich nicht zu viel des erwirtschafteten Gewinns für die Löhne entnehmen. Erschwerend kam hinzu, dass die meisten Mitarbeiter auch Teilhaber (Genossen) des Unternehmens sind und deshalb auch eine maximale Verzinsung ihrer Geschäftsanteile erwarteten.
Unternehmerische Weitsicht oder vielleicht auch nur eine Portion Glück hat dazu geführt, dass der Kuhstall während der Milchkrise errichtet wurde und dass bei der Inbetriebnahme des Stalls die Milchpreise schon wieder anzogen.
Die vorhandenen sozialistischen Ställe wurden für das Melken und die Jungviehaufzucht tier- und leistungsgerecht umgebaut. Die Außenwände wurden herausgebrochen und durch Jalousien ersetzt, mehrere große Tiefstreuboxen eingerichtet. Ein Stall dient als Abkalbestall mit eigener Melktechnik.
40 % Fördermittel für Maschinen
Weitere rund 10 Mio. € wurden in den letzten Jahren hauptsächlich in Maschinen investiert, ca. 40 % davon wurden von der EU erstattet (Förderung). Von der EU bezuschusst wurde auch das 40er Melkkarussell.
Alles Grundfutter wird selbst produziert und ist trotz geringer Erträge und Energie durch optimale Konservierung meist von hervorragender Qualität. Nur Mineralfutter und Vitamine werden zugekauft.
Heute präsentiert sich der Betrieb rundum „perfekt“. Selbst kritische Besucher werden kaum ein Detail finden, das nicht überzeugt. Das hat dazu geführt, dass im letzten Jahr der Durchschnittslohn zweimal um insgesamt 10 % erhöht werden konnte, ohne dass die Mitarbeiterzahl reduziert werden musste.
Hol- und Bringservice für Melker
Nicht ohne Stolz erklärt Algis Bulevicius, dass alle 110 beschäftigten aus der unmittelbaren Umgebung stammen. Das spricht für den guten Ruf, den die Agrargenossenschaft genießt. Im Gegensatz zu vielen anderen Agrarunternehmen achtet er penibel darauf, dass die gesetzlich vorgeschriebene tägliche Arbeitszeit von acht Stunden eingehalten wird. Zudem stellt das Unternehmen die Arbeitskleidung und bietet jungen Leuten gegebenenfalls auch eigene Wohnungen an, mit einer „nur symbolischen Miete“. Melker werden sogar zu Hause von einem Shuttle-Bus abgeholt und nach dem Schichtende wieder zurückgebracht. Das Lohnniveau liegt derzeit durchschnittlich bei 1.400 € brutto, wobei die Melker zum Beispiel 1.000 € netto pro Monat mit nach Hause nehmen.
Umweltschutz und Kontrollen
Angesprochen auf Probleme, nennt Bulevicius an erster Stelle steigende Umweltauflagen und die „ewigen Kontrollen“. Etwa alle 14 Tage erscheint ein Kontrolleur auf der Farm. Da die Milchfarm in unmittelbarer Nähe eines Dorfes liegt, das in den letzten Jahren immer näher an die Farm herangewachsen ist, gilt es verstärkt darauf zu achten, dass die Landwirtschaft sie nicht zu sehr „belästigt“. Das betrifft vor allem die Arbeit mit den großen Maschinen (u. a. Gülleausbringung).
Abwarten und erst reagieren wenn es brennt, das war noch nie Bulevicius Devise. Er handelt immer vorausschauend. So plant er jetzt, die Fläche rund um die Güllebehälter zu betonieren, Sauberkeit und Hygiene zu verbessern. Sogar ein eigenes Kühlhaus zur Lagerung von Kadavern will er errichten, da der Entsorger nur einmal pro Woche vorbeikommt und Bulevicius vermeiden möchte, bei der Bevölkerung anzuecken.
Bei 27 Cent keine Gewinne möglich
Der Milchpreis liegt derzeit bei rund 27 Cent (+21 % MwSt.), trotz der günstigen Kostenstruktur lässt sich bei diesem Preisniveau kein Gewinn mehr erzielen. Anders sah das in den vergangenen (guten) Jahren aus. Die Nähe zu Polen (30 km bis zur Grenze) erwies sich in der Vergangenheit als Wettbewerbsvorteil, denn es ließ sich viel Milch nach Polen verkaufen. Dieser lukrative Absatzkanal scheint nun „verstopft“, da in Polen jetzt genügend Milch produziert wird.