Betriebsspiegel des Rinderhofs Kauern
Ort: Kauern bei Gera
Kühe: 260
Milchleistung: 12.000 l
Arbeitskräfte: 5
Uwe Schmidt, Herdenmanager und Geschäftsführer der Rinderhof Kauern GmbH, marschiert aus dem Stallbüro die Treppe hinunter in den Kuhstall. Die Wintersonne fällt auf einige der 260 Milchkühe. Auf dem Laufgang zeigt der drahtige Mann im Kittel mit seinem Finger auf eine schwarz-gesprenkelte Kuh. Diese schreitet gerade aus dem Melkroboter. „Das...
Betriebsspiegel des Rinderhofs Kauern
Ort: Kauern bei Gera
Kühe: 260
Milchleistung: 12.000 l
Arbeitskräfte: 5
Uwe Schmidt, Herdenmanager und Geschäftsführer der Rinderhof Kauern GmbH, marschiert aus dem Stallbüro die Treppe hinunter in den Kuhstall. Die Wintersonne fällt auf einige der 260 Milchkühe. Auf dem Laufgang zeigt der drahtige Mann im Kittel mit seinem Finger auf eine schwarz-gesprenkelte Kuh. Diese schreitet gerade aus dem Melkroboter. „Das ist Sandra. Sie wiegt fast eine Tonne und ist damit die schwerste Kuh im Stall. Sandra ist in der siebten Laktation und hat eine Tagesleistung von 65 Litern. Sie will Milch geben, ist durchsetzungsstark und häufig am Futtertisch anzutreffen. Solche Kühe sind mir am liebsten, die unauffällig in der Herde mitlaufen, viel fressen und dadurch eine hohe Milchleistung realisieren,“ sagt Uwe Schmidt mit fester Stimme. Eine Boxenreihe weiter steht Sandras Tochter Susi, sie bewegt sich neugierig direkt auf Uwe Schmidt zu.
Das Kalb ist vor allem die Hälfte seiner Mutter.
Uwe Schmidt, Betriebsleiter und Herdenmanager
Besonders das Verhalten, die speziellen Charakterzüge und die Durchsetzungsstärke schätzt Schmidt an den Kühen. Denn eine hohe Milchleistung funktioniert nur mit einer sehr hohen Futteraufnahme und dem Willen der Kuh. „Vieles über das Jungtier, wie Verhalten, Charakter und Leistungsbereitschaft, ist mir klar, wenn ich die Mutter kenne. Ich freue mich über weibliche Kälber von Kühen, die optimal in die Herde passen. Gute Mütter bringen gute Töchter“, erklärt Uwe Schmidt seine Zuchtstrategie.
Zielgerichtet selektieren
Wenn die Leistung der Tiere nicht passt, müssen sie den Milchkuhbetrieb jedoch verlassen. Bei den Jungtieren erfolgt die erste Selektion im dritten bis fünften Monat, nach den Kriterien Mutter- und Großmutterleistung sowie Exterieur und bisherige Entwicklung. Ausselektierte werden über den Rinderzuchtverband vermarktet.
„Wir haben zwei Jahre lang an der genomische Zuchtwertschätzung teilgenommen. Für mich waren die Daten keine großen Überraschungen, schließlich kenne ich ja die Mutter und Großmutter des Kalbes. Meine Priorität hat sich von der Genotypisierung hin zum Embryotransfer geändert. Ich will gezielt weibliche Nachzucht von sehr guten Müttern gewinnen”, berichtet der Herdenmanager. Die Aufzucht kostet etwa 1.800 € pro Rind. Daher ist die Kapazität im neuen Rinderstall auf 200 Plätze begrenzt. Die Jungtiere haben den gleichen Stall wie die Kühe mit Tiefboxen, automatischer Einstreu und viel Platz. Denn das Credo des Betriebsleiters lautet: „Für den Nachwuchs nur das Beste!“ Alle Rinder werden mit weiblich gesextem Holsteinsperma besamt. Bei den Vererbern achtet er auf einfache Geburtsverläufe. Etwa 15 % der Anpaarungen in der Herde bei den genetisch hochwertigsten Kühen sind weiblich gesext.
Bei den abgekalbten Färsen selektiert der 57-jährige Landwirt ein zweites Mal. Wenn die Färse nicht genug Milch gibt, das bedeutet bei ihm unter 35 l Tagesleistung oder unter 10.000 l Laktationsleistung, werden auch diese Tiere zukünftig über den Rinderzuchtverband verkauft. Eine Ausnahme bilden genetisch hochwertige Jungkühe mit Schwergeburten, sie dürfen auf dem Betrieb bleiben und bekommen eine zweite Chance mit der nächsten Laktation.
In der zweiten Laktation wird bei Bedarf nochmal durchselektiert: „Wenn der Durchschnitt der Herde in der zweiten Laktation 13.000 l melkt und eine Kuh nur 10.000 l oder 11.000 l, verkaufe ich sie auch zu diesem Zeitpunkt noch zur Zucht aus der Herde.“
Strategie anpassen
Uwe Schmidt hat die Selektionskriterien selbst festgelegt. Seine Strategie überprüft er jährlich und passt sie gegebenenfalls an: „Beim Einzug in den Stall habe ich auf robotertaugliche Euter geachtet. Nichts ist ärgerlicher, als eine völlig gesunde Kuh zum Schlachten zu geben, weil sie weniger als 30 cm Abstand zwischen Euter und Boden hat und vom Roboter nicht gemolken werden kann.“
Aber dennoch waren ihm die Hauptabgangsgründe der letzten beiden Jahre mit 50 % für Eutererkrankungen, Melkbarkeit und Strichplatzierung zu hoch, gefolgt von 17 % Klauen und Gliedmaßen. „Wir hatten massive Probleme mit der Eutergesundheit und dadurch zu viele ungeplante Abgänge wegen Mastitis. Der Auslöser war ein technisches Problem im Bereich der Zwischendesinfektion im Melkroboter“, berichtet der Agraringenieur.
Das Stallteam und der Tierarzt behandeln die Krankheitsursachen vielschichtig, um Antibiotika und damit Sperrmilch einzusparen. So werden neben Medikamenten auch Knoblauchboli und Akupunktur eingesetzt sowie gekochte Leinsamen gedrencht.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Es gibt auch Ausnahmen, für die diese Selektionskriterien nicht gelten. Jeder Mitarbeiter hat Tiere, die ihm besonders am Herzen liegen, wie zum Beispiel die Kuh Klothilde: „Sie hatte eine schwere Phase und hätte die erste Kalbung fast nicht überlebt. Klothilde durfte jedoch bleiben und hat sich in der ersten Laktation mit 12.800 kg und in der zweiten Laktation mit 18.000 kg Milchleistung bedankt.“ Auch bei den 100.000-Liter-Kühen drückt der Betriebsleiter schon mal ein Auge zu und pflegt zum Beispiel häufiger die Klauen.
Das Stallbüro ist in der ersten Etage über den Melkrobotern eingebaut. An der Wand im Flur hängen etliche Auszeichnungen, zum Beispiel für 100.000 l Leistung und eine sogar für 150.000 l Leistung. Durch die klaren Fenster sieht man links die laktierende Herde, rechts die Trockensteher und Abkalbegruppe auf Stroh.
Der Herdenmanager analysiert mit Blick auf den PC stolz die Leistungsdaten: „Die durchschnittliche Lebensleistung der Herde beträgt im Moment 53.000 kg und die Lebenstagsleistung 17,9 kg Milch bei einer Remontierungsrate von 26 %.“
Die Anpaarung der Kühe und Färsen legt er zusammen mit dem Zuchtberater von Qnetics fest. Wichtige Kriterien sind für Schmidt der RZ-Robot, Euter, Melkbarkeit, geringe Zellzahlen und die Stoffwechselgesundheit.
Stressarmer Stall
Ein weiterer Erfolgsgarant ist der neue Kuhstall. Vor 2017 waren die Kühe und Jungrinder auf vier Standorten in alten Ställen verteilt. Die Tiertransporte zwischen den Standorten waren zeitaufwendig und die Ställe abgenutzt. So fiel die Entscheidung, die Kühe und Rinder auf einen Standort zu konzentrieren, einen neuen Stall mit vier Lely A4 zu bauen und die Herde im Zuge dessen von 400 auf 280 Kühe abzustocken.
„Mein Ziel war ein Stall, in dem Kühe alt werden können. Die hohe Milchleistung ist dann ein Gratiseffekt. Die Kühe sollen gerne in den Boxen liegen und sich im Stall wenig verletzen, immer einen breiten Zugang zum Futtertisch und viel Platz für Rangkämpfe haben“, erklärt der Herdenmanager. Uwe Schmidt setzt auf Tiefboxen mit Sandbettwaben und automatischer Stroheinstreu.
Sandbettwaben können, richtig verlegt und gepflegt, hinsichtlich Kuhkomfort eine Alternative zu echten Tiefboxen sein. Informationen, Tipps und Praxiserfahrung.
Der Spaltenboden hat aufgeklebte Gummilamellen, so dass der Boden trittsicher und emissionsarm ist. Dieser leitet den Urin direkt ab, dadurch bleiben die Klauen trocken. Das Brunstverhalten zeigen die Kühe auf dem Gummiboden ausgeprägt. In diesem Stall mit viel Licht, Luft und Platz werden höchstwahrscheinlich auch die Töchter von Susi und Klothilde viel Milch geben und dabei alt werden – die Umweltbedingungen stimmen hier auf jeden Fall.