Frau am Steuer

In einem Zug lenkt Katrin ihren Lkw gezielt rückwärts über den Hof bis vor die Milch­kammer. Dann steigt sie aus der Fahrerkabine und schließt den Schlauch mit geübtem Hand­griff an den Milchtank an, um die ­Rohmilch abzusaugen. Katrin fährt seit 2012 für die Spedition HEIKO Milchtankwagen zu ­verschiedenen DMK-Molkereien. Die Landwirte waren anfangs positiv überrascht, dass eine Frau Lkw fährt. Mit ihnen hält sie Smalltalk über das Wetter oder den ­Milchpreis.

„Ich bin eine spätberufene Lkw-Fahrerin, denn ich habe meinen Lkw-Führerschein erst mit 39 Jahren gemacht“, sagt Katrin und lacht. Ursprünglich ist sie ausgebildete Chemie­laborantin. „Als Mutter wollte ich weder in der Teilzeitfalle noch in schlechter bezahlten Frauenberufen landen. Da ist mir die Idee gekommen, dass ich Lkw fahren könnte“, erzählt Katrin ihren Werdegang. Als ihre Söhne jünger waren, ist sie häufig Nachtschichten gefahren: „Eine Schicht geht zwölf Stunden lang, von 16.00 Uhr bis 4.00 Uhr nachts oder umgekehrt. Dadurch konnte ich morgens zum Frühstück wieder bei den ­Kindern sein.“ An Sonn- und Feiertagen muss die Milch auch abgeholt werden. Im ­Gegenzug trägt Katrin freie Tage im Dienstplan ein, wenn sie z. B. einen Termin hat.

Die Milchfahrerin hat im Einsatz schon ­verrückte Dinge erlebt: „Einmal bin ich auf einen Betrieb gefahren und da stand ein Teil der Kuhherde auf dem Hof, woanders die ­Milchkammer unter Wasser. In solchen Momenten rufe ich den Landwirt an.“ Andere Dinge sind jetzt schon normal. „Wenn bei der Abholung nachts ­komische Geräusche aus dem Stall kommen, dann denke ich, dass das nur die Kühe sein ­können“, schmunzelt die 50-Jährige.

Nach 20 Minuten sind die 10.000 l Rohmilch abgesaugt. Katrin steigt wieder in den Lkw und dreht die Musik auf: „Beschallung muss sein. Gegen die Langeweile helfen Radio oder ­Hörbücher.“ Weiter geht’s, zum nächsten Hof und dann zur Molkerei.