Herdenmanagement

Einzug in den AMS-Stall: So gelingt das Einmelken 

Wir haben den Einzug in den neuen Stall der Borkes-Busshaus GbR in Hamminkeln begleitet und wichtige Tipps zu Stalleinzug und Einmelken gesammelt. Mit Video. 

Auch wenn für die meisten Milchkuhbetriebe in Deutschland derzeit keine großen Wachstums- und Erweiterungsschritte mehr anstehen, stehen vielerorts Optimierungen in der Stall- und Melktechnik an. Einen Schritt hin zu mehr Kuhkomfort und Automatik hat Anfang Juni auch die Borkes-Busshaus GbR in Hamminkeln (NRW) gemacht und in einen neuen Kuhstall mit zwei AMS investiert. 
Am Tag des Stalleinzugs haben wir den Betrieb besucht und konnten tolle Eindrücke sammeln. Zudem haben wir die Betriebsleiter nach Erfahrungen und Tipps zum Stalleinzug und speziell zur Eingewöhnung an den Melkroboter gefragt. Hier finden Sie nun wichtige Praxistipps und eine große Bildergalerie.  

Die Borkes-Busshaus GbR 

Bernd Borkes-Busshaus und Niels Fahl betreiben den Milchkuhbetrieb in Hamminkeln seit rund zwei Jahren als GbR. Niels Fahl kommt nicht von einem landwirtschaftlichen Betrieb, hilft aber bereits seit über zwölf Jahren auf dem Milchkuhbetrieb Borkes-Busshaus mit und hat im Anschluss an seine landwirtschaftliche Lehre dort das Praxisjahr absolviert. Um die Milchproduktion weiterzuführen und sich zukunftsfähig aufzustellen, haben sich Bernd und Niels schließlich dazu entscheiden, den Betrieb gemeinsam weiterzuführen und die Milchkuhhaltung durch den Stallbau zu erweitern und zu optimieren. 
Bislang wurden auf dem Betrieb zwischen 75 und 80 Kühen inklusive weiblicher Nachzucht gehalten und rund 60 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet. Im mittlerweile 40 Jahre alten Laufstall wurde in einem Doppel-6er-Fischgräten-Melkstand gemolken. Im Kontrolljahr 2020 erreichten die Kühe der Borkes-Busshaus GbR eine durchschnittliche Laktationsleistung von 11.989 kg Milch mit 4,40 % Fett und 3,60 % Eiweiß. In der Herde befinden sich derzeit vier Kühe mit über 100.000 kg Milch. 

[Gestern 18:40] Huennies, Sophie

Neubau: Kuhkomfort und Arbeitserleichterung 

Da zuerst auch über einen Umbau der alten Ställe nachgedacht wurde, haben die Überlegungen und Planungen des neuen Stalles insgesamt sehr lange gedauert. Die tatsächliche Bauphase hat schließlich acht Monate gedauert und lief insgesamt reibungslos. Die Installation der Aufstallung hat die Borkes-Busshaus GbR selbst übernommen, alle anderen Arbeiten haben sie ausführen lassen. Der neue Stall verfügt über 120 Fressplätze, 120 Liegeboxen, einem Strohbereich, einem Separationsbereich und Platz für drei Melkroboter und ist unterkellert. 
Bisher sind zwei Melkroboter eingebaut, die die aktuell 79 Kühe melken. Ziel ist es, in Zukunft knapp 140 Kühe mit hoher Leistung zu halten, die entsprechend drei Melkroboter auslasten würden. Da die Herde vorzugsweise mit eigener Nachzucht aufgestockt werden soll, sind vorerst  nur zwei AMS im Einsatz. Eine Überlegung sei jedoch auch, zeitnah rund zehn Färsen zuzukaufen, um die Roboter schneller auszulasten. 
Die Entscheidung, automatisch zu melken, haben Bernd Borkes-Busshaus und Niels Fahl in erster Linie im Hinblick auf Milchleistung und Eutergesundheit getroffen. Da sie schon zuvor eine hohe Herdenleistung erreichen bzw. die Milchleistung kontinuierlich steigern konnten und dreimaliges Melken als Familienbetrieb nicht umzusetzen ist, sprach letztlich vieles für ein automatisches Melksystem.
Im alten Laufstall sind vorerst Jungrinder und Trockensteher untergebracht, um den bisherigen Aufzuchtbereich zu entlasten. Die alten Stallungen sollen möglichst zeitnah renoviert werden, um auch hier den Kuhkomfort zu verbessern und die Arbeit zu erleichtern. 

Stalleinzug: Ausreichend Zeit und Helfer einplanen 

Das Umtreiben der Herde vom alten in den neuen Stall hat kaum eine Stunde gedauert. In Zehner-Gruppen sind alle Kühe heile in der neuen „Wellness-Oase“ angekommen. Das erste Einmelken am Roboter hat die Borkes-Busshaus GbR mit fleißigen und erfahrenden Helfern über drei Tage im 24 Stunden-Rhythmus begleitet. Alle sechs Stunden wurden Kühe, die über zehn Stunden nicht im Melkroboter waren, zu den Melkboxen getrieben. „Es waren jeden Tag rund fünf Kühe weniger, die wir nachtreiben mussten“, erzählt Niels Fahl. Nach rund drei Wochen liefen 95 % der Kühe alleine. 
„Die zweitälteste Kuh mit über 123.000 kg Milch mussten wir mit sechs Leuten in den Melkroboter schieben, die war so unglaublich stur“, erzählt Niels weiter. Durch ein gutes Team ist das Einmelken insgesamt gut verlaufen. Lediglich eine Kuh müssen sie heute immer noch nachtreiben. Neue Färsen und frisch abgekalbte Kühe laufen spätestens nach sieben Tagen problemlos am Roboter. 
„Jetzt läuft´s“, freuen sich die Betriebsleiter. „Wir merken jetzt schon eine deutliche Leistungssteigerung, vor allem bei Färsen und frischmelken Kühen. Und wir sind zeitlich flexibler, das macht sich besonders an Sonntagen bemerkbar“, meint Niels. Seit fast acht Wochen arbeiten Bernd, Niels und die knapp 80 Kühe jetzt im neuen Stall. Die Milchleistung steigt, die Inhaltsstoffe sind gesunken.
Die Zellzahl schwankt bisher noch extrem, zum Teil zwischen 140.000 Zellen und 300.000 Zellen/ml Milch. Neben der neuen Melktechnik sehen sie aber vor allem die vielen Veränderungen und das wechselhafte Wetter als große Herausforderung für die Eutergesundheit. Wichtig ist ihnen, dass sie im Schnitt unter 200.000 Zellen/ml bleiben und es sich zeitnah einpendelt. Akute Euterentzündungen gab es bisher wenig, wenn dann waren es keine unbekannten Kühe. 
Was sich bereits nach einer Woche bemerkbar machte, war die auffällige Ruhe in der Herde. „Ich erkenne unsere Kühe nicht wieder“, sagt Niels. Zum einen war der alte Stall überbelegt und wenig komfortabel, zum anderen scheinen der neue „Luxus“ und das automatische Melksystem für entspannte Kühe zu sorgen. 

Tipps zum Stalleinzug

  • Genug Zeit zum Ende hin einplanen – kurz vor dem Stalleinzug ergeben sich oft noch viele Kleinigkeiten, die erledigt werden müssen. Steht dann ein fixes Datum für den Einzug, entsteht Zeitdruck und Stress. 
  • Ausreichend Zeit und helfende Personen für den Stalleinzug einplanen – das sorgt für Sicherheit, wenn etwas schiefläuft und man kann sich abwechseln bzw. auch mal „zusehen“. 
  • Vor dem Stalleinzug noch ausreichend Zeit für die Kühe einplanen – auch wenn sich beim Stallbau noch viele Arbeiten auftun, sollten die Kühe weiterhin gut versorgt sein, damit sie gut vorbereitet in die Umstellung gehen. 
  • Einen Klauenschnitt kurz vor dem Stalleinzug aussetzen – die neuen Spalten sorgen automatisch für einen deutlichen Abrieb der Klauen. 
  • Kühe in kleinen Gruppen (z.B. immer zehn Kühe) nach und nach in den neuen Stall treiben – das reduziert den Stress, die Unruhe und das Risiko, wenn etwas schiefläuft. 
  • Wasser oder Gülle in den Güllekeller einfüllen – das reduziert die Schall-Geräusche und kann die Kühe durch den gewohnten Geruch ein Stück weit beruhigen.  

Tipps zum Einmelken 

  • Viele helfende Personen (mit Erfahrungen) – der Arbeitsaufwand des Einmelkens ist nicht zu unterschätzen. Außerdem sollte der Betriebsleiter bzw. Herdenmanager selbst genug Zeit haben, sich schon intensiv mit dem Melkroboter zu beschäftigen. 
  • Für mindestens drei Tage eine 24 Stunden-Betreuung sicherstellen – die ersten Tage sind arbeits- und stressintensiv. Im Hinblick auf das spätere Laufverhalten die Kühe und den eigenen Arbeitsaufwand sollte in den ersten Tagen ausreichend Menpower und Zeit investiert werden. 
  • Vorab großzügig trockenstellen – altmelke Kühe sollten bei der Umstellung vorzugsweise frühzeitig trockengestellt werden, als diese mit der gesamten Herde umzustellen. Denn: So weniger Kühe, die auf einmal angelernt werden müssen, Kühe mit viel Milch laufen besser zum AMS und es muss nicht sofort nach dem Einzug trockengestellt werden. 
  • Den Kühen viel „Luxus“ bieten – wird die Herde aufgestockt, sollte das vorzugsweise erst erfolgen, wenn die bestehende Herde erfolgreich umgestellt ist. So sind es weniger Tiere auf einmal und die bestehende Herde hat genug Platz und Ruhe, um sich auf die neuen Systeme einzustellen. 
  • Bereits im Vorfeld regelmäßige Milchbeprobung (Leitkeime, Einzeltiere) – das schützt vor akuten und chronischen Problemen im Bereich Eutergesundheit, die durch die Umstellung und das AMS möglicherweise noch verstärkt werden könnten und so im Voraus verhindert werden können. 
  • Futterumstellung bereits im Voraus – bei der Umstellung auf AMS wird häufig auch von einer Voll-TMR auf eine Teil-TMR umgestellt. Die Teil-TMR sollte bereits schon einige Zeit im Voraus gefüttert werden und das AMS-Kraftfutter mehrmals täglich am Trog verteilt werden. So gewöhnen sich die Kühe vorab sowohl an die neue Ration als auch an das Kraftfutter (oft ist auch die pelletierte Form neu). 
  • Vorher und hinterher gemeinsame Besprechungen mit Melktechnik-Berater, Fütterungsberater und Tierarzt – vor der Umstellung und auch einige Wochen nach der Umstellung sollten alle betreffenden Personen gemeinsam besprechen, wie was laufen soll. So werden alle gleichermaßen mitgenommen und vor allem die Kommunikation und der Überblick des Betriebsleiters vereinfacht. 
Hier finden Sie Tipps zum Eingewöhnen von Färsen und der Umstellung auf AMS: 

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