Elite Frauen

Einfach dankbar!

Drei Kinder, zwei Berufe und eine Reihe an Ehrenämtern: Das Leben von Marion Marxen war mehr als ausgefüllt. Doch dann kam die Diagnose Brustkrebs.

Betriebsspiegel Marxen (Rheinland-Pfalz)

Herde: 120 Kühe
Milchleistung: 10.800 kg
Arbeitskräftebesatz: 2,5 Ak
Manchmal ist es nur eine Sekunde, ein kurzer Augenblick, der das ganze Leben auf den Kopf stellt. Marion Marxen kann sich an diesen, ihren Moment erinnern: es war der 4. März 2012. Sie wollte sich gerade zurecht machen, denn ihr Chef hatte die Kollegen zu einer Zirkusvorstellung eingeladen, als sie die Knoten ertastete. „Der Rest des Abends lief wie im Film an mir vorbei. Ich habe geredet, geklatscht, aber erinnern konnte ich mich nachher nicht mehr.“ Nach drei quälenden Wochen dann die Diagnose: Der Tumor war bösartig, hatte aber nicht gestreut.
Ich habe gelernt Nein zu sagen!
Marion Marxen
Vor der Erkrankung war Marion Marxen sehr eingespannt. Neben drei Teenagern, dem Betrieb und mehreren Ehrenämtern rief drei Monate vor der Erkrankung ihr ehemaliger Chef an und fragte sie, ob sie nach mehr als zehn Jahren wieder in ihren alten Beruf als Tierarzthelferin einsteigen wollte. Und plötzlich reizte es sie: „Ich wünschte mir mehr Anerkennung und dachte, Kälber tränken und Scheiße schieben kann doch jeder‘.“ Die Aufgaben brachten ihr viel Freude, rückwirkend betrachtet waren sie aber auch eine große Belastung!
Mit der Diagnose kamen deshalb zwei widersprüchliche Gefühle. Am Anfang war da die Angst. Anderseits „fielen ihr aber auch kiloweise Steine von den Schultern“, denn sie war gezwungen, eine Auszeit zu nehmen. Auch im Betrieb konnte sie während der Chemotherapie nicht arbeiten. „Mein Immunsystem wurde runtergefahren, das Risiko, sich mit Krankheitserregern im Stall anzustecken, war zu groß.“

Vom Leben als angestellte Herdenmanagerin zum heutigen Familienbetrieb hat sich für Susi Kahlo vieles verändert. Geblieben ist die Leidenschaft im Kuhstall.

Bloß nicht googeln!

Direkt nach der Diagnose rief Marion Marxen alle Freunde an. „Ich wollte nicht, dass sich jemand von mir zurückzieht, sich gar gehemmt fühlt mit mir zu sprechen.“ Die ersten beiden Chemotherapie-Einheiten vertrug sie relativ gut, hatte allerdings in den ersten drei bis vier Tagen nach der Medikamenteneinnahme mit Nebenwirkungen zu kämpfen: „Positiv denken und Gottvertrauen zu haben ist wichtig und ich habe mir gesagt: ‚Das Leben meint es gut mit dir!’ Das hat mir geholfen.“
Vor der dritten Chemotherapie-Einheit hatte sie jedoch einen Tiefpunkt. „Ich habe den Fehler gemacht und die Krebsart gegoogelt“, die Milcherzeugerin schüttelt den Kopf. Als sie las wie hoch die Rezidiv-Wahrscheinlichkeit lag, also das Risiko, dass der Tumor zurückkommt, fiel sie erstmals in ein tiefes Loch. Marion Marxen zieht die Schultern hoch: „Da muss man stark sein. Das geht in so einer Situation aber nicht immer.“

Marion Marxens neues Hobby: Sie bildet ihren Jagdhund aus und genießt es, frühmorgens auf dem Ansitz zu sein. (Bildquelle: Marxen)

Ende des Jahres 2012 folgte eine abschließende OP. „Die Ärzte fanden keine Tumorzellen mehr!“ Nach der aufreibenden Zeit trat Marion Marxen eine Reha an. Zuerst war sie skeptisch. Doch nachdem die Reha gestartet war, genoss sie das Programm. Eine Verlängerung nahm sie daher „mit Kusshand“ an. „Es tat so gut, sich mal nur um sich selbst zu kümmern.“ Hier wurde ihr bewusst, welche Vorteile die Arbeit auf dem Betrieb bietet. Marion Marxen erinnert sich: „In der Reha sah ich viele Frauen, die unter dem Druck litten, ­direkt wieder voll in ihren Be­­ruf einsteigen zu müssen.“
Sie selbst konnte Schritt für Schritt anfangen, im Stall mitzu­arbeiten. Der Rückhalt in der Familie ermöglichte es ihr, ihr eigenes Tempo zu finden. „Ich konnte mich einfach eine halbe Stunde hin­legen, wenn ich erschöpft war.“

Anspruchsvolle Arbeit!

„Doch endgültig gelernt hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht aus meiner Krankheit“, sagt die Milcherzeugerin und seufzt. Denn trotz der überstandenen Erkrankung wollte sie neben dem Betrieb wieder arbeiten gehen. Doch dann bekam ihr Mann Stefan eine Herzmuskelentzündung. Da stand sie da im Stall, vor dem Berg Arbeit, und fragte sich: „Marion, was muss eigentlich noch passieren, dass du es endlich kapierst?“ Sie sagte kurzentschlossen ihrem Arbeitgeber ab. Und noch etwas wurde ihr klar: Ihre Arbeit ist keinesfalls anspruchslos. „Kälber versorgen kann eben doch nicht jeder“. Denn während Chemotherapie und Reha stand plötzlich dauernd der Tierarzt im Kälberstall. „Meine Familie hat sich viel Mühe mit den Kälbern gegeben, aber die Zeit fehlte oft, sich intensiv zu kümmern und mit den Jahren bekommt man doch einen Blick dafür, früher zu erkennen, wenn es einem Tier nicht gut geht.“
Das Leben meint es gut mit uns!
Marion Marxen
Ein Jahr nach der Therapie bauten Marxens einen Kälberstall. „Wir haben nicht wegen meiner Diagnose gebaut. Aber, dass das schwere Eimerschleppen vorbei ist, kommt mir entgegen.“ Ihre Bestätigung, die sie vorher als Tierarzthelferin gesucht hat, findet sie jetzt im Kälberstall. „Der Stall war meine berufliche Beförderung, hier redet mir niemand rein“, sagt die Milcherzeugerin und zwinkert. Die Kälber seien schließlich ihre Kühe von morgen. Damit habe sie einen großen Anteil am Erfolg.
Die Automatisierung im Kälberstall gibt ihr außerdem Freiräume für ihr Hobby, die Jagd. „Ich habe festgestellt, wenn man mit sich und seiner Arbeit zufrieden ist, dann ist Anerkennung von anderen Menschen ein Sahnehäubchen oben drauf. Schön zu bekommen, aber nicht zwingend notwendig.“

Der Tränkeautomat im Holsteiner-Kälberstall gibt der Milcherzeugerin ­Freiräume für Spaziergänge und ihr neues Hobby. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Nicht in den alten Trott zurückgefallen

Was hat Marion Marxen noch für sich gelernt? „Nein“ zu sagen, sich Raum zu schaffen, um spontan spazieren zu gehen oder sich mit Freunden zu treffen. „Vor allem aber bin ich dankbar! Für die Familie, für den Betrieb, für meine Freunde!“ Marion Marxen überlegt kurz und strahlt: „Was mich besonders freut ist, dass ich nicht wieder in den alten Trott zurückgefallen bin. Das, was ich aus meiner Erkrankung gelernt habe, habe ich mir bis heute bewahrt!“

Brustkrebs kann jede treffen

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Pro Jahr erkranken ca. 69.700 Frauen (Prognose 2020) an Brustkrebs. Einige Risikofaktoren sind bekannt: So begünstigen die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron, die zur Hormonersatztherapie während der Wechseljahre gegeben werden, die Entstehung. Aber auch der individuelle Lebensstil und Umwelteinflüsse wie Alkoholkonsum, Rauchen, Übergewicht und zu wenig Bewegung können das Risiko erhöhen. Daneben kann eine erbliche Belastung zu Brustkrebs führen. Die Früherkennung spielt eine sehr wichti­ge Rolle im Kampf gegen den Krebs. Weitere Informationen finden Sie u. a. unter www.krebshilfe.de.
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