Pflichtbewusstsein, Dankbarkeit, Zuneigung: Es gibt viele Gründe, weshalb Altenteiler, auch wenn sie an Demenz erkrankt sind, von der Familie versorgt werden. Hinzu kommt, dass auf Milchkuhbetrieben häufig jemand vor Ort ist, der sich kümmern kann. Dennoch können auch hier erkrankte Menschen z. B. während der Stall- oder Melkzeiten nicht rund um die Uhr im Auge behalten werden. Wir haben Tipps von Experten und pflegenden Angehörigen gesammelt, damit der Alltag der alten Menschen auch...
Pflichtbewusstsein, Dankbarkeit, Zuneigung: Es gibt viele Gründe, weshalb Altenteiler, auch wenn sie an Demenz erkrankt sind, von der Familie versorgt werden. Hinzu kommt, dass auf Milchkuhbetrieben häufig jemand vor Ort ist, der sich kümmern kann. Dennoch können auch hier erkrankte Menschen z. B. während der Stall- oder Melkzeiten nicht rund um die Uhr im Auge behalten werden. Wir haben Tipps von Experten und pflegenden Angehörigen gesammelt, damit der Alltag der alten Menschen auch während der Stallzeiten sicher ist.
Steffi Wille-Sonk wertet seit 15 Jahren die Betriebskennzahlen der Milchkuhbetriebe im Netzwerk der European Dairy Farmers (EDF) aus. Hinter jeder dieser Zahlen steht für sie eine Geschichte.
Alle Formen der Demenz (Alzheimer, vaskuläre Demenz etc.) haben gemeinsam, dass es im Verlauf der Krankheit zu einem mehr oder weniger schnellen geistigen Abbau kommt. Gedächtnis und Urteilsvermögen lassen nach, manchmal verändert sich der Charakter. Viele können sich irgendwann nicht mehr orientieren und leiden oft unter einer großen Unruhe.
Gefahrenquellen im Stall
Auf einem Milchkuhbetrieb gibt es gerade im Stall viele Gefahrenpunkte für demenzkranke Menschen. Folgende Punkte gilt es abzusichern:
- Stalltore wählen, die sich nicht so leicht öffnen lassen. Der Mechanismus muss aber so beschaffen sein, dass man bei Feuer die Tiere schnell heraustreiben kann.
- Schlüssel am Schlepper/Hoflader abziehen.
- Stallapotheke immer ab-, Chemikalien gut wegschließen.
- Sämtliche Absturzstellen (z. B. offene Güllegruben, Fahrsilos, Wand- und Bodenöffnungen) absichern. Alle Stolperstellen im Bewegungsbereich beseitigen.
- Eine ausreichende Beleuchtung der Hofstelle (z. B. über Bewegungsmelder) sicherstellen.
- Im Winter rechtzeitig Schnee räumen und Salz streuen.
- Leitern und sonstige gefährliche Geräte wegsperren. Wegschließen von gefährlichen Maschinen (z. B. Motorsäge, Handkreissäge, usw.). Absperren der Werkstatt.
Sicherheit während der Melkzeiten
Nicht nur im Stall und auf dem Hof, auch im Haus müssen Risiken ausgeschaltet werden. Nur so können Sie den Betroffenen während Ihrer Stallzeiten beruhigt alleine lassen. Dabei sollten Sie u. a. an folgende Punkte denken:
- Verwenden Sie Kochherde und Bügeleisen mit Abschaltautomatik. Moderne Herde (Touchscreen) können oft auch mit einer Tastenkombination „abgeschlossen“ werden.
- Hantieren mit gefährlichen Gegenständen vermeiden (Herd, Kamin, Verbrühgefahr bei Wasserkochern oder Mischbrausen). Markieren Sie die Wasserhähne: rot für heiß, blau für kalt.
- Schließen Sie Reinigungsmittel, Waschmittel sowie Arzneimittel weg. Bewahren Sie Feuerzeuge und Streichhölzer an einem sicheren Ort auf.
- Installieren Sie überall Feuermelder, die miteinander vernetzt sind. Lassen Sie die Feuermeldung auf Ihr Smartphone leiten.
- Treppenabsatz mit einem Treppenschutzgitter sichern.
Orientierung geben
Neben der Sicherheit im Haushalt ist es wichtig, den Demenzkranken bei der Orientierung zu helfen, gerade wenn sie alleine sind. Damit die alten Menschen Toilette/Badezimmer finden, kann es Sinn machen, die Türen mit großen, bekannten Symbolen zu kennzeichnen. Aber auch den Weg aus diesen Räumen heraus sollten sie durch Symbole oder Farben weisen.
Zur Orientierung gehört auch, dass man den Demenzkranken hilft sich mit den Tageszeiten zurechtzufinden. Demenzkranke können in der dunklen Jahreszeit oft die Lampen im Haus nicht selbst anschalten. Sie können dann den späten Nachmittag mit der Nacht verwechseln und legen sich mitunter schlafen.
Achten Sie darauf, dass wenn Sie im Herbst oder Frühjahr zur Abendmelkzeit rausgehen, die Wohnung immer hell erleuchtet ist.
Altbekannte Arbeiten geben Sicherheit
Demenz ist häufig auch durch eine große Unruhe gekennzeichnet. Ruhe finden Betroffene bei der Durchführung altbekannter Arbeiten. Es kann deshalb Sinn machen, Demenzkranke z. B. zum Kälber tränken mitzunehmen.
Die Unruhe führt bei einigen Betroffenen dazu, dass sie das Haus ständig (unbeaufsichtigt) verlassen wollen. Dies können Sie versuchen zu verhindern, indem Sie die Eingangstür z. B. mit einem dunklen Vorhang verdecken (unkenntlich machen). Verlassen die Betroffenen dennoch die Wohnung, kann es sinnvoll sein, sie mit einem Ortungssystem auszustatten (z. B. Uhr). Fühlt man sich als Pflegender unwohl mit dieser „Kontrolle“, ist es in jedem Fall ratsam z. B. die Kleidung mit einem Namensschild (Kontaktdaten) zu versehen.
Frühzeitig um Bezugspersonen kümmern
Neben der Unruhe zeigen Demenzkranke oft Anzeichen von Angst. Sie brauchen den ständigen Kontakt mit „ihrer“ Bezugsperson. Eine Milcherzeugerin gab den Tipp, frühzeitig jemanden zu engagieren, der sich regelmäßig um den Demenzkranken kümmert. So kann dieser z. B. während der Ernte einspringen. Um die Ängste zu reduzieren, kann der Erkrankte mit einem Handy ausgestattet werden. Es gibt Geräte, die nur eine Taste haben, so kann er Sie kontaktieren, wenn Sie im Stall oder auf dem Feld sind.
Die Gefahrenstellen sind je nach Betrieb sehr unterschiedlich. Gehen Sie mit offenen Augen über den Hof oder nehmen Sie sich einen Außenstehenden mit, um mögliche Gefahrenquellen zu erkennen.