Fast 40 Jahre, so lange betreut Christine Schuur (59 Jahre) inzwischen ihre Herde. In dieser Zeit ist viel passiert. Nicht nur, dass die Herde von 20 auf 300 Kühe angewachsen ist, auch die Milchleistung hat sich, gerade in den letzten Jahren, noch einmal deutlich auf 13.390 kg Milch (MLP) erhöht. Die Milcherzeugerin hat in den vergangenen Jahrzehnten viel Erfahrung gesammelt. Ein Grund für uns sie u. a. zu fragen, was sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat und welche Faktoren...
Fast 40 Jahre, so lange betreut Christine Schuur (59 Jahre) inzwischen ihre Herde. In dieser Zeit ist viel passiert. Nicht nur, dass die Herde von 20 auf 300 Kühe angewachsen ist, auch die Milchleistung hat sich, gerade in den letzten Jahren, noch einmal deutlich auf 13.390 kg Milch (MLP) erhöht. Die Milcherzeugerin hat in den vergangenen Jahrzehnten viel Erfahrung gesammelt. Ein Grund für uns sie u. a. zu fragen, was sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat und welche Faktoren zu dieser imposanten Leistung geführt haben.
Herde früh betreut
Ursprünglich wollte Christine Schuur Tierärztin werden. Doch der Liebe wegen absolvierte sie eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin und stieg mit Anfang 20 in den Betrieb ihres Mannes ein. „Neben den Kühen liegt unser Schwerpunkt auf dem Ackerbau. Wir bauen Getreide, Kartoffeln und Zwiebeln an. Das sind arbeitsaufwendige Kulturen, weshalb ich früh selbstständig die Kühe übernommen habe.“ Aber nicht nur die Kühe standen für Christine Schuur auf der Tagesordnung. Neben dem Herdenmanagement musste sie auch drei Kinder versorgen und Essen für Familie und Mitarbeiter kochen. Eine sehr arbeitsreiche Zeit!
Mir ist es wichtig, zu jeder Kuh einen Draht zu haben.
Christine Schuur
Im Jahr 2003 baute die Familie dann für 120 Kühe auf der grünen Wiese und stockte 2007 auf 150 Kühe auf. Trotz hoher Investitionen in Stallbau und Milchquote war dieser Schritt für Schuurs unausweichlich. „Unsere Arbeitsbelastung war so hoch, wenn einer von uns krank geworden wäre, wäre es eine Katastrophe gewesen. Deshalb haben wir aufgestockt, um Mitarbeiter einstellen zu können.“ Im Jahr 2013 wurde der Stall nochmals verlängert, inzwischen werden 300 Kühe gemolken.
Außerdem investierte das Landwirtsehepaar zusammen mit drei weiteren Landwirten in eine Biogasanlage. „Wir wollten dem Betrieb mehr Stabilität geben.“
Verantwortung übernehmen
Langsam und bedächtig steht die Kuh im Stroh auf, sie lässt sich auch durch das Einstreuen im gegenüberliegenden Stallabteil nicht aus der Ruhe bringen. Karina hat inzwischen 140.000 kg Milch gegeben, kommt aber im Laufstall nicht mehr zurecht, weshalb sie seit einigen Wochen im Strohstall bleibt. „Mir ist es wichtig, zu jeder Kuh einen Draht zu haben. Ich weiß, dass ich dabei manchmal zu emotional bin. Wenn einer Kuh etwas Schlimmes passiert, bin ich tagelang schlecht ansprechbar.“
Isabel Macchiorlatti leitet gemeinsam mit ihren drei Geschwistern den Familienbetrieb in Italien. Wie funktioniert die gute Zusammenarbeit?
Verantwortung für die Tiere zu übernehmen, das ist Christine Schuur als Milcherzeugerin ein sehr wichtiges Anliegen. Deshalb belegt sie seit vielen Jahren einen Teil ihrer Herde mit Angus oder INRA. „Wir wollten keine weiblichen Jungtiere mehr in den Export geben. Wir lehnen es ab, dass die Tiere übers Mittelmeer transportiert werden und es nahezu keine Transparenz darüber gibt, wie gut unsere Tiere dort versorgt werden“, sagt die Milcherzeugerin mit großem Nachdruck.
Verantwortung für meine Tiere zu übernehmen, das ist mir sehr wichtig!
Christine Schuur
Das Auge fürs Tier
Ein lautes Muhen ist im Wohnzimmer zu hören. Die Milcherzeugerin lacht. „Ich habe ein neues Smartphone bekommen, seitdem muht es immer, wenn das Sensorsystem eine Meldung sendet.“ Neben der eigenen intensiven Beobachtung und Betreuung der Kühe, habe sie der Brunst- und Wiederkausensor noch mal wirklich weitergebracht. Vor allem der Wiederkausensor helfe ihnen die Fütterung zu justieren. Kurz hält Christine Schuur inne und lacht: „Dank des Sensors haben wir vor Kurzem endlich mal eine Woche Urlaub im Allgäu gemacht. Morgens habe ich nachgeschaut, welche Kuh rindert und per WhatsApp durchgegeben, ob und mit welchem Vererber besamt werden soll.“
TMR: Nicht zu trocken
Die Fütterung ist das Steckenpferd der Schuurs. „Mein Mann mischt täglich die Rationen. Dabei achtet er akribisch darauf, dass die Zusammensetzung passt. Wenn sich die Wiederkauaktivität verändert, reagiert er sofort.“
Dabei schauen Schuurs auch darauf, dass die Ration nicht selektiert wird und mischen entsprechend Wasser hinzu. Die Ration der Laktierenden besteht neben Mineralstoffen nur aus den Komponenten Mais und Maissilage sowie Raps- und Maisschrot. Bei den Grundfuttermitteln legen Schuurs Wert auf eine hohe Qualität. „Die Kühe teilen sich mit der Biogasanlage ein Maissilo. Deshalb puhlt mein Mann die besten Stellen für die Kühe raus“, sagt die Milcherzeugerin und zwinkert.
Dass das gesamte Management im Kuhstall passt, lässt sich auch an der gestiegenen Abgangsleistung erkennen, die inzwischen bei 47.935 kg liegt. Wie wird es weitergehen? „Das wissen wir jetzt noch nicht. Aber ich werde erst einmal weitermachen, solange es geht!“
Steffi Geidel steht als FH-Professorin für praxisnahe Lehre. Ein Blick auf eine Frau, deren Forschungslust für zwei Berufsleben reicht.
Nach der landwirtschaftlichen Lehre erstmal rumkommen und Ideen für den Hof zuhause sammeln. Das ist die Motivation vieler Betriebshelferinnen. So auch von Franziska Schuster aus Bayern.