Je intensiver Kälber zu Lebensbeginn versorgt werden, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie frühzeitig tragend werden und gut in die erste Laktation starten.
„Wenn wir die Kälberhaltung optimieren wollen, werden uns mehr mit der Fütterung und Haltung der Kühe beschäftigen müssen.“ Mit dieser Aussage überraschte der kanadische Kälberexperte Mike Steele (Universität Guelph) auf der DCHA-Konferenz. Denn sowohl Gesundheit als auch Leistungsvermögen der nachwachsenden Rinder werden schon weit vor der Kalbung im Mutterleib „programmiert“.
Der in der Fachsprache als „gene imprinting“ bezeichnete Effekt erklärt u.a. auch, warum aus Färsengeburten stammende Kälber später als Kühe mehr Milch geben als Kälber älterer Kühe: Färsen fallen nach der Kalbung nicht in ein so großes Energieloch wie mehrlaktierende Kühe. Ähnliches passiert, wenn trockenstehende Kühe bei Hitzestress gekühlt werden, dann sind Kälber später fitter und geben durchgängig mehr Milch.
Transitmilch ist gut für Kälber
Zudem räumte Kälberexperte Steele mit einem weiteren Mythos der Kälberfütterung auf.
Kälber können nicht überfüttert werden!“
Mike Steele, Universität Guelph (Kanada)
Ganz im Gegenteil: Je intensiver die jungen Tiere während der ersten fünf bis sechs Lebensmonate versorgt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie frühzeitig tragend werden und nach dem ersten Abkalben so richtig „durchstarten“.
Um den neugeborenen Kälbern einen möglichst optimalen Start zu ermöglichen, empfiehlt Steele, Kolostrum weiter zu tränken oder aber zumindest die ersten Milchgaben mit Kolostrum zu verschneiden. Diese sogenannte Transitmilch fördert das Wachstum der Darmwand- Zotten. Dadurch vergrößert sich schon in den ersten Lebensstunden die Oberfläche im Verdauungstrakt und damit auch das Absorptionsvermögen für Nährstoffe. Weiterhin nehmen ausschließlich mit Kolostrum oder mit Transitmilch getränkte Kälber mehr Antikörper auf (Immunglobuline G). Das Immunglobulin G ist ein wichtiger Bestandteil des spezifischen Immunsystems.
Anschließend sollte den Kälbern Milch zur freien Aufnahme angeboten werden, mindestens aber zehn Liter pro Tag. Diese Mengen können viele Kälber schon in den ersten Lebenstagen saufen.
Bei der Auswahl von Milchaustauschern empfahl Steele, verstärkt auf deren Osmolarität zu achten. Milch ist von Natur aus isotonisch (300 mOsm/l), sie weist in etwa den selben osmotischen Druck (Anzahl der gelösten Teile) wie das Blut auf. Viele Austauscher sind jedoch hypertonisch (440 bis 650 mOsm/l). Hohe Werte können als potenzielle Risikofaktoren für die Gesundheit der Kälber angesehen werden, da die Gefahr besteht, dass die Schleimhäuten angegriffen werden.
Kälber können nicht verfetten
Steele warnte zudem davor, die Fütterung nach dem Abtränken zu vernachlässigen. Seiner Ansicht nach geraten die Kälber in dieser Phase allzu oft aus dem Fokus. Wichtig sei, dass die hohe Intensität der Fütterung beibehalten wird. Kälber, die im Anschluss mit aus 85% Kraftfutter bestehenden Trocken-TMR versorgt wurden, zeigten eine deutlich bessere Follikelqualität und wurden schneller tragend als Tiere, deren TMR nur 75% Konzentrat enthielt (EKA: 24,8 Monate vs. 25,5) Monate).
Bis zum Einsetzen der Pubertät können die Rinder nicht verfetten“
Mike Steele, Universität Guelph (Kanada)
Deshalb kann die Futterration auch sehr viel Energie enthalten. Allerdings sollte bei der Kraftfutterauswahl darauf geachtet werden, dass dies nicht allzu viel Stärke enthält. Ein hoher Stärkegehalt kann nämlich eine Azidose auslösen.