Ist schrittweises Trockenstellen schlecht für die Eutergesundheit?
Kühe nicht abrupt, sondern schrittweise trockenzustellen, ist aktuell ein heißes Thema. Aber ist eine Milchmengenreduzierung vor dem Trockenstellen schlecht für die Eutergesundheit? Wenn Kühe zum Zeitpunkt des Trockenstellens noch große Mengen Milch (> 20 kg/d) geben, kann das zu hohem Euterinnendruck, Schmerzen sowie einem erhöhten Infektionsrisiko durch das Auslaufen von Milch kommen. Zudem regeneriert sich das Drüsengewebe...
Ist schrittweises Trockenstellen schlecht für die Eutergesundheit?
Kühe nicht abrupt, sondern schrittweise trockenzustellen, ist aktuell ein heißes Thema. Aber ist eine Milchmengenreduzierung vor dem Trockenstellen schlecht für die Eutergesundheit? Wenn Kühe zum Zeitpunkt des Trockenstellens noch große Mengen Milch (> 20 kg/d) geben, kann das zu hohem Euterinnendruck, Schmerzen sowie einem erhöhten Infektionsrisiko durch das Auslaufen von Milch kommen. Zudem regeneriert sich das Drüsengewebe während der folgenden
Trockenstehzeit weniger gut. Als Folge kann in der nächsten Laktation der Zellgehalt erhöht sein.
Können Milcherzeuger diese negativen Auswirkungen umgehen? Ausgelassene Melkzeiten oder restriktive Fütterung liefern nur bedingt zufriedenstellende Ergebnisse. Eine Alternative könnte der Einsatz einer Software sein, die die Milchmenge vor dem Trockenstellen automatisiert reduziert. Diese steuert die Melkzeugabnahme nach absolut gemolkener Menge und soll so den Ausmelkgrad schrittweise reduzieren. Entwickelt wurde die Software in dem gemeinsamen Forschungsprojekt AutoDry der Uni Bonn und GEA Farm Techologies und untersucht.
Dafür wurden zum einen bei 29 Versuchskühen mit einer mittleren Leistung von 21,6 kg/d über 10,5 Tage vor dem Trockenstellen sukzessiv im Mittel 1,1 kg/d früher das Melkzeug abgenommen (1. Versuch). Zum anderen wurden 15 Versuchskühe in einem anderen Betrieb mit einer mittleren Leistung von 17,2 kg/d untersucht. Diese wurden nur über rund fünf Tage dadurch trockengestellt dass die Vortagsleistung stetig um 5 % reduziert wurde. Dies entsprach durchschnittlich minus 0,9 kg/d (2. Versuch).
Durch das stufenweise intensivierte Belassen von Restgemelk im Euter konnten die Forscher in beiden Versuchen bei den Kühen eine deutliche Reduktion der Milchleistung beobachten. Diese lag im ersten Versuch über zehn Tage Reduktion bei durchschnittlich 0,7 kg/d und bei den Kühen im zweiten Versuch, deren Milchmenge über fünf Tage reduziert wurde, bei einer vergleichbaren Reduktion von durchschnittlich 0,8 kg/d. In beiden Herden wurden während der Untersuchung keine klinischen Mastitisfälle beobachtet. Ebenso veränderte sich der Zellgehalt der Milch nicht signifikant.
Eine automatisierte Reduzierung der absoluten Milchmenge zum Ende der Laktation kann für das Trockenstellen von Milchkühen eine tierschonende Option sein.“
Dr. Ute Müller, Universität Bonn
Das Fazit der Wissenschaftler: Die Software verringert nicht nur die Milchproduktion vor dem Trockenstellen von Milchkühen, sie wirkt sich gleichzeitig auch nicht negativ auf die Eutergesundheit aus. Diese automatisierte Leistungsreduktion am Ende der Laktation kann somit auch bei unterschiedlichen Leistungsniveaus optimale Voraussetzungen für ein tierschonendes und gegebenenfalls antibiotikafreies Trockenstellen von Milchkühen schaffen.
Wie hoch muss das Vakuum eingestellt sein?
Das Vakuum sollte an den Milchfluss angepasst werden, so lässt sich eine höhere Melkleistung erreichen, ohne das Zitzengewebe zu stark zu belasten . Das zeigte eine Untersuchung der Universität Bern. Bisher werden die Kühe häufig bei gleichbleibender Vakuumversorgung gemolken. Das Systemvakuum muss so hoch eingestellt sein, dass auch am Zitzenende, trotz des vom Milchfluss abhängigen Vakuumverlusts, eine ausreichende Vakuumhöhe entsteht. Das kann jedoch, besonders bei niedrigem Milchfluss, zur Belastung des Zitzengewebes führen.
Daher wurde geprüft, ob es sinnvoll ist, das Vakuum an die Höhe des Milchflusses anzupassen. Es wurde nicht nur das Systemvakuum bei einem niedrigen Milchfluss (Beginn/Ende der Melkung) reduziert, sondern auch (46 vs. 53 kPa) in der Phase des höchsten Flusses erhöht. Gleichzeitig wurde die flexible Vakuumeinstellung mit unterschiedlichen Abnahmeschwellen (0,2, 0,6 bzw. 1,0 kg/min) kombiniert.
Moderne Melktechnik sollte eine Milchfluss-abhängige Vakuumsteuerung und tierindividuell einstellbare Abnahmeschwellen ermöglichen. So lässt sich eine Steigerung der Melkleistung bei gleichzeitiger Entlastung des Zitzengewebes erreichen.“
Prof. Rupert Bruckmaier, Universität Bern
Es zeigte sich, dass ein Erhöhen des Vakuums bei hohem Milchfluss die Melkleistung im Vergleich zu herkömmlichen Vakuumeinstellungen verbessert. Die reine Melkzeit war bei hohem Vakuum kürzer. Allerdings wurde bei gleichbleibend hohem Vakuum eine erhöhte Gewebebelastung der Zitzen (vorübergehende Verdickung des Gewebes) festgestellt. Wenn das Vakuum zu Beginn und am Ende reduziert wurde (sowohl bei hohem als auch niedrigem Systemvakuum) konnte bei nahezu gleich hoher Melkleistung die Zitzenbelastung vermieden werden (Übers. 1).
Wie das Vakuum die Zitzenkondition beeinflusst
Ein hohes Vakuum kann also die Melkleistung verbessern. Um jedoch eine negative Wirkung auf das Zitzengewebe zu verhindern, muss das hohe Vakuum mit einer Vakuumreduzierung während der Phase mit geringem Milchfluss (z. B. < 2 kg/min) kombiniert werden. Beides, eine optimale Melkleistung und minimale Wirkung auf das Zitzengewebe, werden durch eine hohe Abnahmeschwelle unterstützt (bis zu 1 kg/min). Diese verringert nicht die Milchleistung.
Gemeinsame Melktechnikertagung in der Schweiz
Die internationale Melktechniker-Tagung der Forschungs- und Wissensinstitute Agroscope und Agridea fand sowohl in der Schweiz als auch digital statt. Die Expertenbeiträge waren innovative Lösungen für Probleme rund um das Melken, um die Tiergesundheit zu verbessern und Arbeitsschritte an der Kuh zu vereinfachen.