Eutergesundheit 

Gegen Coli-Mastitis impfen?

Das Krankheitsbild einer Coli-Mastitis verläuft oft schwer bis tödlich und nicht selten sind mehrere Kühe betroffen. Wann macht eine vorbeugende Impfung Sinn? 

Coliforme Mastitiserreger sind bekannt dafür, dass sie schwere toxische Mastitiden verursachen. In den USA wird deshalb schon sehr lange der sogenannte J5-Impfstoff (J5 steht für den im Impfstoff verwendeten E. coli--Stamm) eingesetzt. Der Impfstoff muss viermal pro Jahr geimpft werden, ist in Übersee kostengünstig und schützt die Hochleistungsherden vor Totalausfällen. In Deutschland hat sich das Impfen gegen coliforme Keime bisher nicht durchgesetzt. Liegt das nur am Impfpreis?

Diagnostik: Uberis oder E. coli ?

Schwere toxische Mastitiden werden entweder von gram positiven (z. B. Sc. uberis) und von gram negativen Erregern  (z. B. E.coli und Klebsiellen)  verursacht. Welche Erregergruppe am Ende ursächlich ist, kann nur eine bakteriologische Untersuchung zeigen. Selbst wenn Fibrinfetzen (Flocken) im stark verändertem Milchsekret schwimmen, ist das kein Indiz für eine E. coli-Infektion. Hier bringt nur ein Schnelltest, z. B. Mastdecide (Allgemeine Info: gram pos./neg.), oder die Laboruntersuchung (Erregerdifferenzierung: E. coli, Sc. uberis oder Klebsiellen) Klarheit.

Auch wenn das Sekret stark verändert ist  und Flocken eher  Fetzen sind, spricht das nicht zwingend für eine Coli-Mastitis.  Da hilft nur die Laborentscheidung. (Bildquelle: Weerda )

Aktuelle Untersuchungen in Norddeutschland zeigen, dass bei 12 bis 16 % der Kühe mit sichtbaren Mastitissymptomen coliforme Keime (v. a. E. coli, Klebsiellen) nachgewiesen werden konnten. Die Tendenz ist leicht steigend. Die coliformen Keime zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Euter nur kurz besiedeln, ihre toxische Wirkung entfalten, und schnell wieder ausgespült werden. Für das Tier krankmachend sind dann die Lipopolysacharide (LPS), die von Bakterien synthetisiert werden und Bestandteil ihrer äußeren Membran sind. Die LPS führen im Tier zu unterschiedlich starken Vergiftungssymptomen, die sehr leicht verlaufen  können oder schlimmstenfalls mit einem Endotoxinschock tödlich enden können. Grundsätzlich ist die LPS-Wirkung aber abhängig von der Infektionsresistenz der Kuh oder Färse, der Menge der Infektionserreger und dem Stresslevel, dem das Tier ausgesetzt ist. Besonders Hitze- und Geburtsstress können das Krankheitsbild verstärken.

Hitzestress kann die Belastung durch coliforme Bekterien schnell zum Problem machen.  (Bildquelle: Weerda )

Klebsiellen besonders toxisch

Besonders toxisch sind Klebsiellen, die bei Abgangskühen mit Euterproblemen bis zu 50 % nachgewiesen werden (E. coli 1 5%, Streptokokken 30 %). Auch die Milchleistung ist nach einer Klebsiellen-Infektion gegenüber E. coli-Infektionen nachhaltig gestört. Klebsiellen sind klassische Umweltkeime. Man findet sie besonders häufig in der Boxeneinstreu mit Spänen, Gülleseparat, Kompost oder Biogassubstrat. Neuere Untersuchungen haben sogenannte Carrier-Tiere identifiziert, die dauerhaft Klebsiellen aus dem Magen-Darmtrakt ausscheiden und auf diesem Wege immer wieder Infektionen verursachen.

Klebsiellenkultur auf Äskulin-Schafblut-Agar unter UV-Licht  (Bildquelle: MBFG)

Risiko: Ältere Kühe zum Laktationsstart häufig betroffen

Verursachen coliforme Keime eine Mastitis, dann ist die Ausprägung eher schwer: Mastitisgrad 3: 30 %, Mastitisgrad 2: 14 %, Mastitisgrad 1: 7 % . Die meisten Mastitiden treten zu Beginn (55 %) und am Ende der Laktationsdrittel (29 %) auf. Mit zunehmender Laktationsnummer nimmt auch der Nachweis an coliformen Keimen zu. So sind Färsen nur mit 7 % betroffen und Mehrlaktierende bis zu 13 %. Die bakteriologische Heilungsrate ist sehr gut. Das liegt vor allem an der hohen Selbstheilungsrate der coliformen Mastitiden. Eher niedrig ist die Anzahl der Kühe (15 %), deren Zellzahl sich nach einer Infektion wieder stabilisiert (Klinische Heilung). Die Rückfallquote ist im Vergleich zu Sc. uberis und S. aureus mit 17 % relativ niedrig.

Steckbrief: Escherichia Coli
Übertragung: Umweltassoziiert Prophylaxe: Gute Haltungsbedingungen (trockene Ställe), anorganische, trockene Einstreu
Diagnose: Verändertes Milchsekret, Euterschwellung, Milchleistungseinbruch, 10 % der Fälle klinische Mastitis mit systemischen Symptomen (Fieber, Diarrhoe, Anorexie), Schwellung, Organversagen, selten Rezidive (Rückfälle)
Therapie: Flüssigkeitstherapie unterstützt vom NSAID, antibiotische Therapie nur bei Verdacht auf Septikämie (nur in 10 % der Fälle).
Begleitende Maßnahme:  Drenchen, Hygienische Deckschicht in Liegeboxen austauschen (z.B. Späne für Pferdeboxeneinstreu), Predipping 

Schwere toxische Mastitiden müssen umgehend mit Infusionen und Entzündungshemmern  behandelt werden.  (Bildquelle: Weerda )

J5-Impfstoff

In Deutschland gibt es einen Impfstoff gegen coliforme Mastitiden nur in Kombination mit dem Impfantigen S. aureus zugelassen. Startvac ist ein inaktivierter Impfstoff (Totimpfstoff) und seit ca. 10 Jahren am Markt. Der Impfstoff enthält als Antigen E. Coli. Die gebildeten Antikörper sind kreuzreaktiv gegen gram negative Bakterien, also auch Klebsiellen. Da sich die Kuh immer in der Umwelt mit Endotoxinen (LPS) auseinandersetzt, werden die Impfantikörper im Laufe der Zeit regelrecht verbraucht. Das ist einer der Gründe, warum die Kuh für einen guten Impfschutz alle drei Monate geimpft werden muss. Aktuelle Studien zeigen, dass die J5-Impfung das unspezifische Immunsystem in der Milchdrüse aktivieren und mehr PMN einwandern. Die Impfung verhindert nicht die Infektion, wohl aber den Schweregrad der Mastitis und damit die Mortalitätsrate. In einer Belastungsstudie konnte man sehen, dass J5 geimpfte Tiere weniger Fieber zeigten und weniger klinische Symptome. Die Infektionsfälle konnten nicht verhindert werden. Auch gab es keinen Unterscheid beim Zellzahlverlauf, der Milchleistung und der TS-Aufnahme.

Impfschema

Grundsätzlich unterscheidet man zwei mögliche Impfschemata:
  • Die reproduktionsbezogenes Impfschema (gemäß Zulassung): Zweimal in der Trockensteh-Phase (Tag -45, -10) und Tag 53 p.p. in der Frühlakation. So wird eine Immunität bis zum 130. Lakatationstag erreicht. 
  • Die fortlaufende Bestandsimpfung:  Nach Grundimmunisierung aller Tiere (trockene und melkende Kühe + Färsen, 2 x im Abstand von 4 Wochen) wird die ganze Herde alle 3 Monate nachgeimpft. Vorteil dieses Impfschemas ist die permanente Immunität der gesamten Herde über die ganze Laktation.
In einer Untersuchung von Bradley aus UK zeigte die zweite Methode eine etwas bessere Herdenmilchleistung (+ 230 Liter) und ein return on investment von 3 : 1 Euro.
Praxiserfahrungen zeigen, dass der return on investment sehr unterschiedlich sein kann, je nachdem wie ausgeprägt das klinische Bild der schweren Mastitiden aussieht. Die Wahl des Impfschemas sollte daran ausgerichtet, wann die Mastitisprobleme in der Laktation auftreten und was arbeitstechnisch im Betrieb umgesetzt werden  kann.

Impfeignung sorgfältig prüfen

Die vielfache Impfung mit J5 kann das Auftreten schwerer Mastitissymptome verringern, wenn
  • schwere coliforme Mastitiden Ursache für das Herdenproblem sind (Dokumentation und Diagnostik)
  • eine sorgfältige Analyse bezüglich Alter- und Laktationsstadium der Tiere gegeben ist
  • optimiertes Haltungs- und Hygienemanagement zu Grunde liegt
Der Preis der Kombinationsimpfung ist vergleichbar mit dem einer Rindergrippe-Impfung und schwankt je nach Region (Nord-Süd) und Art der Zusammenarbeit mit dem Tierarzt (Impfstoff-Abgabe, Tierärztliche Impfung). Im Vergleich zu der Einzelkomponente J5  (nur im Ausland erhältlich) ist der Einkaufspreis für den Kombi-Impfstoff ca. dreimal höher. Umso wichtiger ist es, dass nur die Herden geimpft werden, die nachweislich (Bakteriologische Milchprobenuntersuchung) ein Problem mit coliformen Mastitiskeimen haben.

Bestandsspezifische Vakzine

Im Fall, dass die zugelassenen Impfstoffe nicht  gegen die problemverursachenden  Erreger gerichtet sind bzw. nicht wirksam sind, gibt es die Möglichkeit Bestandspezifische Vakzine herstellen zu lassen. Das dauert in der Regel 4 bis 6 Wochen und lohnt sich ab einer Herdengröße von 100 Tieren. Die Impfschemata sind individuell an das Bestandsproblem anpassbar, d.h  ist der Infektionsdruck hoch, wird in kürzen Abständen (1-3 Monate) geboostert.  Mit der Bildung von Antikörpern kann man frühstens  2 Wochen nach der Grundimmunisierung rechnen., d.h. dass die Schutzwirkung frühestens 8 Wochen nach der Mastitishäufung eintritt.  Wie gut der AK Schutz ist, kann man im Voraus nicht sagen, da der Impfstoff ja erstmailig im Bestand eingesetzt wird. In Beständen mit wiederkehrenden schweren Mastitisproblemen im Sommer kann es sinnvoll sein,  Asservate zur Produktion von Impfstoff aufzuheben, um dann vor Beginn der neuen Saison Impfstoff herzustellen und die Grundimmunisierung abgeschlossen zu haben. 

Prävention Gram negativer Mastitiden

Das A und O der Prävention von Umweltmastitiden liegt in der Sauberkeit der Tiere (Spaltenböden und häufig gereinigten Boxen mit hygienischer Deckschicht) und guter Stoffwechselgesundheit und Immunabwehr (wenig Ketosen, Milchfieber). Das Fressplatz/Tierverhältnis sollte unter 1 liegen. Abkalbe- und Krankenstallmüssen getrennt werden. Die Vitamin E Versorgung sollte > 1000 IU Vitamin E und die Selenversorgung > 3,6, mg Selen pro Tier und Tag liegen.
Quelle: Krömker 2021, eigene Recherche