Low-Stress-Stockmanship

Wie Kühe ticken!

Ein Herdenmanager muss das Verhalten seiner Kühe richtig deuten können, um ein sicheres Arbeiten und eine qualifizierte Tierbetreuung zu gewährleisten. Voraussetzung dafür ist, zu wissen, wie Kühe sehen, hören, riechen und fühlen.

Möchte man mit Kühen sicher umgehen, sollte man folgende Grundprinzipien kennen und beachten:
  1. Kühe wollen sehen, wer sie treibt
  2. Kühe wollen in die Richtung gehen, wohin sie schauen
  3. Bewegung erzeugt Bewegung
  4. Kühe haben nur eins im Sinn
  5. Kühe haben wenig Geduld

  1. Kühe wollen sehen, wer sie treibt
  2. Kühe wollen in die Richtung gehen, wohin sie schauen
  3. Bewegung erzeugt Bewegung
  4. Kühe haben nur eins im Sinn
  5. Kühe haben wenig Geduld

Um diese Prinzipien besser zu verstehen, ist es sinnvoll zu wissen, wie Kühe sehen, hören, riechen und fühlen! 
So sehen Kühe: Rinder, und somit auch Kühe sind klassische Fluchttiere! Durch die seitliche Anordnung ihrer Augen haben sie einen sehr engen Sichtwinkel. Ihr binokularer Sichtwinkel beträgt lediglich 40°, der monokulare Sichtwinkel hingegen 140° und der tote Winkel 30°. Sie können nur 10 Meter weit deutlich sehen. Allerdings können Rinder noch über eine Entfernung von 6 Metern eine Handbewegung von nur einem Millimeter wahrnehmen. Rinder sehen keine fließenden Bewegungen, sondern nur einzelne Bildfolgen. Hecktische Armbewegungen sollten deshalb unbedingt vermieden werden, da es sonst bei den Tieren zu Stress oder Angstsituationen kommt. Zudem dauert die Hell-Dunkel-Anpassung bei Rindern fünfmal länger als beim Menschen, Treibgänge sollten daher immer gut ausgeleuchtet werden.
So hören Kühe: Rinder hören in einem Bereich von 23 bis 35.000 Hz, der ideale Bereich liegt bei 8.000 Hz. Der Mensch hingegen hört in einem Bereich von 16 bis 18.000 Hz, der ideale Bereich liegt hier zwischen 2.000 und 5.000 Hz. Dieser Unterschied sollte im Umgang mit Rindern unbedingt beachtet werden. Zudem können Rinder bekannte Töne und Stimmen identifizieren und entwickeln mit der Zeit ein Verständnis für die Aussagen des Tierhalters. Sie können verschiedene Stimmen einordnen und positives und negatives voneinander unterscheiden. Zudem können ihre Ohren Geräusche lokalisieren, auch unabhängig voneinander.
So riechen Kühe: Rinder haben einen ausgeprägteren Geruchssinn als Menschen. Sie erkennen beispielsweise ihren Tierhalter oder andere Betreuungspersonen am Geruch. Auf unbekannte Gerüche hingegen reagieren Rinder extrem sensibel. So können Ausscheidungen zu Ablehnungs- und Fluchtreaktionen führen. Denn Urin- und Fäkalienausscheidungen enthalten „Botenstoffe“. Des Weiteren können chemische „Signale“ als Warnungen für Herdenmitglieder gelten. Ein typisches Beispiel dafür ist der Klauenpflegestand.
So fühlen Kühe: Durch die richtigen Bewegungen und passende taktile Kommunikation wird der Umgang mit Kühen erheblich leichter. Der bloße Körperkontakt und die Berührung spezieller Punkte am Körper wirken sich beruhigend aus. Das sind beispielsweise Wirbel am Rist, die Ohrwurzel, das Augenlied, der Hals und das Maul. An den Wirbeln hilft die bloße Ausübung von Druck, an der Ohrwurzel wirkt eine Massage mit Daumen und Mittelfinger beruhigend und die Augenlieder sollten mit Daumen und Zeigefinger zusammengedrückt werden, damit ein beruhigender Effekt entsteht.

Low-Stress-Stockmanship

LSS

(Bildquelle: Elite Magazin)

Beim Treiben von Kühen sollte man jedoch nicht nur nach den fünf Grundprinzipien arbeiten, sondern auch das sogenannte Zonenkonzept beachten. Dabei wird das unmittelbare Umfeld in der Kuh in vier Zonen eingeteilt, die sich kreisförmig um der Kuh herum befinden. Die äußerste Zone wird dabei „Neutrale Zone“ genannt, hier wird der Tierbetreuer nicht von der Kuh wahrgenommen. Der nächste Kreis näher hin zur Kuh markiert die „Druckzone“, hier kann der Tierbetreuer durch Näherung Druck aufbauen. In der nächsten Zone, die „Bewegungszone“ genannt wird, reagiert das Tier auf Druck und flüchtet. Dazwischen arbeitet Low-Stress- Stockmanship, eine Methode aus den USA, mit der die Tiere stressfrei und sicher getrieben werden. Dabei lernt das Tier durch Druckaufbau und Annähern Druck auszuhalten und die geforderten Bewegungen auszuführen. Das Low-Stress-Stockmanship basiert somit auf der Bewegung und Positionierung des Menschen. Die einzelnen Zonen variieren tierindividuell in ihrer Größe und müssen zuerst ausgelotet werden.
Quelle: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft