Schmallenberg: Weidegang vor der ersten Belegung

Der Schmallenberg-Virus hat 2011 bei vielen Kühen Leistungsdepressionen, Totgeburten und Kälber mit Missbildungen gebracht. Nach Ansicht der Experten bietet die natürliche Infektion den besten Schutz. Dafür ist wichtig, dass der Weidegang vor der ersten Belegung erfolgt. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die Kälber im Mutterleib infizieren. Ein Impfstoff ist frühestens Ende 2012 verfügbar.

80 % der Herden durchseucht

Serologische Tests am Niederrhein (Kreis Kleve, Wesel) zeigen, dass in stark betroffenen Herden/Regionen die Durchseuchung der Population über 80 % beträgt. Dies bestätigen auch Untersuchungen von 1.123 Kühen im Alter von 12 bis 79 Monaten in den Niederlanden. Im Spätsommer 2011 häuften sich beim Rindergesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zahlreiche Anfragen und Hinweise durch Milchviehhalter und Tierärzte auf eine Erkrankung bei Milchkühen, die mit starkem Milchverlust und Fieber einherging. Gleichzeitig wurden ähnliche Beobachtungen in den Niederlanden gemacht, wobei dort zusätzlich wässrige Diarrhöe beobachtet wurde.

Der Erreger

Der Schmallenberg-Virus ist ein behülltes, Einzelstrang RNA-Virus mit einem dreiteiligen Genom. Er wird mit weiteren Orthobunyaviren in der Simbu-Serogruppe zusammengefasst. Bisher wurden Seuchenzüge mit Viren aus dieser Gruppe regelmäßig in Asien, Australien und Afrika beobachtet. Durch das Friedrich-Loeffler-Institut konnten Infektionen mit Pestviren, BTV, BHV1, BKF, MKS, Enzootische Hämorrhagie der Hirsche, Rifttal-Fieber und bovinem Ephemaral Fieber ausgeschlossen werden. Im weiteren Verlauf wurde durch das Institut ein Orthobunyavirus aus dem Blut erkrankter Kühe isoliert und nach Herkunft des Probenmaterials „Schmallenberg-Virus“ genannt.

Der Unterschied zum Blauzungen-Virus

Die Übertragung erfolgt durch Gnitzen und wahrscheinlich auch durch andere Stechinsekten. Im  Unterschied zum Blauzungen-Virus wurden fast alle Gnitzen mit der PCR-Methode positiv auf den Schmallenberg-Virus getestet. Die Gnitzen sind also dazu „bestimmt“, die Krankheit auszutragen. Bei der Blauzungen-Krankheit hingegen wurde fast gar keine Gnitze positiv getestet. Sie hat bei dieser Krankheit nur die Funktion des Übertragers.
Betroffene Tierarten sind vornehmlich Wiederkäuer. Die meisten Viren aus der Simbu-Serogruppe haben ein großes teratogenes Potenzial. Tragende Tiere können infolge der Infektion abortieren oder es kommt zu Totgeburten. Bei Kälbern bzw. Lämmern wird das so genannte Arthrogrypose-Hydranencephalie-Syndrom beobachtet. Diese Kälber zeigen Missbildungen von Hirn und/oder Gliedmaßen. Die meisten betroffenen Neugeborenen sterben kurze Zeit nach der Geburt oder müssen euthanasiert werden.

Milchverlust bei Fällen in NRW

Symptome am Tag der klinischen Untersuchung von Schmallenberg-positiven Kühen waren Milchleistungseinbruch von mehr als 50 % (ca. 85 % der Kühe) und Fieber über 40° C (ca. 15 % der Kühe). Die Herden waren insgesamt inaktiv und einzelne Tiere stark abgeschlagen. Die Futteraufnahme in den Herden war laut Besitzer unverändert. Von den Tierhaltern wurden bei einzelnen Tieren Diarrhoe beobachtet, wovon sich die Tiere jedoch nach drei bis fünf Tagen wieder erholten. Anhand der Milchleistungsdaten, die aus zwei Betrieben mit einem AMS erhoben wurden, betrug die Dauer der Milchleistungsdepression etwa 12 bis 17 Tage. In der akuten Phase der Infektion ist das durchschnittliche Tagesgemelk der Herden 1 und 2 um etwa 10 % von 33 auf 30 Liter gesunken.

Wirtschaftlicher Schaden durch Schmallenberg-Virus

In einer Herde summierte sich der Milchverlust über einen Zeitraum von 17 Tagen auf ca. 3.750 kg Milch bei 128 laktierenden Kühen. Auffällige Tiere zeigten auch nach der Genesung eine verminderte Milchleistung und wurden vorzeitig trockengestellt. Weitere wirtschaftliche Verluste entstanden den Betrieben durch Kühe/Färsen, die zum erwarteten Zeitpunkt der Kalbung nicht mehr tragend waren, bzw. zu einem Zeitpunkt abortiert hatten, an dem eine erneute Besamung nicht mehr wirtschaftlich war.

Quelle: Mark Holsteg, Post-WBC-Veranstaltung 2012