WLV-Milchtagung: Milcherzeuger sollen nicht auf staatliche Hilfe vertrauen

Klar gegen eine staatlich gesteuerte Mengensteuerung am Milchmarkt hat sich der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) an der von ihm organisierten Milchtagung am 9.6. in Paderborn positioniert. Der Vizepräsident des Verbands, Wilhelm Brüggemeier, erklärte: Eine freiwillige Mengenregulierung auf Molkereiebene, an der sich nicht alle Molkereien beteiligten und die allenfalls in wenigen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werde, bringe keine nennenswerte Wirkung. Die so bedingt entstehende Lücke würde sofort mit im Ausland erzeugter Milch geschlossen. Die Lieferbeziehungen zwischen den Molkereien und Erzeugern müssten neu verhandelt werden, um eine schnellere, marktorientierte Angebotsanpassung vornehmen zu können.
Dass die Milcherzeuger nicht auf durchgreifende Lösungen des Staates oder gar ein Einlenken des Lebensmittelhandels hoffen sollten, warnte der Chefredakteur der top agrar, Bertholt Achler, im Rahmen der Tagung. Brüssel ziehe sich zunehmend aus der Verantwortung zurück und setze auf die Eigenverantwortung der Branche, während die deutsche Politik „sehr widersprüchlich und manchmal auch scheinheilig“ agiere. Einerseits fordere sie leistungsfähige Betriebe und hochwertige Lebensmittel, und andererseits fördere sie mit überzogener Bürokratie den Strukturwandel. Dringenden Handlungsbedarf sieht Achler bei den Molkereien. Die Leistungsunterschiede zwischen den Unternehmen seien gravierend, wie die Differenzen bei den Auszahlungspreisen zeigten, die Bereitschaft für Veränderungen jedoch offenbar gering. Ansatzpunkte für eine Optimierung der Molkereien sieht er beispielsweise in einer Steigerung der Wertschöpfung, einer Kostensenkung sowie der Schaffung von Verkaufs- und Exportkontoren. Von neuen Markttrends wie Regionalmilch, Heumilch oder Weidemilch sollte nicht nur der Handel profitieren, sondern auch die Landwirte, erklärt Achler. (AgE)