Unterschiedliche Reaktionen auf Handelsgepräche zwischen EU und USA

Am vergangenen Freitag ging die zweite Verhandlungsrunde zwischen den USA und der EU über ein transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) in Brüssel zu Ende. Befürworter und Kritiker äußerten sich zu den Plänen.
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) sowie der EU-Dachverband der Ernährungswirtschaft (FoodDrinkEurope) fordern den Abbau von verwaltungstechnischen Handelshemmnissen. Diese würden nur zu unnötigen Zusatzkosten führen, die die Wettbewerbsfähigkeit der EU und das Handelspotential schwächen. Die US-Zölle auf die meisten Agrarprodukte aus der EU seien bereits relativ niedrig, sodass der größte Verhandlungsgewinn durch die Beseitigung von Verwaltungshürden erwartet wird. Die Verbände wiesen darauf hin, dass es zwischen den Vorschriften auf US-Bundes- und Bundesstaatsebene große Unterschiede gäbe. Hier müssten Vereinfachungen her.
Außerdem nannten die Branchenvertreter zahlreiche Beispiele für US-Regeln, die den EU-Export erschweren, wie zum Beispiel die Dokumentationspflicht im Rahmen des US-Gesetzes gegen den Bioterrorismus oder besondere Sicherheits- oder Umweltzertifikate auf Bundesstaatsebene. Die Branchenvertreter fordern genaue Informationen über Zollkontrollen, im Vorfeld anfallenden Inspektionen, Gebühren und ähnliches. Bisher dürfen auch nur Rohmilchprodukte in die USA exportiert werden, die mindestens 60 Tage gereift sind.
Bei der Einfuhr von Rindfleisch zeigen sich die USA entgegenkommend. Die Importkontrollen bezüglich BSE sollen an die Standards der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) angepasst werden, dadurch könnte die EU erstmals seit gut 15 Jahren wieder Rindfleisch in die USA exportieren. Die EU ist den USA bereits im Frühjahr entgegen gekommen und hat den Einsatz von Milchsäure, um die Keimzahl auf Rinderschlachtkörpern zu reduzieren, erlaubt.
Es meldeten sich aber auch zahlreiche Kritiker des Abkommens zu Wort. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnte vor einer Schwächung der europäischen Standards für Umwelt und Verbraucherschutz. EU-Handelskommissar Karel DeGucht versicherte in den vergangenen Monaten allerdings immer wieder, dass es keine Aufweichungen europäischer Gesundheits- und Verbrauchernormen geben wird.
Der Vorsitzende Hubert Weiger findet die Verhandlungen nicht transparent genug. Die Zivilgesellschaft erhalte nur vage Informationen. In einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Ratspräsident Herman van Rompuy und US-Präsident Barack Obama fordert er mehr Transparenz und Einbindung der Öffentlichleit. Außerdem kritisiert Weiger einen „aggressiven Industrielobbyismus beiderseits des Atlantiks“ und warnt vor der Verbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen und der Aufweichung von Klimaschutzmaßnahmen in der EU.
Auch Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, sieht derzeit vor allem Wirtschaftsinteressen berücksichtigt. Dies könne man unter anderem daran sehen, dass die Gespräche trotz NSA-Spionageaffäre fortgesetzt würden. Häusling fordert ein klares Stoppzeichen gegen Gentechnik, da die USA gerade auf dem Gebiet ihre Interessen durchsetzen wollen.
Bei den letzten Gesprächen zum Abkommen ging es um technische Handelshürden, Dienstleistungen und Standards. Der Verhandlungsmarathon wird sich aber noch eine Zeit hinziehen, geplant ist Ende 2014. Das nächste Treffen findet bereits Mitte Dezember in Washington statt. (AgE)